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Dresdner, Albert
Schwedische und norwegische Kunst seit der Renaissance — Jedermanns Bücherei: Breslau: Ferdinand Hirt, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.67059#0112
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15. Bildnerei und Baukunst in Schweden

daß er Anregungen von der modernen Schule aufgenommen und
mit Erfolg verarbeitet hat.
So jung diese auch noch ist, so lassen sich doch einige Züge fest-
stellen, die ihren Bestrebungen und Leistungen gemeinsam und die
für sie kennzeichnend sind — und diese Züge finden fast durchweg
in der klassischen schwedischen Baukunst ihre Gegenbilder und
Spiegelungen. Da ist vor allem das starke und entschlossen ver-
wirklichte Gefühl für die Körperlichkeit des Bauwerks und für sein
Verhältnis zum umgebenden Raume. Die Bauten sind aus der
Landschaft entwickelt, greifen gestaltend in ihren Raum ein und
tragen so den Charakter des organisch Gewachsenen. Sie sind
Schöpfungen echt räumlich-plastischer Vorstellungen und in ihrer
Haltung um so sicherer, je bestimmter sie alle malerischen Ele-
mente ausschalten. Sie sind in Formgebung und Gliederung schlicht,
klar, oft von einer herben Strenge, im Schmucke sparsam und durch-
weg sehr materialgerecht; besonders ist die Backsteintechnik
neuerdings in Schweden sehr tüchtig ausgebildet worden. Sie haben
mehr Kraft als Heiterkeit; sie fesseln mehr durch monumentale
Einheitswirkung als durch Einzelheiten, und ohne nach Originalität
zu haschen, überzeugen sie durch die Natürlichkeit und Folge-
richtigkeit der architektonischen Lösungen.
Die großen Bauunternehmungen der jüngsten Zeit haben auch
dem Kunsthandwerke reiche Möglichkeiten geboten. Zur Aus-
schmückung des neuen Rat- und des Stadthauses sind alle Werk-
künste in Bewegung gesetzt worden. Das schwedische Kunsthand-
werk hat an der seit den neunziger Jahren einsetzenden allgemeinen
Erneuerung des germanischen Kunsthandwerks rüstig teilgenommen
und auf allen Gebieten, in Hausrat und Keramik, in Weberei, in
Metallarbeiten, in Buchkunst, hohe Qualitätsleistungen hervor-
gebracht. Führend sind auch hier die Künstler gewesen; von Archi-
tekten, Bildhauern, Malern rühren die richtunggebenden Werke her;
von ihnen hat das Handwerk den Anstoß empfangen. Ein aus-
gebildeter Sinn für Gediegenheit in Material und Arbeit, Neigung zu
breiter und bequemer Eleganz und Freude an festlicher Wirkung
können etwa als charakteristische Züge der modernen dekorativen
Kunst Schwedens bezeichnet werden. Über die Landesgrenzen hin-
 
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