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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0051

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I. Abschnitt. Das Dionysos - Theater in Athen.

aber aus der Tempelaxe etwas nach Norden verschoben. Zwei Rampen führten
von Osten und Westen aus dem Bezirk zu der Orchestra hinauf. In der Mitte
dieses Platzes dürfen wir, obwohl nichts davon erhalten ist, einen Altar annehmen,
um den die Chöre ihre kyklischen Tänze ausführten, und auf dessen Thymele
die Musiker und anfangs auch die Schauspieler Platz fanden. Nach der Bergseite
hin war die Orchestra von einem Zuschauerraum umgeben, der ursprünglich wohl
keine regelmässige Gestalt hatte, aber im V. Jahrhundert mit Stützmauern um-
geben war und ungefähr die Form des späteren Theaters zeigte. Für das Fest
des Gottes wurde er mit hölzernen Sitzbänken versehen. Ein Skenengebäude aus
Stein gab es noch nicht. Während im VI. und im Anfange das V. Jahrhunderts
überhaupt keine Skene vorhanden war, wurde etwa von der Mitte des V. Jahr-
hunderts ab für die Aufführungen regelmässig ein Spielhaus aus Holz errichtet.

Wie auf diesem Festplatze gespielt wurde, wo bei den Aufführungen der
Chor und wo die Schauspieler standen, werden wir später im Einzelnen festzu-
stellen suchen. Hier mag zur Vervollständigung des Bildes nur hinzugefügt werden,
dass Tanz, Gesang und Spiel in der Orchestra stattfanden. Die auf- und abtre-
tenden Künstler betraten den Platz auf den beiden seitlichen Zugängen, die Pa-
rodoi genannt wurden. Durch Errichtung der Skene wurde die Orchestra, die
bis dahin ein Platz im heiligen Bezirke war, zum Platz vor dem Königspalast
oder Tempel oder Avas sonst die Skene darstellte. Aus dem Spielhause kamen
nunmehr diejenigen Schauspieler heraus, welche zu ihm gehörten, welche in dem
Hause ihren dauernden oder vorübergehenden Aufenthalt hatten. Die übrigen
Schauspieler betraten die Orchestra nach wie vor durch die Parodoi.

2. Das Theater des IV. Jahrhunderts.

Die meisten Mauern und Fundamente des Theaters, sowohl des Zuschauer-
raumes wie des Skenengebäudes, gehören wegen ihres gleichen Materials und
ihrer gleichmässigen Bauart augenscheinlich einer einzigen Bauepoche an, näm-
lich einer Zeit, welche Breccia, Piräusstein und hymettischen und pentelischen
Marmor nebeneinander als Baumaterialien verwendete. Die aus diesen Steinarten
bestehenden Mauern bilden auch, wie man sich leicht überzeugt, einen zusam-
menhängenden und einheitlichen Plan, der mit den älteren Mauern in keiner
Beziehung steht und nicht als ein Umbau eines älteren Theaters, sondern als ein
vollständiger Neubau ausgeführt ist. Es gehören zu diesem einheitlich geplanten
Bau: die Stützmauern des ganzen Zuschauerraumes, die Sitzreihen aus Kalk-
stein und Marmor, die Orchestra mit ihrer Steinschwelle und dem grossen Was-
sercanal und ein Skenengebäude mit vorspringenden Paraskenien. Auf Tafel I
sind alle Mauern, welche dieser Epoche angehören, mit grauer Farbe colo-
rirt. Auch giebt Tafel III einen grösseren Grundriss der Skene und der Orchestra
dieser Epoche, in welchem die verschiedenen Baumaterialien verschieden gezeich-
net sind. Reconstructionen des Theaters geben die Tafeln II und IV.

Bevor wir die einzelnen Bauteile beschreiben, ist es ratsam, uns zunächst
 
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