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Doerner, Max
Malmaterial und seine Verwendung im Bilde: nach den Vorträgen an der Akademie der Bildenden Künste in München — München, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.42160#0330
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Diese Untermalung, die ungemein dünn ist, ist wahrscheinlich
mit einer Tempera oder mit Leimfarbe gemacht und vertritt die
Stelle der alten Imprimitur. Sie zeigt denselben streifig lockeren
Charakter wie der Grund, nicht den gleichmäßigen deckenden
Ölcharakter. Die Konturen sind nur verschwimmend leicht ein*
gesetzt, ohne der weiteren Arbeit vorzugreifen.
Darüber folgt ein Anstrich mit Essenzfirnis oder Balsam, in dem
flüssig die Form gebildet wird. In diesem Anstrich sitzt alle
Farbe schwimmend weich und doch bestimmt. Die harzigen und
balsamartigen Malmittel, wie Venezianer Terpentin zusammen
mit eingedicktem Öl, geben der Farbe den eigenartig weichen
verschwimmenden Strich, nicht ein Vertreiben der Farbe, wie
E. Berger meint.
Die Schatten und die Zeichnung werden verstärkt mit satteren
Ockertönen. Über die Lichtflächen werden lichte, halbdeckende
Töne gelegt wie Weiß und Rot, Weiß und Gelb, die auf den
warmen Ockertönen kühl und grau wirken. Diese halbdeckenden
Töne wirken flächig, glatter und verschmolzener im Auftrag als
die darunter liegende Temperaschicht. Solange man nicht in
starke und pastose Farbe, besonders ins Rot im Fleische geht,
hat man noch alle Möglichkeit, die Form zu verbessern und kann
das Ganze leicht Zusammenhalten und weiterführen. Die Töne
wurden im Licht verstärkt und bei weiterer Arbeit durch sehr
dünnes, dabei doch körperhaftes Übergehen (wie es nur eine
Harzbalsamfarbe, nie eine reine Ölfarbe ermöglicht) wurde dem
Grau der Übergangstöne der perlmuttrige Schmelz und farbige
Schimmer verliehen. Man glaubt nicht, welcher Reiz der Farbe
entsteht durch solche dünne Lagen von lichtem Weiß#Ocker,
Weiß#Rotusw. über einklaresnichtzudunklesoderrußigesGrau.
Solche dünnsten Lagen von Farbe können nicht durch Zugabe
von Terpentinöl erreicht werden. Sie würden in dem Falle in den
unteren Schichten „ersaufen“, sie blieben nicht stehen und ver#
lören den Schmelz. Gerade dickflüssige Mittel wie Venetianer
Terpentin mit eingedicktem Öl ermöglicht feinste Verteilung und
dabei Stehenbleiben der Farbe.
Der Grundton wurde überall erhalten und mit zur Wirkung
verwendet; das gibt den Originalen die Harmonie gegenüber den

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