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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0114

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i. Das Theater im Piräus.

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der Orchestra befindet sich ein Umgang und ein offener Wassercanal, jener in
der Mitte schmaler als an den Flügeln (i,S8lu gegenüber 2,56'"), dieser mit 12
Brückensteinen in der Verlängerung der Treppen überdeckt. In der Gesamtform
und den Einzelheiten haben wir also eine getreue Nachahmung des athenischen
Theaters vor uns.

Die Orchestra bildet einen vollen, vor der Skene zu einem Viereck er-
weiterten Kreis und hat einen Fussboden aus gewachsenem Fels. Da letzterer
nicht glatt gearbeitet ist, muss er mit Erde überdeckt gewesen sein. Spuren
eines Altares sind in der Mitte nicht zu sehen. Der Durchmesser des Kreises be-
trägt, zwischen dem Canal gemessen, 16,34™, entspricht also 50 griechischen Fuss.

Neben der Orchestra liegen die Fundamente der Skene, drei parallele
Mauerzüge mit einigen Quermauern. Die erste Mauer ist eine Marmorschwelle,
deren Oberseite die deutlichen Aufschnürungslinien und Standspuren einer Säu-
lenreihe trägt. Wir haben also den Stylobat eines festen Proskenion vor uns,
das in der Fussbodenhöhe der Orchestra stand. Die Zahl der Säulen betrug 14,
ihr Abstand i,39m und ihr Durchmesser 0,49™. Obwohl im mittleren Intercolumnium
keine Spuren einer Thür erhalten sind, dürfen wir eine Thür ergänzen, weil es
beträchtlich grösser ist als die übrigen (nämlich 2,i2,n), Die anderen Zwischen-
räume der Säulen waren vermutlich mit hölzernen Pinakes geschlossen. Die
auffallende Thatsache, dass der Fels vor dem Proskenion noch jetzt stellenweise
höher ansteht als die Oberfläche des Stylobates, wird dadurch erklärt werden
müssen, dass die Oberfläche der Orchestra ein Gefälle nach dem Wassercanal
haben musste, während der Stylobat selbst horizontal war.

Beiderseits wird das Proskenion von zwei Paraskenien eingefasst, welche an
ihrer Vorderseite 5, an den kurzen Seiten nach Innen je 3, nach Aussen je 2
Stützen hatten. Spuren für Thüren oder für Periakten sind an den Paraskenien
nicht zu sehen. Zwischen dem Zuschauerräume und den Paraskenien liegen die
beiden Seiteneingänge zur Orchestra, deren Sohle nach Aussen etwas ansteigt. Sie
sind in den Felsen eingeschnitten. Von Abschlussthüren sind keine Reste erhalten.

2,17™ hinter dem Proskenion liegt die eigentliche Skene, ein langgestreckter
Saal von fast 5m Tiefe und etwa 34'" Länge. An seinen beiden Enden stand er mit
dem Räume neben den Paraskenien in Verbindung. In seiner Vorderwand werden
mehrere Thüren zur Verbindung mit den Innenräumen des Proskenion und der
Paraskenien gewesen sein, doch sind mit Ausnahme der Mitte keine Spuren von
Öffnungen erhalten.

Die Höhe des Proskenion ist nicht genau bekannt. Jedoch dürfen wir nach
dem Durchmesser der Säulen (0,49"') und nach den Verhältnissen der mittleren
Thür auf eine Höhe der Säulen und ihres Gebälkes von fast 4"1 schliessen; das ist
fast dieselbe Höhe, welche wir beim Proskenion des Dionysostheaters fanden. Also
auch hierin zeigt das ganze Theater eine sehr grosse Verwandtschaft mit dem
athenischen Bau. Die Übereinstimmungen zwischen beiden gehen aber noch wei-
ter. So kann man auf die grosse Ähnlichkeit ihrer Paraskenien und Proskenien
 
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