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^ Prosit j\|eujahr!

Gold im Sand.

Lin Märchen.

/^^ielangweilt irrte der Kalif durch den Palast. Die Tänzerinnen
vaa? ergötzten ihn heute nicht — nicht Pfeifer und ksahncnkamxf.
Die weiten, weiten fallen, Gemächer und Gänge durchmessend, kam er
in entlegene Flügel und Gebäude, die längst nicht mehr bewohnt waren.

In einem öden Gemache blieb er hinter einem schmalen vergitterten
Fenster stehen. Ts führte auf eine enge Gaffe hinaus, die aber, weil sie
die Basarstraße mit dem Platz der großen Moschee verband, häufig von
vielem Volk begangen wurde.

bfier gegenüber hatte man jüngst ein altes kfaus niedergeriffeu.
Der reiche Kaufniann, dem es gehörte, wollte dort ein Warengcwölbe in
neuem geschmackvollen Stil errichten lassen. Jetzt häufte sich noch Schutt
und Sand auf der Stätte.

Noch war es ruhig und still draußen. Die Mittagsstunde hatte
den Verkehr gelähmt.

Da kam dein Kalifen eine jähe Laune. Er griff in den Beutel,
der an seinem Gürtel hing und stets mit neuen Zechinen gefüllt war.
In raschem Wurf streute er eine ksandvoll der blinkenden Goldmünzen über
den Sandhügel, in dem sie zum Teil kichernd und rollend verschwanden.

Dann trat der Herrscher hinter das Fenster, den Erfolg seines
Beginnens zu beobachten.

Einige gingen achtlos vorbei. Plötzlich stieß der Fuß eines wür-
digen Alten an eine Zechine, die am Wegrand liegen geblieben war.
Im Nu änderte sich das bedächtige Wesen des Greises. Gierig deckte
er mit dem Schuh den glänzenden Fund, drehte den Kopf geschwind wie
eine Elster hierhin, dorthin, nach unten, nach oben, bückte sich jäh wie
ein Storch nach dem Frosch und eilte mit dem Gold, zu dem er vor
Hast noch eine Handvoll Staub ausgenommen, weg, als ob ihn der
Sturmwind triebe.

Der Kalif bog sich vor Lachen und murmelte: „Fürwahr, ein guter
Gedankel Laßt sehen, welchen Spaß er weiter bringtl"

Wieder stand es eine Weile an — da sah ein junger Wasserträger
eine Zechine aus dem Schutt hervorblinken und bückte sich so eilig da-
nach, daß ihm sein Wasserkrug einen mächtigen kühlen Strahl über Haupt
und Genick goß. Ehe er noch geblendet nach dem Schatze greifen konnte,
hatte diesen auch ein scheinbar lahmer Bettler erspäht, der flink die Krücke
wegwars und mit dem anderen in Streit geriet. Während sie aber rangen,
griff ein behendes Weib die Münze auf, barg sie unter dem Mantel
und schlurfte weg, als wäre nichts geschehen.

Die Entwicklung dünkte dem Kalifen köstlich.

Durch den Streit der beiden wurde das Volk aufmerksam und viele
sammelten sich und suchten.

Bald aber sprang ein gewandter Gaukler, der eine Schaufel geholt
hatte, hoch auf den Haufen, hielt das Werkzeug in die Luft und schrie:
„Linen Viertelxiaster für einen Schaufelstich I Gold im Sand! Gold im
Sand! . . Wer wagt einen Viertelxiaster um sein Glück?"

Mit Behagen sah der Kalif, wie sich die Menge dem findigen Kopf
fügte. Eine Masse Leute zahlten willig den Viertelpiaster, taten ihren
Schaufelwurf und zogen mit und ohne Glück von dannen.

Plötzlich aber, wie das Geschäft im besten Gange war, entstand
ein Geschrei. Mehrere Diener drängten die Menge auseinander und der
reiche Kaufmann, den der Kalif kannte, erschien. . . atemlos, überhastet,
ohne den Ernst und Anstand, mit dem er sonst durch die Bürger schritt.

„Meinl Meinl" schrie er rot und heiser. „Mein ist das Gold!
Ihr Diebel Ihr habt die Truhe erbrochen, die hier vergraben lag —
gebt I Gebt I"

Und er riß dem Gaukler das Geld aus den Händen, trieb ihn mit
Stockschlägen weg und wühlte mit beiden Armen in dem Schutt, nicht
auf den seidenen Kaftan, ja, nicht einmal auf seinen schönen wallenden
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Alte Liebe rostet nicht"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stockmann, Hermann
Entstehungsdatum
um 1909
Entstehungsdatum (normiert)
1904 - 1914
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 130.1909, Nr. 3310, S. 4
 
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