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Der dumme Teufel.
II.
Der Teufel, der kann nicht küffen.
Dieweil ihm die Lippen versengt;
Der Teufel, der kann nicht trinken.
Weil der Wein sich mit Schwefel vermengt
Ter Teufel, der kann nicht singen
Weil durch die Nase es geht.
Er kann nach den Kegeln nicht scheiben
Weil das Schweiflein die Kugel verdreht.
Schon die erste Wanderung wollte Herrn Meister Urian
nicht so ganz nach seinem Sinne gehen; der Amtmann Veit
hatte Launen wie der Großtürke, und fand ein besonderes
Wohlgefallen daran, den gedungenen Höllenmann vor sich her-
j gehen zu lassen und ihm von Zeit zu Zeit mit dem Griesbeile
unter die Füße zu schlagen; dabei verdroß es den Höllenfürsten
am meisten, daß Veit in seinem Bauernstolze keinen besseren
Ausdruck wußte, als: „Na vorwärts und rühr dich, dummer
Teufel du." Nun kamen sie hinaus in den Gstatter Boden,
da besaß der alte Hirschbäck ein ganz herrliches Wirthshaus,
und hatte Luttenberger und Radkersburger und Pikerer und
Kerschbacher in seinem Keller, wie kaum der höchwürdigste Abt
zu Admont sie besser haben konnte, und hatte auch ein schönes
Töchterlein, die Emerenzia, um welche sich die Bursche von der
Hieflau bis Lizen die Knochen zerschlugen und von der schnip-
pischen Schenkin doch keinen besseren Tank erhielten, als: „Gott
vergelte ein ander Mal." Dahin nun zum Hirschbäcker nahm
Veit seinen Weg, vergaß aber nicht, sich früher die Taschen von
seinem dummen Teufel mit neuen Salzburger Pfennigen füllen
zu lassen und den Ring zu drehen, auf daß sein Begleiter un-
gesehen zu weiteren Diensten in seiner Gesellschaft bleibe. Mei-
ster Urian aber schnoffelte einiges von undankbaren Menschen-
Wurm, und die Vergeltung über Jahr und
bei Satans Stimmorgan und seinem pflicht-
! mäßig gebotenen Verschwinden in die Lüfte
verhallte. Veit aber, ganz umgewandelt,
heiter und sauber, trat lustig in die geräu-
mige Stube des Wirths im Gstatter-Boden.
Der alte Hirschbäck machte Anfangs ein
etwas wetterwendisches Gesicht, denn Veit
; war selten in der Lage, viel blonde Pfen-
; nige losschlagen zu können, heute aber, Herr
Jemine! war der Mensch ein Schatzgräber
> geworden, oder hatte er seine geizige Life
beerbt? — Die Silberlinge flogen Dirn und
Knecht zu, als wäre des steirischen Herzogs
Hoheit selbander im Gstatter-Boden einge-
kehrt. Und die schöne Emerenzia setzte sich gar
gesellig und manierlich zu dem Gaste, und
! sie kosteten den Luttenberger, und der Lutten-
j berger mundete gar so lieblich, und aus
den Bechern duftete es wie Rosen und
Nelken, und ihre Wangen wurden roth und
sie schauten sich an mit innigen Blicken,
und preßten sich bei der Hand, daß es dem
Amtmann heiß um das Herz wurde, wie
seit seinem Hochzeittage nimmer. Und er schlang den Arm
um die schöne Emerenzia und sprach viel von seiner großen
Wirthschaft und wie Gott seine alte Life zu sich genommen,
wobei es in der Stube krachte, daß Hirschbäck und seine Tochter
sich bekreuzten, und der Amtmann wurde so lieb und so innig,
daß er sogar einen recht herzhaften Schmatz auf des Mädchens
Lippen pressen durfte, der mit einem: „Na sakrischer Wittiber,
laßt doch fein Zeit!" eben nicht unbeifällig ausgenommen wurde.
