Dürers Lebensgeschichte
Herbergen. Auf der Schule hat er, wie er selbst bezeugt, nichts anderes
als Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt; desto größere Achtung muß
man vor der Fülle der Kenntnisse haben, die er sich auf seinen Wander-
schaften durch Umgang und gut auswählende Lektüre aneignete. Im
Lateinischen, das zu Dürers Lebzeiten noch die unbestrittene Grundlage
aller höheren Bildung war, scheint er indessen über die Aneignung einiger
feststehender Auödrucksformeln nicht hinauögekommen zu sein.
Der natürlichste Lebensgang war für den Sohn eines Goldschmieds
der, daß er ebenfalls in die Werkstatt des Vaters eintrat; etwas von
metallischer Schärfe des Umrisses, vondemVerantwortlichkeitSgefühl, das
der Umgang mit meist kostbarem Material erzog, ist seiner Arbeitsweise
wohl bis in die spätesten Jahre treu geblieben. Sehr groß war der Sprung
nicht, der den anstelligen lerneifrigen Knaben von der Goldschmiedslehre
zur Malerei führte: das Zeichnen, das Entwerfenkönnen wurde ja auch
vom Kunsthandwerker verlangt. Einigen Widerstand gab es freilich bei
dem vorsorglichen Vater zu besiegen, den »die mit der Goldschmiedlehre
vertane Zeit reute«. Vielleicht durch Vermittlung des Paten Anthoni
Koberger, eines Buchdruckers, der wenige Jahre später die noch heute
auf vielen Bibliotheken bewahrte, mit einer Fülle von Holzschnitten ge-
zierte Schedelsche Weltchronik herauögab, kam der Fünfzehnjährige am
zo. November 1486 in die Werkstatt des Meisters Michael Wolgemut.
Es war dies der größte Betrieb, den die aufblühende Stadt damals auf
dem Gebiete der Malerei aufweisen konnte. Meister Michael war wohl
mehr ein Großunternehmer der Malerei als ein Künstler von ausgeprägtem
Stilwillen; die stärkste Persönlichkeit der Werkstatt glaubt man in Wil-
helm Pleydenwurff, dein Sohn des farbig kraftvollen und im Ausdruck
dramatisch starken Hans Pleydenwurff, zu erkennen. Auch außerhalb
der Werkstatt gab es für einen »Malerknaben«, wie man damals sagte,
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Herbergen. Auf der Schule hat er, wie er selbst bezeugt, nichts anderes
als Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt; desto größere Achtung muß
man vor der Fülle der Kenntnisse haben, die er sich auf seinen Wander-
schaften durch Umgang und gut auswählende Lektüre aneignete. Im
Lateinischen, das zu Dürers Lebzeiten noch die unbestrittene Grundlage
aller höheren Bildung war, scheint er indessen über die Aneignung einiger
feststehender Auödrucksformeln nicht hinauögekommen zu sein.
Der natürlichste Lebensgang war für den Sohn eines Goldschmieds
der, daß er ebenfalls in die Werkstatt des Vaters eintrat; etwas von
metallischer Schärfe des Umrisses, vondemVerantwortlichkeitSgefühl, das
der Umgang mit meist kostbarem Material erzog, ist seiner Arbeitsweise
wohl bis in die spätesten Jahre treu geblieben. Sehr groß war der Sprung
nicht, der den anstelligen lerneifrigen Knaben von der Goldschmiedslehre
zur Malerei führte: das Zeichnen, das Entwerfenkönnen wurde ja auch
vom Kunsthandwerker verlangt. Einigen Widerstand gab es freilich bei
dem vorsorglichen Vater zu besiegen, den »die mit der Goldschmiedlehre
vertane Zeit reute«. Vielleicht durch Vermittlung des Paten Anthoni
Koberger, eines Buchdruckers, der wenige Jahre später die noch heute
auf vielen Bibliotheken bewahrte, mit einer Fülle von Holzschnitten ge-
zierte Schedelsche Weltchronik herauögab, kam der Fünfzehnjährige am
zo. November 1486 in die Werkstatt des Meisters Michael Wolgemut.
Es war dies der größte Betrieb, den die aufblühende Stadt damals auf
dem Gebiete der Malerei aufweisen konnte. Meister Michael war wohl
mehr ein Großunternehmer der Malerei als ein Künstler von ausgeprägtem
Stilwillen; die stärkste Persönlichkeit der Werkstatt glaubt man in Wil-
helm Pleydenwurff, dein Sohn des farbig kraftvollen und im Ausdruck
dramatisch starken Hans Pleydenwurff, zu erkennen. Auch außerhalb
der Werkstatt gab es für einen »Malerknaben«, wie man damals sagte,
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