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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0394

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4. Das hellenistische Theater.

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hunderts gespielt wurde, dürfen wir bis zur Besprechung des Theaters der näch-
sten Periode verschieben, weil bei dem geringen Unterschiede der beiden Theater
die Art des Spieles unmöglich verschieden gewesen sein kann. Ausserdem ist
die Spielweise des IV. Jahrhunderts schon oben S. 272 im Anschlüsse an die
Besprechung der Dramen erörtert worden. Nur das Eine dürfen wir hier zu be-
tonen nicht unterlassen, dass ein enger Zusammenhang besteht zwischen dem
Theater des IV. und demjenigen des V. Jahrhunderts. Der einzige Unterschied
zwischen beiden zeigt sich darin, dass die Skene bei dem jüngeren Theater aus
Stein, bei dem älteren aus Holz bestand. An eine Umwälzung oder auch nur
eine Veränderung des Spielplatzes und der Spielart zwischen dem V. und IV. Jahr-
hundert ist daher nicht zu denken, um so weniger, als auch das Drama von der
Zeit des Euripides bis zu der des Lykurg keine wesentliche Änderung erfahren hat.

Da wir sahen, dass im Theater des V. Jahrhunderts die Schauspieler zugleich
mit dem Chore in der Orchestra auftraten und die Skene mit ihrem Proskenion
den Hintergrund ihres Spieles bildete, sind wir verpflichtet, dieselbe Art des
Spiels auch für das IV. Jahrhundert anzunehmen. In dem lykurgischen Theater
traten demnach Chor und Schauspieler in der einen vollen Kreis bildenden Orche-
stra auf. Der Hintergrund ihres Spieles war aus Holz zwischen den weit vorsprin-
genden, säulengeschmückten Paraskenien erbaut und verdeckte die feste Vorder-
wand der Skene. Als Zugänge zu dem Spielplatze dienten wie in dem älteren
Theater die beiden Parodoi, welche zwischen dem Zuschauerräume und den Para-
skenien in der Höhe der Orchestra lagen.

4. Das hellenistische Theater.

Das Theater des IV. Jahrhunderts mit seiner kreisrunden Orchestra, seinem
steinernen Skenengebäude und seinem beweglichen Proskenion hat in allen Städ-
ten der griechischen Welt eine lange Zeit hindurch bestanden, ohne wesentliche
Änderungen zu erfahren. Je mehr aber das Drama in dieser Zeit zum Familien-
drama wurde, das sich gewöhnlich vor dem Wohnhause abspielte, um so ge-
ringer brauchten die Veränderungen zu sein, die für die verschiedenen Stücke
an dem Proskenion vorzunehmen waren. Dieselbe Dekoration, welche ein ge-
wöhnliches Haus darstellte, konnte für viele Stücke unverändert bleiben. Dadurch
wurde der Gedanke nahe gelegt, das Proskenion aus besserem Material als festen
Bau zu errichten.

Wann und in welchem Theater das erste Proskenion aus Stein errichtet wurde,
ist noch unbekannt. Man hat vermutet, dass das Theater in Epidauros das äl-
teste derartige Proskenion besitze, das noch aus dem IV. Jahrhundert stamme.
Aber einerseits ist nicht sicher, ob das Theater des Polyklet überhaupt schon vor
300 vor Chr. erbaut ist, und andrerseits darf es als wahrscheinlich bezeichnet
werden, dass das steinerne Proskenion einem noch jüngeren Umbau des Theaters
angehört (s. S. 132). Trotzdem ist es nicht unmöglich, dass in Epidauros im III.
oder II. Jahrhundert zum ersten Male eine steinerne Schmuckwand vor der Skene
 
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