Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
18

Der dumme Teufel.

und statt in den Mund Braten, Streiche auf die Backen zu
erleben? Beit, Beit, mit dir ist es weit gekommen! Haus und
Felder, Wald und Alpe und die Brcndelwirthfchaft dazu und
manchen Goldfuchs hat dir Gott gegeben, aber du hattest nicht
genug, da kam der Böse und blendete deine Augen und brachte
dir seine Berivandte, die schlimme Life als Weib und nun ist
Alles vorbei. Gebetet habe ich wie ein Heiliger und Messen
gezahlt und Opfergänge mitgemacht und kam ich heim, so war
nicht der Hausfriede mitgekehrt, sondern regelmäßig war der
Teufel los. Ja, ja, Beit zittrc nicht, die Wahrheit auszu-
sprechen, weil du zum Kreuzwege kamst, nicht einer, sondern alle
Teufel treiben bei dir zu Hause in Einer Gestalt ihr Unwesen;
der Neid, wenn du einen Becher Wein trinkest; der Geiz, wenn
du auf der Kegelbahn ein luckicht Silbergröschel hingibst ; die
Hoffart, wenn die Alte im neuen Plüschrock durch das Dörf-
chen pustet, und Fraß und Böllerci, wenn es ihr nichts kostet,
und vor Allen die gelbgrüne Eifersucht, wenn Wirths schlanke
Gertraud vorüber geht. Nur die Unkeuschheit — nein die
allein ist Frau Lisen fremd, und das hat, wie man sagt, von
je der Böse ihr angethan, um sie nicht ganz vollkommen zu
machen." Unter solchem Selbstgespräche war Beit bis zum
JohnsbacherThorc gekommen, einer Felsparthie, dieanSchauer-
lichkeit der Form, an grottesken Fratzen einzelner Klippen, an
Ungestüm des Wildbaches, an verheerenden Massen des an den
kahlen Bergriesen niederdonnernden Gerölles selbst das nahe
Gsäuß übertrifft. Hier aber war keine Möglichkeit durchzu-
kommen und vorwärts zu schreiten; vom sogenannten Steg hatte
der Bach so wenig Spur gelassen, als von dem holperichten
Fußpfade, ja nicht einmal von den Erlen, welche den letzteren
umgaben. Breit und milchweiß schäunite er dahin und benahm
dem dicken Beit jede Möglichkeit weiter zu gehen. Wohin er
eigentlich wollte, das wußte Beit von Hause aus selbst, nicht;
er war denn gerade fortgetrollt, wie es oft geschah, nur dieß-
mal mit rascheren ernsteren Entschlüssen, es dämmerte ihm so
manches Gehörte im Gehirne vom Erzstifte Salzburg, und dem
Bayerlande, wo man Bier von Weinfarbe trinkt und die Mägd-
lein goldene und silberne Krapfen auf den schönen Zöpfen tra-
gen, und gar von Hispanien stieg ihm manches auf im Sinne,
von dem Lande, wo die Ritter mit den Mauren raufen, wo
man mit Dolch, Zither und Strickleiter fensterln geht und dabei
oft erstochen zurückkommt, währmd das Gaffeln im lieben Ober-
steier mit der Maultrommel geschieht und höchstens manchmal
ein paar Rippen kostet. Seine großen Ideen traten ihm erst
hier am Bache lebhaft in das Bewußtsein, er hatte sein Gries-
beil mitgenommen, auch einen Strick und sein Eßbesteck, nur
keinen rothen Pfennig, weil an seiner Geldtruhe St. Georgs
wiedererstandener Lindwurm — sein Weib Life gewacht. Was
er mit Griesbeil und Strick wollte, das wußte er selbst nicht;
das Eßbesteck, ja das hätte schon seinen Zweck gehabt, wenn
er nur bis Admont gekomnien wäre, da goß sich aber der Bach
wild und breit vor seinen Füßen hin, als wäre er ein Ver-
wandter seines Weibes und gedungen, seine Schritte zn hemmen.
Rechts oben, da lag das Aurikel-Winkel an der Alpe, von wel-
chem die Bursche im Lenze die ersten Sttäuschen für ihre Mäd-

