PETER VON CORNELIUS.
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geplante, das ganze Werk wiedergebende Herftellung niemals zu Stande gekommen
ift, eine unmittelbare Erkenntnifs des Meifters felbft möglich. Die in der
Glyptothek ausgeführten Fresken Und zum gröfsten Theile von Schülern gemalt
worden, denen zudem Cornelius in einer Weife freie Hand gelaffen hat, dafs be-
fonders von einer koloriftifchen Einheitlichkeit keine Rede fein kann. Nur ein
gemeinfchaftlicher Grundcharakter geht durch, der jedoch nichts weniger als
günftig gewirkt hat: auch die Farbe iftlymbolifch verwerthet worden. Der aller-
dings vielfach vorhandene Unterfchied eines dunkleren Teints bei Männern und
eines helleren bei Frauen wird in geradezu übertriebener und unnatürlicher
Weife angewendet. Dem läuft parallel, dafs die Männer durchweg dunkle, die
Frauen helle Gewandung tragen. Und es ifl gewifs nicht zufällig, dafs im Olymp
felbft unter den männlichen Perfonen ein Unterfchied in der Hautfarbe gemacht
wird, wenn das Braun des Zeus mehr kräftig heifchfarben ift, die Haut der
jugendlichen Ficht- und Freudengötter Apollo und Bacchus ein lichteres Braun
zeigt, die des von der Erde Rammenden Herakles aber fahlbraun, der Silen derb
rothbraun ift, oder wenn die vier Eroten im Centrum einen verfchiedenen Ton
zeigen und der die Unterwelt andeutende am fahlften ericheint, wenn Schlaf und
Tod durch dunkel und hell fcharf unterfchieden Und. Weder hier noch im
Trojanerfaale, wenn auch deffen Farben durchweg fatter find und mit Ausnahme
des hellen Blau weniger grell von einander abftechen, ift es daher dem Künftler
gelungen die Einheit des Tones zu erreichen, welche den Ausgleich unter den
Farben bewirkt. Erhöht wird diefer Mangel eines Tones durch die ftark ange-
wendete Art das Licht nach altitalienifcher Weife in der die Farben verändern-
den Weife aufzufetzen, fo dafs z. B. bei der vorderften Furie an dem Throne
Plutos rothbraun durch das Licht zu grün wird. Es wird hierdurch zugleich
aber ein alterthümliches Element hereingezogen, welches zu der fonft herrfchen-
den Freiheit der Bewegung gar nicht paffen will, und das man fich höchftens
gefallen laffen kann, wenn Haltung und Bewegung ebenfo unfertig und unfrei Und,
wie es diefes einander gleichfam fremde Gegenüberftehen von Farbe und Licht
bedingt. In den Kartons lind alle diefe durch ein unglückliches Kolorit bedingten
Schwächen nicht vorhanden. Auch die fcharfe Abgrenzung von Licht und
Schatten wirkt nicht fo grell wie in der farbigen Ausführung und fchliefst einen
allmählichen Uebergang nicht aus. Befonders aber find die muskulöfen Körper
noch maafsvoll gehalten, während he in den Fresken durch die auch hier nur
die kräftigften Kontrafte betonende, die feineren Uebergänge unterdrückende
Farbe unangenehm aufdringlich werden.
Die Fertigftellung des trotz alledem grofsen und in feiner Art einzigen
Werkes war endlich 1830 erreicht worden. Während aber die Zeit bis zur Voll-
endung des erften Saales der einer fröhlichen Hoffnung mit immer wachfendem
Muthe glich, ift die zweite Periode bereits mit mancherlei Kämpfen erfüllt, welche
die Wurzel alle$ Wirkens in Cornelius angreifen. Der Verfuch , diefe Wider-
wärtigkeiten aus perfönlichen Rankünen der Baumeifter Klenze und fpäter
Gärtner herleiten zu wollen, ift einfeitig: er trifft den Kern der Sache nicht.
