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Dümichen, Johannes [Hrsg.]
Die Flotte einer aegyptischen Koenigin aus dem XVII. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung und altaegyptisches Militair im festlichen Aufzuge auf einem Monumente aus derselben Zeit abgebildet: nebst einem Anhange enthaltend ... als ein Beitrag zur Geschichte der Schifffahrt und des Handels im Alterthume — Leipzig, 1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.3523#0036
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ERLÄUTERUNGEN ZU DEN TAFELN DIESES WERKES.

In dem äusserster*<iWinkel des von den Arabern El-Assasif genannten Felsenthales, zwischen Qurnah und den Königsgräbern mitten
inne in grader Richtung dem grossen Tempel von Karnak gegenüber, und ehemals wohl mit diesem verbunden durch eine breite, von
Widdersphinxen eingefasste Processionsstrasse, hie und da noch heute ganz deutlich zu erkennen, welche vom Thale bis zum Ufer des Stromes
führte, und dann auf der anderen Seite sich bis zu den Palästen von Karnak fortsetzte, erhebt sich, in vier Terrassen übereinander, eine als
einzig in ihrer Art dastehende Tempelanlage, welche im XVII. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung von einer ägyptischen Königin, der
macht- und glanzvoll regierenden Schwester Thutmosis III. angelegt worden. Der-el-baheri ist der heutige Name. So Hess ein kopti-
sches Kloster, welches man hier später in die Königlichen Hallen hineinklebte, zn dessen Aufbau man freventlich die Säulen und Pfeiler des
altägyptischen Heiligthums niederriss, und das jetzt mit seinen verfallenen Lehmwänden auf der obersten Terrasse die stehengebliebenen
Mauern des alten Prachtgebäudes auf das Entsetzlichste verunziert. Die unmittelbare Fortsetzung der grossen Strasse, die durch das von Felsen
eingeschlossene Thal sich hinzieht, ist ein breiter, sanft emporsteigender Weg, welcher die ganze Tempelanlage bis zur vierten Ter-
rasse in zwei gleiche Hälften theilt. Dieser Weg endet mit einem Thore aus rothem Granit, durch welches man in die verschiedenen Räume
auf der vierten Terrasse gelangt, von denen aus man dann, in grader Richtung dem rothen Granitthore gegenüber, durch ein anderes, aus
demselben Gestein gearbeitetes, in ein kleines Felsengewölbe eintritt, welches, laut den Inschriften, dem König Thutmosis I. und seiner Ge-
mahlin A ahm es gewidmet war. Seltsamerweise hat hier im zweiten Jahrhundert v. Chr., und zwar, wie aus den Inschriften hervorgeht,
unter Ptolomäus Euergetes IL und seiner Königlichen Schwester und Gemahlin Cleopatra, also etwa 1450 Jahre nach der Grün-
dung dieses Baues, ein Thebanischer Basilicogrammat, Namens Amenhotep, an der Eückwand des Felsengewölbes eine weitere Aus-
höhlung des Gebirges vorgenommen, und sich in demselben seine Grabkammer herstellen lassen. Die Inschriften dieses Raumes, zwar höchst
interessanten Inhaltes zum Theil, bilden jedoch wegen ihrer ungemein schlechten Ausführung den grellsten Contrast zu den so herrlichen
Darstellungen der Thutmosishallen, die, meines Erachtens, unter den uns erhaltenen Monumenten an Vollendung ihres Gleichen nicht haben
im ganzen Nilthale. Wie die vierte Terrasse mit der ebenerwähnten Felsenhalle abschliesst, so befinden sich ganz ebenso auch auf der dritten,
an den beiden äussersten Endpunkten, rechts und links, ähnliche Felsengewölbe, dort aber in bedeutend grösseren Dimensionen. Den Glanz-
punkt dieses in den reinsten Verhältnissen angelegten, und in allen seinen Theilen mit der vollendetsten Meisterschaft ausgeführten Baues
bilden die Wandsculpturen einer der Colonnaden auf der dritten Terrasse, und zwar der dem Mittelwege zunächst gelegenen, beim Aufsteigen
linker Hand. Es ist eine nach der Ostseite hin offene Halle, getragen von 22 Pfeilern, je 11 in einer Reihe, 102 Fuss breit und 26 Fuss
tief, als deren Rückwand auch hier wieder das unmittelbar anstossende, für die feinen Sculpturen so vorzüglich geeignete Kalksteingebirge
benutzt ist. Ein grosser Theil der Darstellungen, die ich auf den Tafeln des vorliegenden Werkes zur Mittheilung bringe, ist den Wänden
der erwähnten Halle entnommen. Ich begnüge mich heute mit einer kurzen Erläuterung des hier gegebenen Materiales. Eine eingehende
Interpretation und die daraus gewonnenen Resultate werde ich im zweiten Theil des Werkes bringen, welcher ausserdem eine weitere Samm-
lung von Texten, die auf die Schifffahrt der Aegypter Bezug haben, enthalten soll.

