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Evers, Hans Gerhard; Rubens, Peter Paul [Ill.]
Peter Paul Rubens — München, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.28046#0486
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XXVIII. AUSGANG DES LEBENS

Als Rubens um Weihnachten 1626 in Paris war, schrieben seine Freunde und er zum ersten-
mal, daß er an der Gicht leide. Die Krankheit*^) (was darunter in modern-medizinischem
Smn zu verstehen ist, ist schwer zu sagen) verließ ihn nicht wieder, und es verging seither
kaum ein Jahr, in dem er nicht von neuen Rückfällen berichten mußte. Rubens war das
einzige von sieben Geschwistern, dessen Lebenskraft wenigstens bis an die Schwelle des
Alters aushielt, alle anderen erlagen in viel früheren Jahren. Die Gicht einer übertriebenen
Lebensweise zuzuschreiben ist unmöglich, da wir nicht nur von ihm und nicht nur aus Be-
richten seiner Familie, sondern durch urkundliche Belege wissen, daß er ein Frühaufsteher,
ein unermüdlicher Arbeiter war, allem unmäßigen Essen und vollends dem unmäßigen
Trinken abhold. Vielmehr wird diese Gicht nur das Symptom einer allmählich sich er-
schöpfenden Körperkraft gewesen sein.
Vom Jahre 1635 an wurden die Anfälle schwerer und länger. An dem Einritt des Kardinal-
Infanten Ferdinand konnte er nicht teilnehmen und mußte den Besuch des Fürsten im Bett
empfangen^"). Im September des gleichen Jahres mußte er wiederum für einen Monat das
Bett hüten, er war zu krank, um die Gemälde für den Bankettsaal des Whitehallpalastes
nach London zu begleiten. 1637 machte die Lähmung der Hand es ihm unmöglich, die Zeich-
nungen für Buchtitel noch selbst auszuführen oder die Probestiche der Kupferstecher zu
verbessern; er überließ diese Aufgaben seinen Schülern. Im Oktober 1638 wurde wieder
von langsamer Genesung nach Krankheit berichtet. Im Februar 1639 mußte er seinen Sohn
Albrecht nach Brüssel schicken, da die Gicht ihn hinderte, selbst zu gchen^). Dennoch war
er im Sommer in seinem Landsitz Steen, er wurde dort von zwei Ärzten aus Mecheln be-
handelt. Als er nach Antwerpen zurückgekehrt war, ging er mit seiner Gattin zum Notar,
am 16. September 1639, und sie legten einen Zusatz zu ihrem ersten Testament nieder.
Im April und Mai 1640 gaben die Berichte über sein Befinden (die an die Könige von Spa-
nien und von England gingen) abwechselnd schlimme Nachrichten und wieder Hoffnung:
Rubens sei gelähmt an den Händen und werde nicht wieder malen können; es gehe ihm
wieder besser; wiederum er sei gelähmt, und wiederum er scheine sich zu erholen. Aber
gegen Ende Mai schlugen Fieber und Gicht aufs Herz, man konnte nicht mehr im Zweifel
sein, daß er tödlich erkrankt war. Zwei Ärzte von Antwerpen behandelten ihn, zwei Chi-
rurgen bemühten sich im besonderen um ein krankes Bein. Die Apotheker versuchten mit
ihren Mitteln zu helfen, und von Brüssel wurden vom Kardinal-Infanten die Hofärzte ge-
schickt. Am 27. Mai machte Rubens vor dem Notar Guyot ein neues Testament^):er über-
trug an seine Frau alles, was der Brauch Antwerpens ihm erlaubte, die Hälfte seines Besit-
zes und dazu einen Kinderteil. Die Kinder der ersten und der zweiten Ehe sollten zu gleichen
Teilen erben. Er vermachte seine Bücher an den Ältesten, Albrecht, und seine Münzen und
Medaillen an Albrecht und Nikolaus gemeinsam. Er gab für bestimmte Bilder, auf denen er
selber und Familienangehörige dargestellt waren, genaue Anweisungen. Er setzte Summen
für die Armen und für die Kirchen aus.
Am 30. Mai 1640, gegen Mittag, starb Rubens.

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