54
Schwäbisch Gmünd bis zum Untergang der Staufer
Gamundia genannt, was der Chronist — wie schon die Gmünder Überlieferung des
ausgehenden 15. Jahrhunderts — ableitet von Gaudia mundi, freud der weit, auf-
grund der am »Turniergraben« abgehaltenen staufischen Turniere und Ritterspiele.
In einer bayerischen Chronik des 15. Jahrhunderts liest man von einem Hoftag, den
Kaiser Friedrich I. 1180 in Gmünd abgehalten habe, als es um die Absetzung Herzog
Heinrichs des Löwen ging. Einer anderen Überlieferung zufolge haben 1164 die
Gebeine der Heiligen Drei Könige auf ihrem Weg von Mailand nach Köln für eine
Nacht in der Gmünder Grät geruht.6 Auch das ausgedehnte Jagdrevier der Freien
Pirsch und das Stadtwappen, das weiße Einhorn im roten Feld, wollte man den Stau-
fern verdanken. Als Zeugnisse für späteres reichsstädtisches Selbstbewußtsein und
Selbstverständnis, das getragen war vor allem von der städtischen Oberschicht,
behalten diese Überlieferungen ihren Wert, als Quellen für die Erforschung der
Stauferzeit selbst sind sie kaum zu gebrauchen. Stauferzeit — goldene Zeit, aber
gerade die leuchtkräftigsten Farben in dem nostalgisch getönten Bild vom staufi-
schen Lustort Gaudia mundi stammen sicher nicht aus der Werkstatt der Klio.
Und die historische Forschung? Gewiß hat das Stauferjahr 1977 mit seinen vielfa-
chen Aktivitäten für die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Geschichte des
engeren »Stauferlandes« Impulse gebracht — auch für die Erforschung der Frühge-
schichte der Stauferstadt Schwäbisch Gmünd.7 Nach wie vor jedoch gelten hier die
Fragen: Wann ist die Stadt gegründet worden? Wer hat sie gegründet? Wie hat man
sich den Gründungsvorgang zu denken? Welche Absichten verfolgte der Gründer?
Welchen Umfang besaß die neugegründete Stadt? Hinzu kommt die vielschichtige
Frage nach der Stadt als Lebensraum, nach ihren Bewohnern; gehört doch der Über-
gang von der ländlichen zur städtischen Siedlungsweise zu den folgenschwersten
Veränderungen in den Lebensformen einer Kultur. Der Zugang zu solchen im Detail
oft schwer zu fassenden Problemen ist nicht möglich ohne Auseinandersetzung mit
den einschlägigen Quellen.
Die Lorcher Urkunde
Wie bei den meisten Städten, so fehlt auch für Schwäbisch Gmünd ein »Gründungs-
brief« im eigentlichen Sinn des Wortes, aus dem hervorginge, wie und wann die
Stadt entstanden ist. Deshalb sind wir auch hier auf Urkunden angewiesen, die zufäl-
lig einen Hinweis enthalten, der es erlaubt, auf die Existenz eines städtischen
Gemeinwesens zu schließen. Für Gmünd liegt ein solches Dokument vor in einer im
15. Jahrhundert entstandenen Abschrift einer Urkunde oder vielmehr einer erzäh-
lenden Traditionsnotiz des Abtes Kraft von Lorch aus dem Jahr 1162.8 Da das
Schwäbisch Gmünd bis zum Untergang der Staufer
Gamundia genannt, was der Chronist — wie schon die Gmünder Überlieferung des
ausgehenden 15. Jahrhunderts — ableitet von Gaudia mundi, freud der weit, auf-
grund der am »Turniergraben« abgehaltenen staufischen Turniere und Ritterspiele.
In einer bayerischen Chronik des 15. Jahrhunderts liest man von einem Hoftag, den
Kaiser Friedrich I. 1180 in Gmünd abgehalten habe, als es um die Absetzung Herzog
Heinrichs des Löwen ging. Einer anderen Überlieferung zufolge haben 1164 die
Gebeine der Heiligen Drei Könige auf ihrem Weg von Mailand nach Köln für eine
Nacht in der Gmünder Grät geruht.6 Auch das ausgedehnte Jagdrevier der Freien
Pirsch und das Stadtwappen, das weiße Einhorn im roten Feld, wollte man den Stau-
fern verdanken. Als Zeugnisse für späteres reichsstädtisches Selbstbewußtsein und
Selbstverständnis, das getragen war vor allem von der städtischen Oberschicht,
behalten diese Überlieferungen ihren Wert, als Quellen für die Erforschung der
Stauferzeit selbst sind sie kaum zu gebrauchen. Stauferzeit — goldene Zeit, aber
gerade die leuchtkräftigsten Farben in dem nostalgisch getönten Bild vom staufi-
schen Lustort Gaudia mundi stammen sicher nicht aus der Werkstatt der Klio.
Und die historische Forschung? Gewiß hat das Stauferjahr 1977 mit seinen vielfa-
chen Aktivitäten für die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Geschichte des
engeren »Stauferlandes« Impulse gebracht — auch für die Erforschung der Frühge-
schichte der Stauferstadt Schwäbisch Gmünd.7 Nach wie vor jedoch gelten hier die
Fragen: Wann ist die Stadt gegründet worden? Wer hat sie gegründet? Wie hat man
sich den Gründungsvorgang zu denken? Welche Absichten verfolgte der Gründer?
Welchen Umfang besaß die neugegründete Stadt? Hinzu kommt die vielschichtige
Frage nach der Stadt als Lebensraum, nach ihren Bewohnern; gehört doch der Über-
gang von der ländlichen zur städtischen Siedlungsweise zu den folgenschwersten
Veränderungen in den Lebensformen einer Kultur. Der Zugang zu solchen im Detail
oft schwer zu fassenden Problemen ist nicht möglich ohne Auseinandersetzung mit
den einschlägigen Quellen.
Die Lorcher Urkunde
Wie bei den meisten Städten, so fehlt auch für Schwäbisch Gmünd ein »Gründungs-
brief« im eigentlichen Sinn des Wortes, aus dem hervorginge, wie und wann die
Stadt entstanden ist. Deshalb sind wir auch hier auf Urkunden angewiesen, die zufäl-
lig einen Hinweis enthalten, der es erlaubt, auf die Existenz eines städtischen
Gemeinwesens zu schließen. Für Gmünd liegt ein solches Dokument vor in einer im
15. Jahrhundert entstandenen Abschrift einer Urkunde oder vielmehr einer erzäh-
lenden Traditionsnotiz des Abtes Kraft von Lorch aus dem Jahr 1162.8 Da das