„Ich ritt," so erzählte mein Freund, „von der Stadt B
nach St. G., wo ein Freund von mir eine große Pflanzung
besaß. Es war ein reizender, köstlicher Abend. Die Sonne
vergoldete im Scheiden die Gipfel hundertjähriger Platanen,
die zur Seite der Straße standen, und Tausende von Vögeln l
ließen ihre Lieder oder ihr Geschrei ertönen. Ganz in der
Beschauung dieser großartigen Natur versunken, ließ ich mein !
Pferd wohlgemuth und gemächlich weiter traben, ohne beson- !
ders darauf zu achten; da verspürte ich auf Einmal etwas
Erster Akt.
Erste Scene. Erster Heros.
„Es naht des Mißgeschickes Wolke schon,
Hernieder steigt sie von Olympos Höh'n"
Zweiter Heros.
„Hernieder steiget von Olympos Höhn
Des Mißgeschickes schwarze Wolke schon."
Zweite Scene. Chor.
„Wehe! o Jammer! von Olympos Höhn
Steigt des Unglücks Wolke schon."
Amerikanische Geschichten.
: die treffenden Psalmen und alle Lieblingslieder der Hausbe-
l wohner sang, und zwar mit eben so schöner Stimme, wie
; irgend Eines aus der Familie. Da brach, wie sie insge-
sammt wissen, der fürchterliche Krieg aus, ich griff zu den
Waffen, die Familie floh und die Besitzungen wurden im
! darauffolgenden Jahre von den Insurgenten niedergebrannt,
j — Jahre waren verflossen, der unselige Krieg war vorüber,
da kam ich nach so langer Zeit wieder an den Ort, wo die
Besitzungen gelegen, wo ich so schöne Stunden verlebt hatte.
Traurige Erinnerungen erfüllten meine Seele und als ich
mich, ermüdet von meiner Wanderung unter dem Schatten-
dache eines Baumes niederließ, war ich bald entschlummert.
Da wecken mich auf einmal merkwürdige Töne, so hehr und
feierlich, wie die einer Orgel, ich springe auf und sehe —
; eine Schaar Papageien, fliegend, den bewußten Alten aus dem
! Schlosse an der Spitze, die mitsammen das Lied singen, was
! ich selbst hundertmal dort mitgesungen: „Was ist des Deutschen
Vaterland?" Sie können sich mein Erstaunen denken, meine
Damen, und die Verwunderung über den alten Papagei, der,
beim Brande wahrscheinlich entkommen, in den Urwäldern seine
j College» jenes Lieblingslied seinerWohlthäter gelehrt hatte." —
an meinem rechten Fuße, ich sah hinab, und — o Himmel
— ich gewahrte eine der giftigsten Vipern, die eben im Begriff
war, sich an meinem Beine heraufzuwinden. Obwohl im
ersten Augenblicke mich der Schrecken fast lähmte, hatte ich
doch Geistesgegenwart genug, mit meiner Reitpeitsche einen
kräftigen Hieb nach derselben zu führen, so daß sie tobt zur
Erde fiel. Auf diesen Schrecken ward es mir unheimlich
und ich spornte mein Pferd zu einem schnelleren Laufe; ich
hatte mich jedoch bald wieder erholt und versank in die alten
Träumereien, in die ich durch die reizende Stimmung in der
erhabenen Landschaft versetzt wurde. Da verspüre ich wieder
Etwas an meinem Fuße; diesmal war es jedoch ein anderes,
ein beengendes Gefühl; ich sehe mit Bangen hinab, und ge-
wahre, daß der Steigbügel, in dem mein Fuß stand, zu
einer bedeutenden Höhe angeschwollen war. Ich war An-
fangs in Zweifel, wovon das herrühren möge, und erst all-
mählig wurde es mir klar, daß die Viper, wahrscheinlich
schon im Todeskampfe, noch in den Steigbügel gebissen haben
müffe und so das Aufschwellen desselben bewirkt habe. Ich
aber schätzte mich glücklich, so mit heiler Haut durchgekommen
zu sein, und bewahre den Steigbügel, dessen Geschwulst sich seit
dieser Zeit ivieder gesetzt hat, als meinen Lebensretter dank-
bar noch heut zu Tage in meinem besten Schranke." —
Die beiden Helden.
