Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0390

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Das Theater des IV. Jahrhunderts.

375

finden sich zwei seitliche Zugänge zur Orchestra, die Parodoi, durch welche die
Zuschauer das Theater betreten. Durch dieselben Zugänge pflegen auch der Chor
und diejenigen Schauspieler, welche aus der Stadt oder aus der Ferne kommen,
die Orchestra zu betreten. Während des Spieles bleibt der Chor in der Orche-
stra. Die Schauspieler halten sich fast ausschliesslich in derjenigen Hälfte der
Orchestra auf, welche als Rechteck unmittelbar vor der Skene liegt. Auf irgend
ein Gerüst steigen sie nicht, sondern befinden sich, wenn sie nicht -den Tritt des
Altares oder etwaige Stufen der Skene betreten, zusammen mit den Choreuten auf
dem Boden der Orchestra. Nur wenn die Handlung des' Dramas es verlangt, er-
scheint in Ausnahmefällen ein Schauspieler oder auch mehrere auf dem Dache der
Skene oder des Proskenion, entweder als Person, die sich auf dem Dache ihres
Hauses befindet, oder als Gott auf dem Theologeion. Während in der ältesten
Zeit Orchestra, Altar und Zuschauerraum die wichtigsten Teile des Theaters waren,
dürfen wir in der zweiten Periode Orchestra, Skene und Zuschauerraum als
solche bezeichnen.

3. Das Theater des IV. Jahrhunderts.

Auf der dritten Stufe seiner Entwickelung wird das griechische Theater aus
einem einfachen Bau mit hölzernen Sitzen und hölzerner Skene zu einem gross-
artigen Gebäude mit steinernen Sitzen und einem stattlichen Spielhause. Seine
allgemeine Einrichtung und die Art, wie in ihm gespielt wurde, änderte sich nur
in unwesentlichen Punkten.

Der Zuschauerraum. Die im fünften Jahrhundert auftretenden Bestrebun-
gen, den Zuschauerraum fester zu gestalten und die Zahl der Sitze zu vermehren,
wurden im IV. Jahrhundert weiter geführt und endeten in der Erbauung gross-
artiger Theaterräume mit Sitzreihen, deren Ruinen in vielen griechischen Städten
erhalten sind und noch heute unsere Bewunderung hervorrufen. Mächtige Stütz-
mauern mussten errichtet werden, um die hohen Erdmassen zusammen zu halten
und Sitzreihen zu tragen, welche vielen Tausenden von Zuschauern Plätze bieten
sollten. In welcher Stadt zuerst ein solcher, ganz aus Stein bestehender Zu-
schauerraum erbaut wurde, ist unbekannt. In Athen wurde er im IV. Jahrhundert
errichtet und unter Lykurg vollendet. Andere Städte mögen darin Athen zuvor-
gekommen sein; doch ist bis jetzt noch kein älteres Steintheater mit Sicherheit
nachgewiesen. Der grösste Sitzraum wurde in Megalopolis erbaut ; er konnte
20000 Zuschauer aufnehmen.

Die Grundrisse der Zuschauerräume sind sehr verschieden, nähern sich aber
alle der Gestalt eines halben Ringes. Eine gute Zusammenstellung der verschie-
denen Sitzräume findet sich bei Wieseler (Theatergebäude, Tafel I, II und A) und
Strack (Theatergebäude, Tafel IV—VIII). Mit Hülfe der neu ausgegrabenen Thea-
ter Hessen sich diese Sammlungen etwas vervollständigen, ohne dass jedoch
etwas Wesentliches dabei herauskäme.

Die Orchestra. Der Teil des Theaters, der sich im Laufe der griechischen
 
Annotationen