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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0115

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II. Abschnitt. Griechische Theater ausserhalb Athens,

hinweisen. Ferner sind die Axweiten der Säulen bei beiden fast dieselben, nur
ihre Zahl ist im Piräus etwas geringer, nämlich um je eine Säule bei den Paraske-
nien und um zwei beim Proskenion. Auch die Architektur war bei beiden dieselbe,
denn dass die Säulen im Piräus ebenfalls dorisch waren und einen Triglyphenfries
trugen, zeigt einerseits die Grösse des Säulendurchmessers und andererseits der
Umstand, dass die mittlere Axweite gerade anderthalbmal so gross ist als die.
übrigen. Übereinstimmend ist ferner der weite Vorsprung und die grosse Breite
der Paraskenien; ersterer hält etwa die Mitte zwischen den Vorsprüngen der Pa-
raskenien der 2. und 3. Periode des athenischen Theaters. Schliesslich besteht
auch noch eine beachtenswerte Gleichheit in der grossen Entfernung des Proske-
nion von dem Mittelpunkt der Orchestra, indem nicht nur die Vorderkante des
Proskenion, sondern selbst die Verbindungslinie der Paraskenien noch ausserhalb
des in unserem Grundrisse punktirten Orchestrakreises liegt, was im athenischen
Theater auch der Fall war.

Die Zeit der Erbauung des Theaters ist einigermassen gesichert durch eine
Anzahl von Buchstaben, welche auf den Steinen der untersten Stufe als Ver-
satzmarken stehen. Von rechts beginnend kommt das ganze Alphabet auf den
Steinen vor (vergl. 'E<?-q\i.. äp^atoX. 1894, S. 196). Da sich unter den Buchstaben
die späten Formen C und G befinden, ist man genötigt, den Bau mindestens in
hellenistische Zeit zu setzen. Bei den Bauten des II. Jahrhunderts vor Chr. kom-
men diese Buchstaben in Pergamon bereits als Marken vor. Zu dieser Ansetzung
passt die oben erwähnte, in der Nähe des Theaters gefundene Inschrift des II.
vorchristlichen Jahrhunderts (C. I. A. II, 984) sehr gut; indessen ist es nicht ganz
unmöglich, dass sie sich auf das grosse Theater bezieht (vergl. C. Wachsmuth,
Stadt Athen, II S. 136 Anm. 3).

Die Bedeutung des Piräus-Theaters für die Bühnenfrage liegt in der ge-
sicherten Grundrissform des Proskenion, in seiner beträchtlichen Höhe (fast 4"1)
und in seinem grossen Abstände von der Orchestra.

2. Das Theater in Oropos.

Bei den von der griechischen Archäologischen Gesellschaft im heiligen Be-
zirk des Amphiaraos bei Oropos vorgenommenen Ausgrabungen wurde im Jahre
1886 von dem Ephoros V. Leonardos ein kleines Theater entdeckt, von dem
bis dahin nichts bekannt war. Mit der Aufnahme und Untersuchung des Baues
beauftragt, habe ich die Zeichnungen angefertigt, welche in den Hpav.xiY.oi von 1886
auf Tafel 3 veröffentlicht sind. Nach dieser Aufnahme sind auch der Grundriss
der nebenstehenden Abbildung 35 und die übrigen Zeichnungen angefertigt.

Die Gestalt des Zuschauerraumes ist nicht genau bekannt, weil nur eine
einzige halbkreisförmige Mauer und Stücke der Stützmauern aufgedeckt sind.
Steinerne Sitzreihen kann das Theater niemals gehabt haben, weil bei dem guten
Erhaltungszustand der in der Orchestra stehenden Throne und des ganzen Ske-
 
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