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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0109

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I. Abschnitt. Das Dionysos-Theater in Athen.

Hier mag ferner noch eine Einrichtung besprochen werden, durch welche ver-
mutlich die in den unteren Reihen sitzenden Zuschauer gegen die Strahlen der
Sonne geschützt werden sollten. In dem unteren Umgang bemerkt man vor den
Marmorsitzen im Fussboden eine Reihe viereckiger Löcher in gleichmässigen Ab-
ständen von fast 2™. Eine zweite parallele Reihe von gleichen Löchern befindet
sich hinter den Thronen und eine dritte in der zweiten Sitzreihe aus Porös.
Höchst wahrscheinlich wurden in diese Löcher Holzpfosten gesteckt, zwischen
denen Sonnentücher ausgespannt wurden, damit die bevorzugten Zuschauer der
unteren Reihen im Schatten sitzen konnten. Um den weiter oben Sitzenden den
Blick auf die Konistra und das Logeion möglichst wenig zu entziehen, werden die
Tücher nicht horizontal, sondern nach dem Zuschauerraum hin ansteigend ge-
spannt worden sein.

Die seitlichen Zugänge zum Theater, die beiden Parodoi, wurden beim neroni-
schen Umbau nur wenig verändert. Ihre Höhenlage blieb jedenfalls ungefähr
dieselbe, wie sie früher gewesen war. Nur durch die Aufstellung von Aveiteren
Weihgeschenken und Standbildern scheinen sie ihr äusseres Aussehen etwas
verändert zu haben. Vielleicht ist auch erst in dieser Zeit der Abschluss der
seitlichen Zugänge durch Thorbauten bewirkt worden, deren spärliche Reste
schon beim lykurgischen Theater (S. 70) besprochen wurden.

5. Das spätrömische Theater (Phaidros).
Von einem weiteren Umbau des Theaters in spätrömischer Zeit giebt eine
Inschrift Kunde, welche auf der obersten Stufe der jetzigen Logeiontreppe einge-
meisselt ist :

So! toSs xaXbv f-ceu^e (ptXipyis ßvjij.a Os^tpou
•J'aTSpo? ZunXou ßLoSÜTopog 'AtfKScg äpybq.
Obwohl die Zeit des Archon Phaidros nicht genau bekannt ist, besteht kein
Zweifel darüber, dass die Inschrift aus spätrömischer Zeit, etwa aus dem III. oder
sogar aus dem IV. Jahrhundert nach Chr. stammt (vergl. die verschiedenen Anset-
zungen bei A. Müller, Lehrbuch, S. 88). Der Umbau war kein durchgreifender,
sondern beschränkte sich auf das Logeion und die Konistra. Das Skenengebäude
und das Proskenion blieben wahrscheinlich unverändert, Avie sie zur Zeit Neros
erbaut worden waren. Die Gründe für die Errichtung des neuen Logeion haben
wir schon früher zu ermitteln gesucht (S. 89). Den Umbau scheint man unter-
nommen zu haben, um die beschädigte Vorderwand des Logeion wiederherzu-
stellen und um aus der Orchestra einen grossen Wasserbehälter für Naumachien
zu machen. Für den ersten Grund spricht die schlechte Arbeit der Gesimse,
Avelche jetzt über den Priesplatten liegen; die älteren Gesimse scheinen so stark
beschädigt gewesen zu sein, dass sie meist ersetzt werden mussten. Den zweiten
Grund entnehmen wir der Thatsache, dass damals sowohl die Vorderwand des
Logeion als auch die Marmorschranke um die Arena durch starke Hintermaue-
rung wasserdicht gemacht worden ist.
 
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