chen holen, links aber erhob sich der verwünschte Felsen, der
wie ein mißwachsener Kretin nach allen Seiten dem Wanderer
ein hämisches Steingesicht weiset. Er ist unter dem Namen
„der bucklichte Schneider" bekannt und verewigt die Sage, daß
Meister Urian einst in Bockgestqlt einem Schneider von Johns-
bach durch viele Jahre alle Wünsche erfüllte, zuletzt aber des
Schneiderleins Seele in einer Nadelbüchse entführte, den schiefen
Leib aber für alle Zeiten als steinernen Wächter hinter das
Johnsbacher Felsenthor gestellt habe. „Ist auch ein elender
Kerl der Teufel!" brummte Veit, „den nächstbesten Lump von
Wilddieben läßt er ein saubres Lieb, für das er Blumen holen
und sie dafür küssen kann; pem bucklichten Schneider half er
im Leben reich werden, und nach dem Tode die Würmer täu-
schen, mir aber schwemmt der tolle Hufpfottner den vollen Bach
vor die Füße, damit ich gar nicht aus dem Bereiche seiner
Muhme Life komme. Und doch beim Teufel, wenn er mir
helfen könnte, wollte ich mich mit ihm schon zu einem Ge-
schäfte verstehen. Zu Hause der Satan, ist ja zehnmal schlim-
mer, als der echte, wenn man mit selben nur zeitweise in
der Welt zusammentrifft. Gut leben und ihm zugehören,
wie der Schneider da oben, müßte unter gewissen Beding-
ungen erst nicht gar so übel sein."

Da donnerte es links in der Bergschlucht, Felsenblöcke
kollerten herab und mit einem grimmigen: „Hier bin ich, was
willst du?" stand der Böse vor dem Amtmann. Dieser aber
maß ihn von den Hörnchen bis zum Hufe und brach in ein
gewalttges Gelächter aus. „Wenn deine Macht so groß ist
als dein erstes Erscheinen und Aussehen, dann ist mir wenig
geholfen mit dir, an deinem Donner ist so viel Witz, als an
deinem Felsenrollen! Herr Je, da poltert und steinigt meine
Life ganz anders; deine Hörnchen und die Hufe sind etwas
zierlich gestellt, passen aber nicht für einen Burschen wie du,
der nicht einmal ein schlimmes Weib hat: die Ofengabel? nun
mit der mußt du doch dreimal Reißaus nehmen, wenn Holda
Life mit dem gewissen Besen kommt. Also sage mir, kleiner
Krautmensch, kannst du mir helfen, so will ich nicht schmutzig
sein?!"

Nach langer Verhandlung schloffen sie den Vertrag: der
Teufel wolle ein Jahr lang dem Amtmanne dienen, wolle jeden
seiner Wünsche befriedigen; ein eiserner Ring an dem Finger
gedreht, solle Veit die Macht geben, den Satan in jeder Ge-
fahr als seinen Doppelgänger hinzustellen, solle ihm die Kraft
des Bösen, dem Bösen aber die menschliche Schwäche des Amt-
mannes verleihen. Noch Jahr und Tag solle der Amtmann
mit Leib und Seele dem Satan verfallen sein, und nur noch
dabei die Freiheit haben, sich die Art und Weise und die Werk-
zeuge seines Todes selbst zu wählen, und sich auch selbst den Tod
zu geben. Beide Partheien waren mit dem Pact zufrieden,
Vertrag wurde beschworeu, wobei Meister Urian seltsame
Grimassen zog und an die Schwefelgrubcn im Paltenthale
erinnerte, der eiserne Ring stack an Veits Finger und sein
erster Wunsch, trocken durch den Bach zu kommen, war in
wenig Augenblicken befriedigt.
Image description
There is no information available here for this page.

Temporarily hide column
 
Annotationen