discher Künstler ein sol-
ches Weltuntergangsbild,
geformt aus Leibern, er-
sinnen konnte, das hat
ein religiöser Mensch wie
Cyriel Verschaeve deut-
lich ausgesprochen^**).
Deshalb war Rubens
der letzte abendländische
Künstler, der dieser Dro-
hung noch einmal Fleisch
und Blut geben konnte;
deshalb kann auch inner-
halb der Lebenszeit von
Rubens der Sturz der
Verdammten kein Spät-
bild sein.
Das Jüngste Gericht ist
nicht mit einem Bilde,
sondern mit einer Reihe
von Bildern in Rubens'
Werk vertreten, in gro-
ßem und in kleinem For-
mat, denn der Gedanken-
kreis war kirchlich und
wurde ihm noch in Auf-
trag gegeben. Im Jahre
ylM?. 161/ war die erste große
Fassung, von der wir ur-
kundlich wissen, schon an Ort und Stelle: ein riesiges, sechs Meter hohes Altarblatt;
im Sommer 1625 versprach er die letzte Fassung, eine Auferstehung der Seligen, dem
Herzog von Buckingham, aber es kam nicht mehr zur Ablieferung"*"). Es war eines
der ewigen Themen des Christentums, der göttliche Ratschluß und sein Gleichge-
wicht, und Angst und Hoffnung der Menschen vor ihm; das Bild einer Erlösungsreligion,
geschaffen zu übergroßer Sehnsucht und zu abgründiger Verzweiflung des unerlösten
Menschen.
Keine große mittelalterliche Kirche, in deren Tympanon nicht das Weltgericht dargestellt
gewesen wäre: damals hing es noch mit dem Kult der Rechtspflege unmittelbar zusammen.
Im späten Mittelalter wurde es in die Ratsstuben und Innenräume übertragen, und Eyck,
Lochner, Schongauer, Memling und alle anderen malten Weltgerichtsbilder. Michelangelo
schuf die höchste Wand und die auswegloseste Qual des Menschengeschicks; Tintoretto
bemalte eine Riesenfläche im Dogenpalast.
Aber schon wendete sich das gesamte religiöse Denken des Abendlandes anderen Vorstel-
lungen zu. Was Rubens in ganzen Kirchenräumen nicht mehr bewältigen konnte, das schuf
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