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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0111
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Gmünd im Spätmittelalter

den Städten um ihre Reichszugehörigkeit und innere Autonomie, andererseits um
die Sicherheit des durch Fehden und »Raubritter« gefährdeten Handelsverkehrs.
»Sicherung des Erreichten, Erwerb neuer Privilegien, Förderung von Handel und
Gewerbe« waren, wie Harro Blezinger feststellte, »Hauptinhalt städtischer Poli-
tik«.2 Im 15. Jahrhundert verfestigten sich die wechselnden Machtkonstellationen
zuungunsten der Städte, die sich gegen die große Koalition von König, Fürsten und
Adel nicht mehr durchsetzen konnten. Als »epochales« Ereignis kann der Städte-
krieg von 1449/50 gelten, in dem die zunehmende Verschlechterung des Verhältnis-
ses der Städte zum Adel einen Höhepunkt erreichte.
Im Bewußtsein des Adels blieben die Städte jedoch auch weiterhin adlige Mittel-
punkte, zentrale Orte einer aristokratischen Geographie. Diese bislang zu wenig
beachtete Funktion der spätmittelalterlichen Stadt hat ihre Wurzeln im Ursprung der
Städte als hochmittelalterlichen Herrschaftsmittelpunkten. Nicht übersehen sollte
man auch die wichtige Rolle, die den geistlichen Institutionen, den Kirchen, Klö-
stern und Spitälern der Reichsstadt im Rahmen der religiösen Ortsbezogenheit des
Landadels zukam.
Hinsichtlich der zahlreichen Beziehungen zwischen der Stadt und ihrer ländlichen
Umgebung fällt wohl am meisten die Tatsache ins Gewicht, daß die Mehrheit der
Handwerker und damit auch der Stadtbevölkerung bäuerlicher Herkunft war. Ein
Winzinger Bauer etwa erscheint sogar unter den nächsten Verwandten des aus einer
Handwerkerfamilie zu einem hohen Kanzleibeamten Kaiser Karls IV. aufgestiege-
nen Gmünder Notars Peter Zeiselmiiller.3 Dagegen waren für die ältere Oberschicht
Heiratsverbindungen mit dem Landadel und den Patriziaten anderer Städte4 kenn-
zeichnend. Für die zunehmende Entfremdung zwischen Adel und Bürgertum mag
auch der Wandel der reichsstädtischen Oberschicht, wie er sich im Gefolge der
Zunftunruhen und Bürgerkämpfe ergab, mitverantwortlich gewesen sein, auch wenn
die außenpolitische Kontinuität gewahrt blieb. Wenn von »den« Städten und »dem«
Adel die Rede ist, verkennt man allzuleicht, daß der wichtigste Begegnungsbereich
von Adligen und Bürgern weder am Verhandlungstisch noch auf dem Schlachtfeld
zu suchen ist, sondern in der Stadt und im städtischen Leben. Dieses vermeintlich
»private« Verhältnis der beiden Gruppen konnte nicht ohne Konsequenzen für ihr
»politisches« Verhalten bleiben.

Der König als Stadtherr
Das Verhältnis der Stadt zu ihrem Stadtherrn, dem König, läßt sich unter zwei
Gesichtspunkten beschreiben: stadtgeschichtlich als Wahrnahme überkommener
 
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