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Durm, Josef
Handbuch der Architektur (Theil 2, Die Baustile ; Bd. 2): Die Baukunst der Etrusker, die Baukunst der Römer — Darmstadt, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.2021#0070
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Klein-Pilafter-Stellung gegliedert. Die korinfhifirenden Kapitelle haben blaue Voluten-Augen, rothe Blatt-
rippen und eine blaue Mittelblume mit gelbem Fruchtboden. Die Canneluren der Pilafter find hochroth,
die Aftragale und Plättchen der Bafen blau, der Sockel rothgelb, die Schäfte weifs. Den 25 cm breiten
Raum zwifchen den Pilaftern, der braunroth gefärbt ift, füllen Schilde und violette Relief-Rofetten mit
gelbem Fruchtboden und blauen Kreuzblättern mit apfelgrünen Blattfpitzen. Die Umriffe aller Theile find
fchwarz umrändert. Die Architrav-Leifte über den Pilaftern ift zweitheilig und trägt oben eine Infchrift;
darunter fchmücken fie abwechfelnd roth und blau gemalte, eiförmige Blätter mit gelben Spitzen und
weifsen Rändern.

Der grofse, 1870 in Corneto gefundene Alabafter-Sarkophag (jetzt ebenfails<fc Florenz) zeigt auf einer
feiner Langfeiten und auf den beiden Schmalfeiten ausgezeichnet fchön ausgeführte Malereien: Amazonen-
Kämpfe in vollendeter Ausführung, Köpfe, Waffen und Gewänder, herrlich gezeichnet und gefärbt5ä).

Auch bei den Peruginer und Chiufiner Afchenkiften ift die Bemalung durchweg erhalten; glänzend
mufs in diefer Hinficht die Wirkung des grofsen Volumnier-Grabmales gewefen fein, bei dem Malerei und
farbige Plaftik vereint zu treffen waren.

Das jedenfalls glänzend ausgeftattete Innere der Tempel-Cella wurde durch bis 53-
zum Architrav reichende Thüröffnungen erhellt (vergl. Sarkophag in Perufia, Relief rempelCell:
des Juppiter Capitolinus in Rom); die Thürflügel auf diefen Reliefs zeigen das
Princip der geftemmten Arbeit mit Rahmen und Füllungen, wie es auch an den
Metallthüren zu finden ift.

Vor Hypaithral-Tempeln fchützt uns das pofitive Zeugnifs Vitruv's: »Ein Bei-
fpiel von folchen findet fich in Rom nicht« (Lib. III, 2). Deffen ungeachtet
wird aber der Tempel des Juppiter Capitolinus mit Vorliebe hypaithrifch reconftruirt
(vergl. Hittorf, Ferguffon etc.), und zwar auf Grund einiger Notizen von Schriftftellern
und Dichtern.

Die bezügliche Stelle bei Ovid (fafles II, 667) lautet:

» Terminus, ut veteres meviorant, conventus in aede
Reßitit et magno cum Jove templa tenet,
Nunc quoque, fe fupra ne quid niß ßdera cernat,
Exiguum templi tecta foranien habet.«

»Exiguum forajnen« heifst aber eine unverhältnifsmäfsig kleine Oeffnung und ift wohl mehr eine
rituale Spielerei gewefen, als eine architektonifch ausgefprochene Einrichtung des Tempels.

Servius (ad Aeneid. IX, 448) fchreibt: »Unde in capitolio prona pars tecti patet«. Die »prona pars«
ift aber die geneigte Dachfläche; in diefer befindet fich die Oeffnung, da dem Terminus nicht die mittlere
Cella geweiht war; mithin kann auch bei diefer nicht von einer hypaithrifchen Einrichtung im Sinne
Vitruv's die Rede fein. Lactantius (Infi. div. I, 20, 40) und Feflus (de Verb. fig. L, XVIII) beftätigen
nur die Oeffnung im Dache aus dem bei Allen gleichen Grunde, dafs dem Terminus nur «fub divo« hätte
geopfert werden dürfen. Die genannten Reconftructionen entfprechen den einfachen, klaren Textworten
der angeführten Schriftfteller oder deren Sinn nicht.

Wollte man eine Beleuchtung des Tempels durch Metopen annehmen, d. h.
durch den offen gelaffenen Raum zwifchen den Deckenbalken — abgefehen von allen
hieraus fich ergebenden, conftructiven und formalen Inconvenienzen — fo dürfte
man nicht vergeffen, dafs jene fich unter dem weit ausladenden Hauptgefimfe ver-
fteckt hätten und dafs deren Gröfse von der Gröfse der Deckenbalken abhängen
würde. Geben wir bei einem mittelgrofsen Tempel den Deckenbalken das grofse
Höhenmafs von 30 bis 45 cm, fo ift diefes für ein Lichtfenfter fehr gering, und
geben wir den Balken Höhenmafse, wie fie ein Lichtfenfter unter den gegebenen
Verhältniffen brauchte, fo muffen wir die Balkenhöhen in das Abenteuerliche fteigern.
Ein Grund mehr, um die Triglyphen nicht als Stirnbretter von Holzdeckenbalken v,
anzufehen und deren Ableitung aus einer Holz-Conftruction abzulehnen.

5'2) Ein vortreffliches Bild der Malereien auf dem Sarkophage in Corneto, welches dem Original wenig nachfteht, geben
die Farbdrucktafeln in: The Journal of Hellene Studies 1883, PI. XXXVI, XXXVII u. XXXVIII.
 
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