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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Editor]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0084
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Voraussetzungen der Gründung

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deren später bezeugte zahlreiche Vorzugsrechte bereits in staufische Zeit zurückrei-
chen: Verleihung von Privilegien, ein stets bewährtes Mittel konsequent betriebener
Territorialpolitik.
In diesem Zusammenhang seien zwei weniger bekannte, aus den spätmittelalter-
lichen Rechtsverhältnissen des Gmünder Raumes jedoch schon für die Zeit der Stau-
fer zu erschließende Einrichtungen genannt: die Freie Pirsch und die Waibelhube.
Bei der Freien Pirsch handelt es sich um den ausgedehnten Jagdbezirk der Stadt
Schwäbisch Gmünd nördlich und südlich der Rems zwischen Forch und Aalen.32
Westlich davon befand sich der noch größere Schorndorfer Forst. Seine späteren
Besitzer, die Grafen von Württemberg, haben im 15. Jahrhundert auch Ansprüche
auf die Freie Pirsch erhoben. Trotzdem verblieb diese bei der Reichsstadt Gmünd;
nur das Geleitrecht auch im Gebiet der Pirsch kam an Württemberg. Was den Be-
sitzanspruch auf das Jagdgebiet betrifft, so konnte sich Gmünd wohl mit besserem
Erfolg auf altes Recht berufen. Deutlich wird dieses Vorgehen in einem Privileg Kai-
ser Sigmunds, der der Stadt 1434 bestätigte, wie ain gemeine Pirße genant Muntat
umb die Stat Gemunde sey der sie auch bisher alwegen als lang dieselb Stat gestanden
ist, tzu Pirßen gebracht und genossen haben . . ,33 Nicht mehr feststellen läßt sich im
einzelnen, weder wie die spätere Reichsstadt noch wie die Grafen von Württemberg
in den Besitz der genannten Jagdgebiete gelangt sind, ob durch staufische Privile-
gien, ob durch Nachfolge de facto, ob durch Usurpation. Daß im Umkreis des
Remstals mit seiner Häufung von Königsgut und staufischem Hausgut auch das
herrschaftliche Jagdrecht, der Wildbann, in staufischer Hand gelegen hat, ist mit
Sicherheit anzunehmen.
Bei der Waibelhube handelt es sich um Freibauern mit eigener Gerichtsbarkeit.34 Der
Waibel, ihr erster und wichtigster Schöffe, hatte gleichzeitig als Fronbote zu den
Gerichtsverhandlungen einzuladen, diese vorzubereiten und für die Vollstreckung
des Urteils Sorge zu tragen. Seinen Hof nannte man die Waibelhube und übertrug
diesen Namen auf den gesamten Gerichtsbezirk: Im Fehensbuch Graf Eberhards des
Greiners von Wirtemberg aus dem 14. Jahrhundert heißt sie die Waibelhube ob
Gemunde und die Waibelhube, die vf dem walde ob Lorche gelegen ist.35 Sie umfaßte
im wesentlichen Freibauern in den Gehöften und Weilern des Welzheimer Waldes
und Freibauern in den Dörfern um Gmünd auf den Höhen und im Tal. Über die
Herkunft der Einrichtung ist bis jetzt keine Sicherheit zu gewinnen. Folgt man Karl
Weller, so handelt es sich um staufische »Rodungsfreie«, um Bauern, die den ausge-
dehnten Wäldern in der Umgebung von Gmünd Siedlungsland abgewannen und
dafür von den staufischen Fandesherren die Freiheit erhielten; die Staufer hätten sich
auf diese Weise zuverlässige Untertanen gewonnen.36 Neuerdings ist an Wellers
»Rodungsfreien-Theorie« begründete Kritik geübt worden, verständlicherweise, da
 
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