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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0395
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3'8o

VIII. Abschnitt. Die Entwicklungsgeschichte des griechischen Theaters.

errichtet Avorden ist. Alle anderen Proskenien aus Stein, deren Erbauungszeit eini-
germassen bekannt ist, gehören dem II. und I. Jahrhundert an.

Die Gestalt der steinernen Proskenien ist bei der Beschreibung des atheni-
schen und einiger anderer Theater in allen ihren Einzelheiten geschildert worden.
Die vor der Skene errichtete Wand bestand aus steinernen Säulen oder Halb-
säulen, deren Zwischenräume mit Pinakes (hölzernen Tafelgemälden) geschlossen
Averden konnten. Gewöhnlich findet sich nur eine Thür in der Mitte der Wand,
doch Aveisen einige Spuren (besonders in Delos) darauf hin, dass daneben, wenn
die Handlung des Dramas es erforderte, noch ZAvei weitere Thüren durch Ent-
fernung zweier Pinakes hergestellt Averden konnten (s. u.). Der Abstand der Säu-
leirwand von der Vordermauer der Skene ist so gross, dass zwischen beiden
reichlich Platz zum Hinausnehmen der Pinakes vorhanden war und sich auch die-
Schauspieler dort frei beAvegen konnten.

Die Paraskenien, Avelche früher zum seitlichen Abschluss der hölzernen
Proskenien gedient hatten, und zu diesem Zwecke fast unentbehrlich Avaren, durften
in Fortfall kommen, als die Proskenien aus einer steinernen Säulenhalle bestanden.
Wenn dies trotzdem nicht überall der Fall Avar, Avenn die Paraskenien in manchen
Theatern (z. B. in Athen, Piräus und Epidauros) auch später noch vorhanden
Avaren, so Avird das geschehen sein, Aveil man sich an die seitlich vorspringenden
Flügelbauten so sehr geAvöhnt hatte, dass ihr Fehlen sich als ein fühlbarer Mangel
g-eltend gemacht haben Avürde. Sie mochten ausserdem in mehreren Theatern zur
Aufnahme von Periakten gedient haben, Avie oben S. 126 dargelegt Avurde, und
konnten zu demselben ZAveck beim steinernen Proskenion beibehalten Averden.
Schliesslich Avaren sie auch in alter Weise als Abschluss von beAveglichen Schmuck-
Avänden zu benutzen, Avenn ausnahmsAveise noch einmal ein anderer Hintergrund
vor der Säulenhalle hergestellt Averden sollte.

Weshalb hatte man eine Säulenhalle als SchmuckAvand geAvählt und Avas
sollte sie darstellen ?

Wir nahmen vorher als selbstverständlich an, dass das steinerne Proskenion
ein Wohnhaus darstellen solle, ohne uns die Frage vorzulegen, ob das Wohnhaus
jener Zeit auch Avirklich die Gestalt einer solchen Säulenhalle hatte (vgl. S. 273).
Im Inneren der hellenistischen Häuser gab es allerdings stets Höfe, die mit Säu-
lenhallen umgeben Avaren, die sog. Peristyle, und auch im Ausseren Avaren bis-
Aveilen Vorhallen mit Säulen vorhanden. Aber sicherlich Avaren die meisten Häu-
ser aussen nicht mit Säulen ausgestattet. Wenn trotzdem die Schmuckwand des
Theaters immer mit Säulen oder Halbsäulen versehen ist, so lassen sich dafür
mehrere Gründe anführen :

Zunächst bestanden die älteren hölzernen Skenen und Proskenien aus ein-
zelnen Holzpfosten, deren ZAvischenräume mit bemalter LeineAvand oder mit
Teppichen oder in anderer Weise ausgefüllt Avaren. Dafür sind die Theater von
Megalopolis und Sikyon gute Beispiele (s. S. 137 und 119). Hatte man sich
aber einmal Jahrhunderte hindurch an eine solche Teilung der Wand durch Pfo-
 
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