Der Teufel aber saß indcß unsichtbar unter dem Tische; wollte
er hinauflangen um einen Becher Wein, so schlug richtig der
Hirschbäck mit seiner schweren Hand gerade so auf den Tisch, daß
er den armen Satan, der Veits Empfindlichkeit tragen mußte, auf
die unsichtbaren Pfoten traf; wollte er empor luegen nach Emeren-
zias schönem Wüchse, da spukte sicher der Anitmann gerade im
Eifer des Gespräches aus und seinem unsichtbaren Diener in das
Gesicht, und ein Mal, ja da litt es ihn nimmer, Emerenzias
Lippen konnten selbst den Teufel verführen; er mußte einen
Kuß wagen; aber die dumme Steirin rief: „verdammte Mucken
summen einem um das Gesicht und der Kettenhund muß immer
herinnen liegen, da riecht es wieder, daß wir nicht bestehen
können." Und zu Meister Urians großer Qual ließ sie auf
einer Hafendecke den Weihrauch dampfen, daß Satan einer un-
sichtbaren Ohnmacht nahe war. Veit aber that sich immer
gütlicher, und endlich so sehr, daß er einsah, er sammt dem
Hausherrn vermöchten das Gleichgewicht des Gespräches ohne
Stützen nicht mehr aufrecht zu erhalten. Er drehte seinen
Ring, befahl dem Teufel die Folgen seines Rausches zu tragen
und sogleich in Veits Gestalt zu Frau Life nach Johnsbach
zu gehen. Mit seltsamen Knurren, daß der Hund winselte,
und die Katze auf dem Salzgestelle ober dem Backofen bließ
und die Kapaunen in der Küche durcheinander schwirrten, ver-
ließ der Teufel das Wirthshaus, in welchem Veit bei Eme-
renzia und dem Luttenberger seelenvergnügt zurückblieb.
Tag, was eben
(Schluß folgt.)
3*
Der dumme Teufel.
II.
Der Teufel, der kann nicht küffen.
Dieweil ihm die Lippen versengt;
Der Teufel, der kann nicht trinken.
Weil der Wein sich mit Schwefel vermengt
Ter Teufel, der kann nicht singen
Weil durch die Nase es geht.
Er kann nach den Kegeln nicht scheiben
Weil das Schweiflein die Kugel verdreht.
Schon die erste Wanderung wollte Herrn Meister Urian
nicht so ganz nach seinem Sinne gehen; der Amtmann Veit
hatte Launen wie der Großtürke, und fand ein besonderes
Wohlgefallen daran, den gedungenen Höllenmann vor sich her-
j gehen zu lassen und ihm von Zeit zu Zeit mit dem Griesbeile
unter die Füße zu schlagen; dabei verdroß es den Höllenfürsten
am meisten, daß Veit in seinem Bauernstolze keinen besseren
Ausdruck wußte, als: „Na vorwärts und rühr dich, dummer
Teufel du." Nun kamen sie hinaus in den Gstatter Boden,
da besaß der alte Hirschbäck ein ganz herrliches Wirthshaus,
und hatte Luttenberger und Radkersburger und Pikerer und
Kerschbacher in seinem Keller, wie kaum der höchwürdigste Abt
zu Admont sie besser haben konnte, und hatte auch ein schönes
Töchterlein, die Emerenzia, um welche sich die Bursche von der
Hieflau bis Lizen die Knochen zerschlugen und von der schnip-
pischen Schenkin doch keinen besseren Tank erhielten, als: „Gott
vergelte ein ander Mal." Dahin nun zum Hirschbäcker nahm
Veit seinen Weg, vergaß aber nicht, sich früher die Taschen von
seinem dummen Teufel mit neuen Salzburger Pfennigen füllen
zu lassen und den Ring zu drehen, auf daß sein Begleiter un-
gesehen zu weiteren Diensten in seiner Gesellschaft bleibe. Mei-
ster Urian aber schnoffelte einiges von undankbaren Menschen-
Wurm, und die Vergeltung über Jahr und
bei Satans Stimmorgan und seinem pflicht-
! mäßig gebotenen Verschwinden in die Lüfte
verhallte. Veit aber, ganz umgewandelt,
heiter und sauber, trat lustig in die geräu-
mige Stube des Wirths im Gstatter-Boden.
