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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Schmarsow, August: Pierre-Jean David d'Angers: geb. zu Angers d. 12. März 1788, gest. in Paris d. 5. Januar 1856
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0216
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PIERRE-JEAN DAVID D'ANGERS.

Zwanzigjährig betritt Pierre-Jean David die Haupthadt. Ornamentale Stein-
arbeiten am Are du Carrousel gewähren ihm das tägliche Brot; er verfäumt
aber nicht, fogleich zu einem Bildhauer in die Lehre zu gehen, doch ih nicht
überliefert, zu wem. »Selbft Sonntags, fchreibt er einem Freunde, finde ich
kaum Zeit, gegen Abend einen kurzen Spaziergang zu machen. Mein Weg führt
immer zu den Champs-Elyfees. Eine feurige Jugend giebt hch hier jeder Art
von Spielen hin. Dort fitze ich manchmal hinter einem Gebüfch und zeichne
die Gruppen, welche die Natur mit wunderbarem Gefchmack so mannichfach
geflaltet. Gewiffe Köpfe erregen mein Interelfe, ich zeichne he rafch, und,
ohne es zu wiffen, werden die Vorübergehenden mein Eigenthum.«
Schlechte Ernährung und übermäfsige Anftrengung warfen ihn bald aufs
Krankenlager; aber, kaum genefen, fetzt er mit ungefchwächtem Eifer Arbeit
und Studien fort und antwortet der beforgten Mahnung zur Rückkehr durch
feinen Eintritt in das Atelier Phil. L. Roland's. Bei diefem, wenn nicht fehr
fchwungvollen, doch ernften, gefunden und durchaus gediegenen Künhler wird
in den Morgen- und Abendftunden modellirt, am Tage für den Unterhalt
gearbeitet, Nachts im öden Manfardenftübchen die eifrige Uebung fortgefetzt,
indem er mit einem Studiengenoffen die Gemälde Poufhn's in plaflifche Form
überträgt oder mit feinem Landsmann, dem Mediziner Beclard, im Hotel Dieu
Anatomie treibt. Paul und Virginie oder Atala's verzehrende Glut entzücken
feine Phantalie immer von Neuem, Virgil und Homer gefellen hch erft fpäter
hinzu. Das Gewoge des Lebens und die Lockungen der Weltftadt drängen an
ihm vorüber; einmal hineingerathen kehrt er mit doppeltem Eifer und bewufster
Entfagung zum Dienft der Kunft zurück, zeichnet am frühen Morgen fchon
nach dem lebenden Modell und bannt den Schlaf, um beim Lampenfehein Reliefs
der Trajansfäule nachzubilden.
Sein Streben belohnte hch bald. Schon im Frühjahr 1809 ward ihm eine
Ermuthigungsmedaille von der Akademie, und im nächften bereits konnte er die
Konkurrenz um den grofsen römifchen Preis wagen. Bei den Vorarbeiten hierzu
erregten feine Reihungen die Aufmerkfamkeit des Malers Jacques-Louis David,
delfen Einhufs in Sachen der Kunh damals ohne Gleichen war. Seine Stimme
entfehied bei der Zulaffung; feine Stimme hei auch auf die Preisarbeit des
jungen Bildners von Angers. Aber he vermochte nicht die Rückhchten der
Mehrzahl für einen ältern Mitbewerber aufzuheben; der Schwächere erhielt den
erhen, der Schüler Rolands nur den zweiten Preis. Doch der Maler des Kaifers
nahm ihn unter feine Schüler auf, zu denen bereits mehrere Bildhauer, wie
Friedrich Tieck, Schweckle und Bartolini zählten. Eine Reihe von angefehenen
Meihern veranlafste die Mitglieder des Inhituts zu einer Petition an die Stadt
Angers, welche ihm eine jährliche Unterhützung von 300 Frcs. eintrug und fomit
die freie Mufse für feine Ausbildung gab.
Um fo mächtiger mufste nun die ganze Fülle von Anregungen auf den
Künhler wirken, die hch gerade damals in Paris entfaltete. Der am 3. November
1810 eröffnete Salon im Mufee Napoleon wird mit Recht als einer der wichtighen
bezeichnet, denn er bot eine hattliche Reihe von Werken, deren Bedeutung hch
bewährt hat. Der Maler David hatte allerdings nur "die Vertheilung der Adler
 
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