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Schreiber, Wilhelm Ludwig [Oth.]
Meisterwerke der Metallschneidekunst (Band 41,1): Die Schrotblätter in Danzig, Königsberg, Pelplin, Riga — Straßburg: J.H.Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.61628#0015
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DANZIG.

Die auf den ersten fünf Tafeln abgebildeten Blätter
kleben in Bänden, die seit alters Eigentum der St Marien-
kirche sind. Diese ursprünglich katholische, seit dem
16. Jahrhundert aber protestantische Pfarrkirche darf sich
rühmen, eine der ältesten deutschen Bibliotheken zu be-
sitzen. Sie wurde schon zu Anfang des 15. Jahrhunderts
von dem Pfarrherrn A. v. Slommow mit Unterstützung
seines Kaplans H. Calow zum Besten der Danziger Prie-
sterschaft gestiftet. Im vergangenen Jahre hat man jedoch
den aus mehreren hundert Bänden bestehenden Bücher-
schatz der Danziger Stadtbibliothek zur Aufbewahrung
und sachgemäßen Erhaltung überwiesen. Auf die zumeist
ganz außerordentlich wichtigen Kunstblätter, die sich in
einigen Bänden dieser alten Büchersammlung eingeklebt
finden, hat zuerst C. Benj. Lengenich in einem 1790 an-
gefertigten handschriftlichen Katalog aufmerksam gemacht.
1. Messe des hl. Gregor.
Wir haben es hier mit einer Arbeit des Monogram-
misten b, eines der hervorragendsten Metallschneider jener
Zeit, zu tun. Bouchot war der erste, der die Blätter die-
ses Meisters, soweit sie sich im Pariser Kabinett befin-
den, zusammenstellte und ihm die Nrn. 2256, 2306, 2407,
2481, 2508, 2716 meines Manuel sowie den mir fehlen-
den «Leidensweg» (Bouchot 24) zuschrieb. Ob der von
F. Traugott Schulz in Bd. 13 dieser Sammlung (bei
Tf. 12) angeregte Einspruch zutrifft, daß nicht 2508, son-
dern 2509 eine Arbeit unseres Meisters sei, bedarf doch
wohl noch weiterer Untersuchung, dagegen kann ich der
Ansicht Molsdorfs (Heft 114 der Studien zur deutschen
Kunstgeschichte, S. 47), daß die Nr. 2716 kein Original
sondern eine Kopie sei, ohne weiteres beipflichten. Der
letztere hat auch mit Recht die Nrn. 2207, 2346, 2353

und 2375 für unseren Meister in Anspruch genommen.
Geisberg hat dann in Bd. 22 dieser Sammlung (S. 22
und 23) ihm eine noch größere Anzahl von Blättern, meist
im Wiener Kabinett befindlich, zugeschrieben, wozu ich
mich jedoch nicht äußern kann, da mir nur von wenigen
derselben Nachbildungen vorliegen. Unbedingt muß ich
ihm aber darin zustimmen, daß das vorliegende Blatt
unserem Meister angehört, und dieses ist insofern das
wichtigste von allen, als der Engel oben rechts eine In-
schrift in den Händen hält, aus der wir annähernd die
Heimat des Künstlers ermitteln können. Geisberg hat
durch einen Fachmann in Erfahrung gebracht, daß es sich
um eine Mundart handelt, die sich auf den äußersten
Strich von Niederländisch-Limburg, das benachbarte
deutsche Grenzgebiet und die äußersten Teile der rechts-
rheinischen Niederlande einschließlich eines schmalen
westfälischen Zipfels beschränkte. Wahrscheinlich lebte
er aber nicht auf niederländischem, sondern deutschem
Boden. Eine sehr interessante, große Arbeit von seiner
Hand, die bisher noch nirgends erwähnt wurde, ein hl.
Christoph (305:225 mm), kam im Mai 1912 auf einer
Gutekunstschen Auktion (Nr. 38) zur Versteigerung. —
Seine Technik unterscheidet sich insofern erheblich von
der zu seiner Zeit im allgemeinen üblichen, als er seine
Blätter fast nur mit Messer, Schaber und Stichel aus-
führte, von Punzen aber nur zur Umrandung, der er gern
ein perlenartiges Aussehen gab, Gebrauch machte. Die
Gewänder seiner Figuren erinnern daher zuweilen lebhaft
an die Arbeiten einzelner Kupferstecher, wie die des Mei-
sters der Liebesgärten. Es versteht sich von selbst, daß
die Arbeiten eines so hervorragenden Künstlers vielfach
mehr oder weniger getreu nachgeahmt wurden, und in
den Nrn. 2650 und 2652 sind uns tatsächlich zwei Ko-
pien nach dem vorliegenden Blatt erhalten. 300 : 220.
 
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