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Zwei

schenken Rädern durchgekommen, Verdrossen lenktendie Gemeinen
vom Fuhrwesen ihre Pferde, die Corporate und Offiziere, in
ihre Mäntel gewickelt, schauten sich kaum um nach dem vorbei-
reitenden Husaren, man hörte kein Wort, kein Lachen, nichts
als das Schnauben der Pferde und das Klirren der Aufhaltketten.

Der Graf S, mußte seine ganze Aufmerksamkeit seinem
Rosie widmen, um ztvischen den bösartigen Fuhrwesens-Pferden
ungeschlagen und zwischen den Rädern ungequetscht durchzu-
kommen, Jetzt passirte er einen langen Brückentrain, derselbe,
der heute an der Adda gebraucht ivorden >var, und dann kam
Infanterie in langen dichten Colvnnen, Aber Alles schlich
trübselig unter dem dichten Regen weiter und vie Bataillone
nahmen fast die ganze Straße ein, so daß es hier noch schwerer
war durchzukommen. Endlich erreichte er die Tßte der Colonne,
wechselte mit den Offizieren, die vorne ritten, ein paar Worte
und hatte jetzt wieder ein Stück freie Straße vor sich.

Im Osten begann das schmutzig graue Gewölk eine kleine
lichtere Färbung anzunehmen, und ganz tief am Horizont >vand
sich mühsam ein kleiner gelber Streifen in die Höhe, Puster-
lengo konnte nicht weit mehr entfernt sein und der junge Offizier,
der, neben einem guten Feuer um seine Kleider zu trocknen,
auch von einem angenehmen schwarzen Kaffee träumte, lachte
der Morgenluft, die ihn frostig anblies und dachte bei sich
selber: „Ter Cecco muß auch herangewachsen sein, ich will doch
sehen, ob der kleine Schlingel meine Feldmütze nicht in tausend
Stücke zerriffen hat. Es wäre doch außerordentlich komisch,
wenn ich sie nach vier Jahren wiederfände," — Ein lustiger
Zungenschlag und der Rappe trabte durch den unergründlichen
Schmutz weiter. Doch dauerte das schnelle Reiten nicht lange,
bald wimmelte es wieder von Gestalten auf der Straße und
bei der nebelhaften Dämmerung des anbrechenden Morgens be-
merkte er ein Bataillon Jäger, die ebenfalls des Weges zogen,
j Selbst diese sonst so lustigen Bursche hatte die scheußliche Nacht
j einigermaßen herabgestimmt und wenn man hier auch schon
! mehr sprechen hörte, wie bei den Infanterie- und Kavallerie-
, Colvnnen, so bezog sich doch Alles, was gesagt wurde, auf
! eifrige Wünsche nach einem bald zu erscheinenden trockenen
Morgen und nach einem guten Feuer,

An der Spitze des Bataillons bemerkte der Husaren-Offizier
eine Patrouille Uhlanen, zwischen denen ein Mann zu Fuß
ging in der Tracht der wohlhabenden Bauern der Umgegend,
deffen Hände auf dem Rücken zusammengeschnürt waren.
Doch war seine Kleidung zerriffen und mit Schmutz bedeckt,
er hatte keine Kopfbedeckung, sein schivarzes Haar hing über
die Stirne und er ging in dem tiefen Schmutz, anscheinend
gleichmüthig dahin, den Blick auf den Boden gesenkt,

Graf S, wollte vorbeireiten, doch hörte er neben sich ein
lautes lachendes Halt! und als er aufblickte, bemerkte er zur
Seite einen Offizier zu Pferde, den er erst dann erkannte,
nachdeni sich derselbe aus dem großen grauen Mantel heraus-
geschält, und den Hut mit den grünen Federn etwas in die
Höhe gerückt hatte. Es war der Generalstäbler,

„Grüß' dich Gott!" rief er luftig dem Husaren-Offizier zu,
„nicht wahr, da finden wir uns bei einem schönen Wetter aber-

Nächte.

mals zusammen? Und ich habe mir obendrein einen wahnsin-
nigen Schnupfen geholt. Hast du nicht zufällig ein trockenes
Schnupftuch bei dir? das meinige ist durch und durch naß,"
„Vielleicht kann ich dir helfen," entgegnete der Husar,
„wenn meine undurchdringliche Tasche am Sattel ihren Dienst
gethan hat, so bekommst du nicht nur ein trockenes Schnupf-
tuch, sondern noch obendrein eine trockene Cigarre,"

„Husaren sind gar wackere Truppen!" sang der General-
stäbler, „und dafür sollst du auch einen Schluck ächten Kirsch-
wassers bekommen,"

Die undurchdringliche Tasche hatte ihren Namen gerecht-
fertigt und Cigarren, Schnupftuch und Kirschwasser wurden
ausgetauscht,

„Wo reitest denn du eigentlich hin?" fragte der General-
stabs-Offizier, „du bist doch nicht seit gestern Abend auf dem
Pferde?"

„Beinahe so," entgegnete der Andere, „ich habe nur
den Schimmel mit dem Rappen vertauscht und eine Stunde
geschlafen, aber beruhige dich, dafür auch das ganze Un-
wetter von heute Nacht ausgehalten "

Die beiden Offiziere blieben einen Augenblick halten, um
sich ihre Cigarren anzuzünden, während welcher Zeit die
Uhlanen mit dem Gefangenen vorbeizogen,

„Wen habt Ihr da?" fragte der Husaren-Offizier.

„Es ist ein Spion," entgegnete der Andere, „ein ver-
fluchter Kerl, der uns genug zu schaffen gemacht hätte, wenn
die Piemontesen mehr Lust zum Schlagen gehabt. Er wird
nach Casal Pusterlengo ins Haupt-Quartier gebracht,"

„Und hat man Verdächtiges bei ihm gefunden?"

„Mehr als genug, um ihn zu erschießen. Es soll ein wohl-
habender Mensch sein, der es nicht wegen Lohn gethan, son-
dern aus. Haß gegen uns. Gestern fand man einen Postillon,
einen treuen Kerl, der mit Depeschen verschickt war, erschossen
in der Nähe des Flusses und während der Nacht wurde der
da angegriffen und trug einen Theil jener Depeschen bei sich,"
Der Husaren-Offizier zuckte mitleidig die Achseln, und blickte
den Gefangenen einen Augenblick an. Es ist immer traurig,
einen Menschen zum Tode führen zu sehen, selbst wenn es ein
Spion ist und den da konnte Niemand retten. Es war vor
Aufbruch der Colonne über ihn abgeurtheilt worden. Man
führte ihn nun nach Casal Pusterlengo, wo er wohnte, um die
Ortsbehörde über ihn zu vernehmen. Vielleicht war es ja doch
noch möglich, etwas zu seinen Gunsten zu erfahren.

Bald hatten die beiden Offiziere die Colonnen hinter sich
gelassen und näherten sich dem Dorfe, Der gelbe Streifen am
Horizont hatte sich mittlerweile vergrößert und die grauen Wolken,
die bisher nur eine Masse bildeten, trennten sich nun von ein-
ander, das Tageslicht drang durch die einzelnen Schichten und
breitete sich über den ganzen Himmel aus; aber es war ein
graues ttübes Licht, ein unangenehmer Morgen, die Wolken
hingen tief herab und schwebten schwerfällig über die weite
Ebene dahin. Die Bäume und Gesträuche an der Straße
beugten sich unter dem scharfen Morgenwind und sprühten das
angesammelte Regenwasser auf die Erde, Die Wassergräben
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