Diefer liegt in dem Widerfpruch, in den fleh Cornelius mit den Beftrebungen
feiner Zeit fetzte, und in dem unglücklichen Umftande, dafs die Erfolge den Ver-
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geplante, das ganze Werk wiedergebende Herftellung niemals zu Stande gekommen
ift, eine unmittelbare Erkenntnifs des Meifters felbft möglich. Die in der
Glyptothek ausgeführten Fresken Und zum gröfsten Theile von Schülern gemalt
worden, denen zudem Cornelius in einer Weife freie Hand gelaffen hat, dafs be-
fonders von einer koloriftifchen Einheitlichkeit keine Rede fein kann. Nur ein
gemeinfchaftlicher Grundcharakter geht durch, der jedoch nichts weniger als
günftig gewirkt hat: auch die Farbe iftlymbolifch verwerthet worden. Der aller-
dings vielfach vorhandene Unterfchied eines dunkleren Teints bei Männern und
eines helleren bei Frauen wird in geradezu übertriebener und unnatürlicher
Weife angewendet. Dem läuft parallel, dafs die Männer durchweg dunkle, die
Frauen helle Gewandung tragen. Und es ifl gewifs nicht zufällig, dafs im Olymp
felbft unter den männlichen Perfonen ein Unterfchied in der Hautfarbe gemacht
wird, wenn das Braun des Zeus mehr kräftig heifchfarben ift, die Haut der
jugendlichen Ficht- und Freudengötter Apollo und Bacchus ein lichteres Braun
zeigt, die des von der Erde Rammenden Herakles aber fahlbraun, der Silen derb
rothbraun ift, oder wenn die vier Eroten im Centrum einen verfchiedenen Ton
zeigen und der die Unterwelt andeutende am fahlften ericheint, wenn Schlaf und
Tod durch dunkel und hell fcharf unterfchieden Und. Weder hier noch im
Trojanerfaale, wenn auch deffen Farben durchweg fatter find und mit Ausnahme
des hellen Blau weniger grell von einander abftechen, ift es daher dem Künftler
gelungen die Einheit des Tones zu erreichen, welche den Ausgleich unter den
Farben bewirkt. Erhöht wird diefer Mangel eines Tones durch die ftark ange-
wendete Art das Licht nach altitalienifcher Weife in der die Farben verändern-
den Weife aufzufetzen, fo dafs z. B. bei der vorderften Furie an dem Throne
Plutos rothbraun durch das Licht zu grün wird. Es wird hierdurch zugleich
aber ein alterthümliches Element hereingezogen, welches zu der fonft herrfchen-
den Freiheit der Bewegung gar nicht paffen will, und das man fich höchftens
gefallen laffen kann, wenn Haltung und Bewegung ebenfo unfertig und unfrei Und,
wie es diefes einander gleichfam fremde Gegenüberftehen von Farbe und Licht
bedingt. In den Kartons lind alle diefe durch ein unglückliches Kolorit bedingten
Schwächen nicht vorhanden. Auch die fcharfe Abgrenzung von Licht und
Schatten wirkt nicht fo grell wie in der farbigen Ausführung und fchliefst einen
allmählichen Uebergang nicht aus. Befonders aber find die muskulöfen Körper
noch maafsvoll gehalten, während he in den Fresken durch die auch hier nur
die kräftigften Kontrafte betonende, die feineren Uebergänge unterdrückende
Farbe unangenehm aufdringlich werden.
Die Fertigftellung des trotz alledem grofsen und in feiner Art einzigen
Werkes war endlich 1830 erreicht worden. Während aber die Zeit bis zur Voll-
endung des erften Saales der einer fröhlichen Hoffnung mit immer wachfendem
Muthe glich, ift die zweite Periode bereits mit mancherlei Kämpfen erfüllt, welche
die Wurzel alle$ Wirkens in Cornelius angreifen. Der Verfuch , diefe Wider-
wärtigkeiten aus perfönlichen Rankünen der Baumeifter Klenze und fpäter
Gärtner herleiten zu wollen, ift einfeitig: er trifft den Kern der Sache nicht.
Diefer liegt in dem Widerfpruch, in den fleh Cornelius mit den Beftrebungen
feiner Zeit fetzte, und in dem unglücklichen Umftande, dafs die Erfolge den Ver-