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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0221
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186

Schwäbisch Gmünd im Zeitalter der Reformation und der Gegenreformation

fen. Der Grund dafür ist, daß für die Reformation in den Städten das Zusammenspiel
dreier Faktoren entscheidend war. Zunächst war ein Pfarrer oder Prediger notwen-
dig, der entschieden für die Reformation eintrat. Gelang es einem solchen Geist-
lichen, durch seine reformatorische Predigt eine Mehrheit der Gemeinde für sich zu
gewinnen, so bildete diese den zweiten wichtigen Faktor für die Stadtreformation.
Ebenso wichtig war aber auch die dritte Komponente, die von den politisch maßge-
benden Persönlichkeiten der jeweiligen Stadt gebildet wurde. Dazu gehörten die
Leute, die die Politik der Stadt bestimmten, das Bürgermeisteramt versahen und den
Kleinen Rat besetzten. Es wird deshalb von Wichtigkeit sein, in der Reformationsge-
schichte von Schwäbisch Gmünd diese drei personalen Komponenten, nämlich Pre-
diger, Gemeinde und Obrigkeit zu beobachten.1
Das kirchliche Leben in Gmünd unterschied sich in der Zeit unmittelbar vor der
Reformation wohl wenig von dem in den übrigen Reichsstädten Schwabens. Es gab
fünf Klöster: Dominikaner, Franziskaner, Franziskanerinnen, Augustiner und das
Dominikanerinnenkloster Gotteszell. Der Rat klagte gelegentlich darüber, daß die
Klöster in ihren Räumen Wein ausschenkten und dabei auch Glücksspiele duldeten.
Der Hauptgrund für diese Beschwerde war wohl, daß die Klöster für ihren Wein-
schank kein Ungeld abführten und der städtische Fiskus damit Verluste zu erleiden
hatte. Wie anderswo auch, versuchte der Rat Einfluß auf die Verwaltung der Klöster
zu bekommen. Als 1523 der Provinzial der Augustiner in die Stadt kam, verlangte
man von ihm, die Rechnung des Klosters jährlich von städtischen Beamten prüfen zu
lassen, damit man über dessen wirtschaftliche Lage Bescheid wisse.
Das Bestreben des Rats, in geistlichen Dingen Einfluß zu gewinnen, zeigte sich in
zahlreichen Mandaten zur Hebung der Sittenzucht, dem Verbot der Gottesläste-
rung, des Zutrinkens, Fluchens, des Singens schändlicher Lieder bis zum Verbot,
während der Gottesdienste in der Kirche und insbesondere im Chor zu schwätzen
oder Unnützes zu tun, und der Anordnung eines Kreuzgangs zur Abwendung eines
Unwetters. Einzelne Geistliche lebten offenbar mit ihren Wirtschafterinnen in ehe-
ähnlichen Verhältnissen, was anscheinend nicht beanstandet, sondern als gegeben
hingenommen wurde. Immerhin bekam der Rat vom Bischof 1524 die Strafgewalt
über die Priesterschaft, nämlich das Recht, diejenigen, die sich unpriesterlich ver-
hielten, in den Turm zu legen oder nach Augsburg zu schicken.
Eine Anzahl Kaplaneipfründen hatte der Rat zu verleihen. Es versteht sich, daß für
die Stellen Bewerber aus Gmünd vorgezogen wurden. Die Besetzung der Pfarrstelle
stand dem Augsburger Domkapitel zu. Pfarrer war seit 1520 Thomas Köllin, der aus
einer Gmünder Sensenschmiedsfamihe stammte. Köllin hatte in Mainz studiert und
dort die Magisterwürde und wohl auch das theologische Bakkalaureat erlangt. 1502
ging er an die neu eröffnete Universität Wittenberg, deren Rektor er 1504 wurde. Er
 
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