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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0050

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Das Theater des VI. und V. Jahrhunderts.

35

T

1,54'" gross und hat einen nur um eine Stufe erhöhten Standplatz von 0,41
zu 1,64'». Wie nun in der Pnyx die Redner auf das Bema des Altars traten
und von dort zu dem im Halbkreise herumsitzenden Volke sprachen, so werden
auch in der Orchestra des dionysischen Theaters die ersten Schauspieler aut
dem Tritt des Altars gestanden haben, wenn sie sich mit längeren Reden
an den Chor wandten/ Auch die Flötenbläser, die den Tanz und Gesang
mit ihrem Spiel begleiteten, haben wir uns auf den Stufen oder dem Tritt
des Altars zu denken.

Während der Altar in der älteren Zeit möglicher Weise ein fester Bau war,
scheint er zur Zeit der skenischen Aufführungen verschiedene Abmessungen
Formen gehabt zu haben, wie sie grade
das Drama verlangte. Für das eine Stück
genügte ein kleiner Rundaltar, für das
andere war ein grosser für mehrere Göt-
ter bestimmter Altar, eine Koinobomia,
notwendig. Als mittlere Abmessungen ei-
nes Altars, wie wir ihn uns im VI. und V.
Jahrhundert im Theater zu denken haben,
können vielleicht die hierneben angegebe-
nen Masse des Aphrodite - Altars dienen.

Für die Bestimmung der Art und
Weise des Spieles wäre es wertvoll ge-
wesen, wenn sich hätte ermitteln lassen,
ob unter der älteren Orchestra ein unter-
irdischer Gang vorhanden war, wie er in
Eretria, Sikyon und Magnesia am Mäan-
der aufgefunden ist. Die unter der jüngeren Orchestra aufgedeckten Gänge und
Hohlräume sollen beim lykurgischen Theater besprochen werden. Thatsachhch
ist unter der Hälfte der alten Orchestra der Fels bis zu einer solchen Tiefe ab-
gearbeitet, dass nicht nur ein unterirdischer Gang, sondern sogar grössere unterir-
dische Räume unterhalb ihres Fussbodens bestanden haben können. Aber leider
ist nicht gewiss, ob diese Felsarbeiten schon im V. Jahrhundert oder erst zur
Zeit Lykurgs ausgeführt worden sind; es kann daher auch nicht mit Sicherheit
festgestellt werden, ob unter der Orchestra des V. Jahrhunderts wirklich ein
Gang war oder nicht. In dem Theater des Lykurg gab es dagegen, wie wir spater
nachweisen werden, keinen bei Aufführungen, benutzbaren unterirdischen Gang.

Auf Grund der geringen Reste des älteren Theaters und unter Zuhülfe-
nahme der Nachrichten der alten Schriftsteller dürfen wir uns von der Orchestra
und dem Zuschauerräume des VI. und V. Jahrhunderts folgendes Bild machen:
Innerhalb des heiligen Bezirks war am unteren Abhang der Akropolis eine
kreisrunde Terrasse von etwa 24"1 Durchmesser angelegt und von einer polygo-
nalen Kalksteinmauer gestützt. Sie lag vor der Vorhalle des Dionysos-Tempels.

1

1.638

Figur 9. Grundriss des Aphrodite-Altars.
 
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