Der alte Hirschbäck machte Anfangs ein
etwas wetterwendisches Gesicht, denn Veit
; war selten in der Lage, viel blonde Pfen-
; nige losschlagen zu können, heute aber, Herr
Jemine! war der Mensch ein Schatzgräber
> geworden, oder hatte er seine geizige Life
beerbt? — Die Silberlinge flogen Dirn und
Knecht zu, als wäre des steirischen Herzogs
Hoheit selbander im Gstatter-Boden einge-
kehrt. Und die schöne Emerenzia setzte sich gar
gesellig und manierlich zu dem Gaste, und
! sie kosteten den Luttenberger, und der Lutten-
j berger mundete gar so lieblich, und aus
den Bechern duftete es wie Rosen und
Nelken, und ihre Wangen wurden roth und
sie schauten sich an mit innigen Blicken,
und preßten sich bei der Hand, daß es dem
Amtmann heiß um das Herz wurde, wie
seit seinem Hochzeittage nimmer. Und er schlang den Arm
um die schöne Emerenzia und sprach viel von seiner großen
Wirthschaft und wie Gott seine alte Life zu sich genommen,
wobei es in der Stube krachte, daß Hirschbäck und seine Tochter
sich bekreuzten, und der Amtmann wurde so lieb und so innig,
daß er sogar einen recht herzhaften Schmatz auf des Mädchens
Lippen pressen durfte, der mit einem: „Na sakrischer Wittiber,
laßt doch fein Zeit!" eben nicht unbeifällig ausgenommen wurde.
Der Teufel aber saß indcß unsichtbar unter dem Tische; wollte
er hinauflangen um einen Becher Wein, so schlug richtig der
Hirschbäck mit seiner schweren Hand gerade so auf den Tisch, daß
er den armen Satan, der Veits Empfindlichkeit tragen mußte, auf
die unsichtbaren Pfoten traf; wollte er empor luegen nach Emeren-
zias schönem Wüchse, da spukte sicher der Anitmann gerade im
Eifer des Gespräches aus und seinem unsichtbaren Diener in das
Gesicht, und ein Mal, ja da litt es ihn nimmer, Emerenzias
Lippen konnten selbst den Teufel verführen; er mußte einen
Kuß wagen; aber die dumme Steirin rief: „verdammte Mucken
summen einem um das Gesicht und der Kettenhund muß immer
herinnen liegen, da riecht es wieder, daß wir nicht bestehen
können." Und zu Meister Urians großer Qual ließ sie auf
einer Hafendecke den Weihrauch dampfen, daß Satan einer un-
sichtbaren Ohnmacht nahe war. Veit aber that sich immer
gütlicher, und endlich so sehr, daß er einsah, er sammt dem
Hausherrn vermöchten das Gleichgewicht des Gespräches ohne
Stützen nicht mehr aufrecht zu erhalten. Er drehte seinen
Ring, befahl dem Teufel die Folgen seines Rausches zu tragen
und sogleich in Veits Gestalt zu Frau Life nach Johnsbach
zu gehen. Mit seltsamen Knurren, daß der Hund winselte,
und die Katze auf dem Salzgestelle ober dem Backofen bließ
und die Kapaunen in der Küche durcheinander schwirrten, ver-
ließ der Teufel das Wirthshaus, in welchem Veit bei Eme-
renzia und dem Luttenberger seelenvergnügt zurückblieb.
Tag, was eben
(Schluß folgt.)
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der dumme Teufel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 12.1850, Nr. 267, S. 19
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg