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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0191

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IV. ABSCHNITT.

DAS ALTGRIECHISCHE THEATER
NACH DEN ERHALTENEN DRAMEN.

In den vorhergehenden Abschnitten sind bei der Besprechung der erhaltenen
Theaterruinen schon die Schlüsse angedeutet worden, die aus der baulichen Ein-
richtung des Spielhauses für die Art des Spieles gezogen werden können. Aber
die besprochenen Bauten reichen nur bis ins IV. Jahrhundert zurück, sodass
scheinbar die Frage völlig offen bleibt, welcher Art das Theater in der Zeit
des Aeschylos und Euripides gewesen sei. Gerade diese Frage ist es aber, die
bei allen Untersuchungen über das antike Theater das grösste Interesse in An-
spruch nimmt, da wir ein volles Bild von der Wirkung des klassischen Dramas
erst gewinnen können, wenn wir über die Art der scenischen Aufführung im
Klaren sind.

Aber wenn auch die erhaltenen Steinbauten für die Beantwortung dieser
Frage nicht unmittelbaren Aufschluss geben, so bieten sie doch für unsere Kennt-
nis der Zustände des älteren Theaters einen sehr wertvollen Anhalt. Wir lernen
aus ihnen zunächst die Anordnung der kreisrunden Orchestra, des Zuschauerraums
und der Skene, und wir dürfen ferner mit Sicherheit annehmen, dass in den
steinernen Skenen Grundriss und Aufbau älterer provisorischer Holzbauten fest-
gehalten worden ist. Zu untersuchen bleibt aber, in wie weit die Steinbauten
des IV. Jahrhunderts jenen älteren Holzbauten gegenüber schon eine jüngere,
weiter fortgeschrittene und veränderte Entwickelungsform darstellen. Umgekehrt
muss aus dem zu erschliessenden älteren Theatertypus des V. Jahrhunderts der
durch das lykurgische Theater bekannt gewordene Steinbau ohne Zwang sich
erklären und ableiten lassen.

i. Standort der Schauspieler und des Chores.

Zeitgenössische litterarische Uberlieferung über das Theater der älteren Epoche
besitzen wir nicht, und das wird Niemanden Wunder nehmen, der mit der Art
des schriftstellerischen Betriebes im V. Jahrhundert vertraut ist. Was die Litte-
rarhistoriker seit der Zeit des Aristoteles über ältere Theatereinrichtungen berich-
ten, ist zum grossen Teil nur auf Rückschlüsse gegründet, die in den Verhält-
nissen der späteren Zeit ihren Ausgangspunkt haben; davon soll im V. und VII.
Abschnitt noch besonders gehandelt werden. Hier gilt es zunächst die einzigen
Zeugnisse, die für die Spielart des V. Jahrhunderts unmittelbare Beweiskraft
beanspruchen können, das sind die erhaltenen Dramen, ins Auge zu fassen-
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