Die ersten drei der hier mitgetheilten Tafeln geben uns in Bild und Schrift die Verherrlichung einer von Aegypten aus nach Arabien
unternommenen Seeexpedition, und zwar, wie mir aus den Inschriften hervorzugehen scheint, einer Expedition, die durchaus friedlicher Natur
war. Die mehrfach ausgesprochene Behauptung, dass die alten Aegypter, weil ihnen das Meer typhonisch gewesen, ihre Schiff fahrt auf den
Nil beschränkt, und Seereisen nicht unternommen, wird, meine ich, durch diese Darstellungen aufs Glänzendste widerlegt. Ja, es scheint
vielmehr aus monumenalen Nachrichten, wie die vorliegenden, beinahe eher hervorzugehen, dass auch nach dieser Seite hin die Aegypter den
Völkern des Alterthums die Lehrmeister waren. Jedenfalls finden wir in unserem Gemälde, welches dem XVH. Jahrhundert v. Chr. angehört,
also in einer Zeit, in der wir über die grössten Seefahrer des Alterthums, die Phönizier, absolut noch nichts Sicheres wissen, die Aegypter
bereits auf Seereisen in den ihr Land begrenzenden Meeren, und die der bildlichen Darstellung beigegebenen Inschriften dürften die ältesten,
b' 'etzt nachweisbaren Seeurkunden sein. Die Expedition ist nach dem Punierlande gerichtet, d. h. nach den Ländern an der Küste
d rothen Meeres auf'der arabischen Seite, in denen die Phönizier sassen, bevor sie am Mittelmeere sich niederliessen.

Tafel I. zeigt uns fünf Schiffe der ägyptischen Flotte, von denen zwei bereits gelandet, und drei im Momente der Ankunft dar-
11t sind nebst einem Kahne, der" mit Stricken an einen am Ufer stehenden Baum befestigt ist. Die grosse Mannigfaltigkeit in der Com-
T dieses Gemäldes, wie der nächst folgenden, die Sauberkeit in der Ausführung des Detail, die Lebhaftigkeit und Naturwahrheit in der
D t 11 ns der handelnden Personen, man beachte z. B. auf Tafel I. und HI. die mit dem Segel des Schiffes beschäftigten Matrosen und
d d n Ruderern zurufenden Capitän auf einer der Königlichen Barken der Tafel V., alles dies bekundet eine Meisterschaft der Künstler in
■ ' 7 't wie sie vorher in Aegypten niemals bestand, und ebensowenig nachher jemals wieder erreicht worden ist. Wiewohl ich beim Nehmen
rl P ' n Ort und Stelle mit der grössten Sorgfalt zu Werke gegangen, und dann, bei der Wiedergabe der einzelnen Darstellungen, sechs
M t 1 unausgesetzt den auf meinem Zimmer arbeitenden Zeichner beaufsichtigte, den ich mir, beiläufig bemerkt, für diese Arbeiten
1 musste und wiewohl ich ebenso bemüht gewesen bin, dieses Werk, dessen Herstellung mich nahe an 1500 Rthlr. aus eigener

m , , , , würdie als möglich auszustatten, so ist doch das, was ich zu.--bieten vermag, immer nur eine höchst bescheidene Autographie,
• , . , versucht habe zu leisten, was eben durch Autographie geleistet werden kann, die aber mit einem durch Lithographie her-

gestellten Prachtwerke natürlich den Vergleich nicht aushält. Herrn Mariette-Bey, dem so bedeutende Mittel zu Gebote stehen, wird es
nicht schwer fallen auf Kosten Sr. Hoheit des Vice-Königs Ismael-Pascha in Lithographie und Farbendruck uns das Ganze in der-
selben überraschenden Schönheit vorzuführen, als es auf dem Monumente den Blicken des Beschauers entgegentritt. Bis dahin möge die nach
besten Kräften eines unbemittelten und unbesoldeten Privatgelehrten veranstaltete Publikation Ersatz bieten, und auch selbst dann noch hoffe
ich, dass meine speciell der »Geschichte der Schifffahrt und des Handels im Alterthums gewidmete Arbeit neben der des Herrn

Dümichen, Bericht.
 
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