Griechische Tragödie in dreiAkten.
nach St. G., wo ein Freund von mir eine große Pflanzung
besaß. Es war ein reizender, köstlicher Abend. Die Sonne
vergoldete im Scheiden die Gipfel hundertjähriger Platanen,
die zur Seite der Straße standen, und Tausende von Vögeln l
ließen ihre Lieder oder ihr Geschrei ertönen. Ganz in der
Beschauung dieser großartigen Natur versunken, ließ ich mein !
Pferd wohlgemuth und gemächlich weiter traben, ohne beson- !
ders darauf zu achten; da verspürte ich auf Einmal etwas
Erster Akt.
Erste Scene. Erster Heros.
„Es naht des Mißgeschickes Wolke schon,
Hernieder steigt sie von Olympos Höh'n"
Zweiter Heros.
„Hernieder steiget von Olympos Höhn
Des Mißgeschickes schwarze Wolke schon."
Zweite Scene. Chor.
„Wehe! o Jammer! von Olympos Höhn
Steigt des Unglücks Wolke schon."
Amerikanische Geschichten.
: die treffenden Psalmen und alle Lieblingslieder der Hausbe-
l wohner sang, und zwar mit eben so schöner Stimme, wie
; irgend Eines aus der Familie. Da brach, wie sie insge-
sammt wissen, der fürchterliche Krieg aus, ich griff zu den
Waffen, die Familie floh und die Besitzungen wurden im
! darauffolgenden Jahre von den Insurgenten niedergebrannt,
j — Jahre waren verflossen, der unselige Krieg war vorüber,
da kam ich nach so langer Zeit wieder an den Ort, wo die
Besitzungen gelegen, wo ich so schöne Stunden verlebt hatte.
Traurige Erinnerungen erfüllten meine Seele und als ich
mich, ermüdet von meiner Wanderung unter dem Schatten-
dache eines Baumes niederließ, war ich bald entschlummert.
Da wecken mich auf einmal merkwürdige Töne, so hehr und
feierlich, wie die einer Orgel, ich springe auf und sehe —
; eine Schaar Papageien, fliegend, den bewußten Alten aus dem
! Schlosse an der Spitze, die mitsammen das Lied singen, was
! ich selbst hundertmal dort mitgesungen: „Was ist des Deutschen
Vaterland?" Sie können sich mein Erstaunen denken, meine
Damen, und die Verwunderung über den alten Papagei, der,
beim Brande wahrscheinlich entkommen, in den Urwäldern seine
j College» jenes Lieblingslied seinerWohlthäter gelehrt hatte." —
an meinem rechten Fuße, ich sah hinab, und — o Himmel
— ich gewahrte eine der giftigsten Vipern, die eben im Begriff
war, sich an meinem Beine heraufzuwinden. Obwohl im
ersten Augenblicke mich der Schrecken fast lähmte, hatte ich
doch Geistesgegenwart genug, mit meiner Reitpeitsche einen
kräftigen Hieb nach derselben zu führen, so daß sie tobt zur
Erde fiel. Auf diesen Schrecken ward es mir unheimlich
und ich spornte mein Pferd zu einem schnelleren Laufe; ich
hatte mich jedoch bald wieder erholt und versank in die alten
Träumereien, in die ich durch die reizende Stimmung in der
erhabenen Landschaft versetzt wurde. Da verspüre ich wieder
Etwas an meinem Fuße; diesmal war es jedoch ein anderes,
ein beengendes Gefühl; ich sehe mit Bangen hinab, und ge-
wahre, daß der Steigbügel, in dem mein Fuß stand, zu
einer bedeutenden Höhe angeschwollen war. Ich war An-
fangs in Zweifel, wovon das herrühren möge, und erst all-
mählig wurde es mir klar, daß die Viper, wahrscheinlich
schon im Todeskampfe, noch in den Steigbügel gebissen haben
müffe und so das Aufschwellen desselben bewirkt habe. Ich
aber schätzte mich glücklich, so mit heiler Haut durchgekommen
zu sein, und bewahre den Steigbügel, dessen Geschwulst sich seit
dieser Zeit ivieder gesetzt hat, als meinen Lebensretter dank-
bar noch heut zu Tage in meinem besten Schranke." —
Die beiden Helden.
Griechische Tragödie in dreiAkten.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Amerikanische Geschichten"
"Die beiden Helden"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)