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L_. Rücksichtsvoll. .
Aber, Herr Wirt, da oben werden immer Kerne aus dem Fenster
geworfen. Wollen Sie doch diesem Unfug ein Ende machen!"
„Pardon, mein Herr, da darf ich nichts sagen! Das sind die Kinder
der Durchlaucht, die da oben eingemietet hat. . . Ich werde Ihnen aber sogleich
einen Regenschirm bringen."
Die Gardinenpredigt,
Mpät war's am Stammtisch geworden, sehr spat. Rudolf, ein jung verheirateter
lltann, ging schweren Aopfes und noch schwereren perzens nach Pause,
lvas wird er zu erwarten haben? Tränen — Ohnmacht — Verwünschungen . .
am Ende gar Rückkehr zur Mama? Er
seufzte tief auf und hätte viel darum ge-
geben, wenn es früher gewesen wäre oder
wenn er wenigstens ein Mittel gewußt
hätte, um eine Szene zu vermeiden. Er
sann und sann. Aber seine geistige Ver-
fassung war just nicht die geeignete, um
einen genialen Plan auszuhecken.
Da plötzlich kam ihm eine Idee. —
Auch für seinen Freund, den schon
länger verheirateten Permann, war es
dabei spät geworden — weit später, als
ihm lieb war und als es besonders seiner
Gattin lieb sein konnte. Er wußte genau,
was er zu erwarten hatte. Line Redeflut
stand ihm bevor, eine Aufzählung seiner
tatsächlichen und seiner angeblichen Sünden,
wovor es ihm jetzt schon heiß und kalt
über den Rücken lief. Wenn er nur ein
Mittel gefunden hätte, ein Mittel, um
seinem müden Kopf und seinem schweren
Perzen diese Folter zu ersparen I Aber
wo wollte er mit diesem pirn einen Ge-
danken hernehmen?
Da plötzlich kam ihm eine Idee. —
Rudolf betrat sein Schlafgemach. Die
junge Gattin saß in ihrem Bette. „Woher
kommst Du?" schluchzte sie tränenschwer. —
Auch Permann betrat sein Schlafgemach.
Seine ältere Gattin richtete sich im Bette
auf. „Woher kommst Du?" rief sie
schneidend.
„Telephoniere nur Permann an!" sagte
Rudolf mit dem ganzen Mute der Ver-
zweiflung.
„Telephoniere nur an Rudolf!" meinte
Permann mit der Aalte eines erfahrenen
Lhekriegers.
Beide Damen waren paff. Aber nur
einen Augenblick. Dann, von der Aühn-
heit des Rates überwältigt, eilten sie an
den Apparat.
„Bitte — 7725!"
„Bitte — 24891"
„Frau Rudolf hier — wer dort?"
„Frau Permann hier — wer da?"
Und dann begann ein Telexhongespräch
— ciit Sichausreden — ein gegenseitiges
Mitteilen, Alagen, Bedauern, eine seelische
Ablastung alles dessen, was die Männer
zu hören bekommen hätten.
Diese aber lauschten erst beide ver-
gnügt eine Zeitlang. Dann gähnten sic.
Später legten sie sich behaglich auf die
Seite und schlummerten ein — und beide
schnarchten sie schon süß, als die Gattin-
nen, müde, fröstelnd, befriedigt von den
telephonisch absolvierten Gardinenpredigten
über die Tugendlosigkeit der Ehemänner,
ihr Lager suchten.
L_. Rücksichtsvoll. .
Aber, Herr Wirt, da oben werden immer Kerne aus dem Fenster
geworfen. Wollen Sie doch diesem Unfug ein Ende machen!"
„Pardon, mein Herr, da darf ich nichts sagen! Das sind die Kinder
der Durchlaucht, die da oben eingemietet hat. . . Ich werde Ihnen aber sogleich
einen Regenschirm bringen."
Die Gardinenpredigt,
Mpät war's am Stammtisch geworden, sehr spat. Rudolf, ein jung verheirateter
lltann, ging schweren Aopfes und noch schwereren perzens nach Pause,
lvas wird er zu erwarten haben? Tränen — Ohnmacht — Verwünschungen . .
am Ende gar Rückkehr zur Mama? Er
seufzte tief auf und hätte viel darum ge-
geben, wenn es früher gewesen wäre oder
wenn er wenigstens ein Mittel gewußt
hätte, um eine Szene zu vermeiden. Er
sann und sann. Aber seine geistige Ver-
fassung war just nicht die geeignete, um
einen genialen Plan auszuhecken.
Da plötzlich kam ihm eine Idee. —
Auch für seinen Freund, den schon
länger verheirateten Permann, war es
dabei spät geworden — weit später, als
ihm lieb war und als es besonders seiner
Gattin lieb sein konnte. Er wußte genau,
was er zu erwarten hatte. Line Redeflut
stand ihm bevor, eine Aufzählung seiner
tatsächlichen und seiner angeblichen Sünden,
wovor es ihm jetzt schon heiß und kalt
über den Rücken lief. Wenn er nur ein
Mittel gefunden hätte, ein Mittel, um
seinem müden Kopf und seinem schweren
Perzen diese Folter zu ersparen I Aber
wo wollte er mit diesem pirn einen Ge-
danken hernehmen?
Da plötzlich kam ihm eine Idee. —
Rudolf betrat sein Schlafgemach. Die
junge Gattin saß in ihrem Bette. „Woher
kommst Du?" schluchzte sie tränenschwer. —
Auch Permann betrat sein Schlafgemach.
Seine ältere Gattin richtete sich im Bette
auf. „Woher kommst Du?" rief sie
schneidend.
„Telephoniere nur Permann an!" sagte
Rudolf mit dem ganzen Mute der Ver-
zweiflung.
„Telephoniere nur an Rudolf!" meinte
Permann mit der Aalte eines erfahrenen
Lhekriegers.
Beide Damen waren paff. Aber nur
einen Augenblick. Dann, von der Aühn-
heit des Rates überwältigt, eilten sie an
den Apparat.
„Bitte — 7725!"
„Bitte — 24891"
„Frau Rudolf hier — wer dort?"
„Frau Permann hier — wer da?"
Und dann begann ein Telexhongespräch
— ciit Sichausreden — ein gegenseitiges
Mitteilen, Alagen, Bedauern, eine seelische
Ablastung alles dessen, was die Männer
zu hören bekommen hätten.
Diese aber lauschten erst beide ver-
gnügt eine Zeitlang. Dann gähnten sic.
Später legten sie sich behaglich auf die
Seite und schlummerten ein — und beide
schnarchten sie schon süß, als die Gattin-
nen, müde, fröstelnd, befriedigt von den
telephonisch absolvierten Gardinenpredigten
über die Tugendlosigkeit der Ehemänner,
ihr Lager suchten.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Rücksichtsvoll"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1909
Entstehungsdatum (normiert)
1904 - 1914
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)