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Eggers, Friedrich; Eggers, Karl
Christian Daniel Rauch (Band 1) — Berlin, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.43146#0072
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Reise nach Rom, 1804—1805.

den kleinen Fluß, der durch die Stadt in die Rhone fällt, ziehen das
Auge unwillkürlich an. In römischer Zeit muß Vienne noch einmal
so groß gewesen sein; denn unterhalb der Stadt, noch eine halbe Stunde,
ist alles voll von Mauern, Gewölben, Gräbern*) in Stücken, Thürmen;
der Stadt gegenüber, über die Rhone, spült das Wasser eine ganze halbe
Stunde lang in die Zimmer und Wohnungen der alten römischen
Bewohner. Weit unten, auf dem linken Ufer steht noch eine Pyramide,
wo ehedem der Marktplatz war, und täglich finden sich noch Effecten
und Gräber in den Weinbergen. Ein Antikensammler müßte hier recht
in seinem osso sein."
„In Condieu, wo der schöne weiße und rothe Wein wächst, waren
wir zu Mittag. Wir wollten noch nach Balance und es wurde Nacht.
Der Mond schien aber so hell, daß wir ohne Anstrengung die Karte
studiren konnten, und fuhren nach Tournon. Mir schiens in dem Augen-
blick wie die Pforte ins Land der Freude. Rechts war finstere Nacht;
hier öffnete sich die weite Ebene vor Balance. Die Lichter erleuchteten
die stillen Häuser, kein Laut war zu hören. So recht gemacht war
dieser Augenblick dazu, das Angenehme und Schöne des Moments zu
genießen, um ihn für die Lebenszeit sestzuhalten und in die Reihe der
wenigen zu stellen, die uns in jeder Situation, wo sie uns vor die
Seele treten, neue Lebenskraft und Frohheit geben."-
„Den 18. gings vor dem Aufgang der erwärmenden Sonne auf
der schnellen Rhone herunter. Manch Schloß, manchen alten Thurm,
hätte ich gern näher gesehen und in seinen Mauern Tage verlebt.
Auch schade, daß wir nicht eine kleine Exkursion links nach dem eine
Stunde weit entfernten Orange machen konnten! Hier steht noch ein
Triumphbogen des Marius.**) Wir fuhren nun auf der wilden, viel-
ufrigen Rhone im schnellsten Lauf dem von der Abendsonne schön beleuch-
teten Avignon zu. Der Dom scheint die Hälfte der Stadt zu sein; er

*) Daß ursprünglich geschriebene „Grabmalen" ist in „Gräbern" verändert.
**) Der große dreithorigc Ban ist ans später Zeit, etwa dem 2. Jahrhundert n.
Lhr. Aber er wird noch heute der Bogen des Marins genannt; solche Bencnnnngen
sitzen fest,
 
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