Die Zeichnungen Albrecht Dürers
Ze Zeichnerhand des Nürnberger Meisters ist die eines emsigen
Schönschreibers, der die Form blitzschnell umfaßt, sie dann ge-
wissenhaft und mit harter Mühe nachgestaltet, der jeder in seiner Zeit
möglichen Technik mit feinster Einfühlung nachgeht und doch der Tech-
nik seine persönliche Aussage bestehlt. Er dient dem Erblickten, er bannt
die Wesenheit des Gesehenen auf das Papier, und er gibt, bisweilen in
der Form eines eigenwilligen Schnörkels, noch einen Gruß von Albrecht
Dürers Auge dem Blatte mit auf den Weg. In den schönsten seiner
Blätter ist es wohl die Abwesenheit von Verpflichtungen, die dem Er-
zeugnis seiner Hand die von heutigen Kennern so gern gepriesene Über-
legenheit gibt über das, was er gemalt, gestochen und auf den Holzstock
gezeichnet hat. So ein Blatt brauchte in keiner Kirche zu hängen, konnte
der gnädigen Billigung des Buchdruckers entbehren und mußte nicht
wie ein Kupferstich eckenrein vollendet sein. Dürer atmet hier am freiesten.
Aus manchen und vielleicht nicht den schlechtesten dieser Zeichnungen
spricht eine Selbstgefälligkeit, der wir bei diesem schwer Ringenden dank-
bar sein sollten. Sie erhielt ihn bei Kräften. Vielleicht dämmerte bei ihm
auch gelegentlich die Erkenntnis, daß er mit der Zeichnung eigentlich schon
sein Bestes gegeben, sein Pulver verschossen hätte und daß, was nachher
noch kam, zwar köstlich, aber eben Mähe und Arbeit sein würde. In
seiner Kunst ist häufig der Brautstand schöner als die Ehe.
Erstaunlich ist die Reichhaltigkeit der handwerklichen Behelfe. Wir
finden die Zartheit des Metallstiftö, die Feder, den Spitzpinsel, den Tusch-
pinsel, lavierende Wasserfarbe, Deckfarbe, schwarze Kreide und Kohle.
Ost werden farbige, besonders präparierte Papiere bevorzugt, wie das be-
rühmte blaue Papier der venezianischen Zeit, bisweilen steigt das Kunst-
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Ze Zeichnerhand des Nürnberger Meisters ist die eines emsigen
Schönschreibers, der die Form blitzschnell umfaßt, sie dann ge-
wissenhaft und mit harter Mühe nachgestaltet, der jeder in seiner Zeit
möglichen Technik mit feinster Einfühlung nachgeht und doch der Tech-
nik seine persönliche Aussage bestehlt. Er dient dem Erblickten, er bannt
die Wesenheit des Gesehenen auf das Papier, und er gibt, bisweilen in
der Form eines eigenwilligen Schnörkels, noch einen Gruß von Albrecht
Dürers Auge dem Blatte mit auf den Weg. In den schönsten seiner
Blätter ist es wohl die Abwesenheit von Verpflichtungen, die dem Er-
zeugnis seiner Hand die von heutigen Kennern so gern gepriesene Über-
legenheit gibt über das, was er gemalt, gestochen und auf den Holzstock
gezeichnet hat. So ein Blatt brauchte in keiner Kirche zu hängen, konnte
der gnädigen Billigung des Buchdruckers entbehren und mußte nicht
wie ein Kupferstich eckenrein vollendet sein. Dürer atmet hier am freiesten.
Aus manchen und vielleicht nicht den schlechtesten dieser Zeichnungen
spricht eine Selbstgefälligkeit, der wir bei diesem schwer Ringenden dank-
bar sein sollten. Sie erhielt ihn bei Kräften. Vielleicht dämmerte bei ihm
auch gelegentlich die Erkenntnis, daß er mit der Zeichnung eigentlich schon
sein Bestes gegeben, sein Pulver verschossen hätte und daß, was nachher
noch kam, zwar köstlich, aber eben Mähe und Arbeit sein würde. In
seiner Kunst ist häufig der Brautstand schöner als die Ehe.
Erstaunlich ist die Reichhaltigkeit der handwerklichen Behelfe. Wir
finden die Zartheit des Metallstiftö, die Feder, den Spitzpinsel, den Tusch-
pinsel, lavierende Wasserfarbe, Deckfarbe, schwarze Kreide und Kohle.
Ost werden farbige, besonders präparierte Papiere bevorzugt, wie das be-
rühmte blaue Papier der venezianischen Zeit, bisweilen steigt das Kunst-
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