Aquavit und Aqua fortis.
„Geben Sie den Kerlen doch Spiritus, vielleicht stellt dies
die Bande zufriedenflüsterte der Provisor seinem Prinzipal
zu, worauf dieser in seiner Angst auch einging, und die leeren
Gläser mit sechziggrädigem Sprit füllte.
Auch dieser wurde von den Russen sofort vertilgt und ein
Lächeln der Zufriedenheit und des Wohlbehagens verklärte die
bärtigen Gesichter.
„Gott sei Dank!" rief Demetrius, freier aufathmend,
„damit werden sie wohl zufrieden sein." Allein er hatte sich
geirrt. Nach einer kurzen Berathung, welche die Truppe unter
einander heftig gesticulirend hielt, traten'die beiden Unteroffiziere
hervor und riefen, den Apotheker etwas unsanft beim Arme
nehmend:
„Nem, nem, nix ma dobri. Wutki wie heute früh, so
schön Wutki!"
„Ach du mein Himmel, sie wollen wirklich Scheidewasser!"
rief erschrocken Demetrius. „Das geht doch gar nicht; wenn
auch diese beiden Unmenschen einen solchen Straußenmagen ha-
ben, wer bürgt mir denn dafür, daß nicht' einer der übrigen
fünfzehn eine schwächere Constitution hat und sofort nach dem
Genuß des Aqua fortis hier umfällt und mir unter den Händen
stirbt?!"
„Dobri Wutki, Dobri Wutki!“ schrieen die fümmtlichen
Russen im Chor und zeigten mit den Händen nach der Fla-
schenreihe, wobei jedoch ihre Physiognomien sich merklich ver-
finsterten und den unverkennbaren 'Ausdruck des Unwillens an-
nahmen.
Dies hatte Eudoxia vorausgesehen, welche hinter dem ein
wenig geöffneten kleinen Schiebfenster diese ganze Scene genau
beobachtet hatte. Auf ihren Ruf nahte sich der Provisor, wel-
chem sie die Flasche mit Scheidewasser übergab, die heute früh
^ der Gegenstand des Entsetzens von Seite des Apothekers gewe-
sen war, und flüsterte ihrem Gemahl zu, welcher in der Angst
seines Herzens zu ihr seine Zuflucht nahm:
„Gieb Jedem ein kleines Gläschen, Du wirst diese Plage-
geister sonst nicht los, und gefährlich, davon hast Du nun den
Beweis, ist ihnen Dein Aqua fortis nicht."
Der Apotheker eilte wieder in den Laden und begann die
kleinsten Schnapsgläschen, die er besaß, mit Scheidewasser zu
füllen, wobei die beiven Unteroffiziere sich gegenseitig mißbilligend
zuwinkten; als aber auch dieser Trank die Runde machte, und
sich dabei die Gesichter der Beschützer des heiligen Grabes an-
fangs krampfhaft verzerrten, dann aber ein Lächeln seliger Ver-
klärung den schmerzhaften Ausdruck vertrieb, da riefen Alle
wohlgefällig:
„Ta, ta, Hospanni! Ja, ja, Herr! Bakala derum! Wir
. danken schön! Dobri, dobri Wutki!" worauf sie noch einmal
die leeren Gläser dem Apotheker hinreichten und um eine zweite
Auflage baten.
Aber Demetrius wies ihnen kopfschüttelnd die leere Flasche,
und zuckte mit den Achseln, als wollte er ihnen damit sagen,
daß dieser Stoff nun vergriffen sei, was die Ruffen sehr deut-
lich zu verstehen schienen, ihre Kopeken auf den Tisch legten
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und mit wehmüthigen Blicken ihn anschauend, unter dem Rufe:
Dobri notz! sich entfernten.
Der Sophienapotheker soll seit jenem Tage ein sehr be-
deutendes Geschäft in Aqua fortis machen, und Eudoxia reif’t
nicht nach Klausenburg, sondern Hilst dem Gemahl und dem
Provisor im Laboratorium in der Bereitung des Scheidewassers,
welches gegenwärtig in zweiter Verdünnung der gangbarste Ar-
tikel in Bucharest ist.
Papierschnitzeln.
Frühlingslied.
Horch, welch' ein Schallen aus blauen Höh'n,
Welch' Rauschen jubelnder Lieder!
Den Mai zu begrüßen schwangen sich aus
Die Lerchen aus gold'nem Gefieder.
Und sieh', wie ein Teppich von grünem Sammt,
Des Maien Füßen entbreitet.
So prangt der Wiese duftiges Gras,
D'rauf spielend das Lüftchen gleitet. —
Doch hätt' man der Lerchen so viel nicht gesaugt,
Kläng's wohl noch in herrlicher'm Chore,
Und hätt' man die Wiese besser gedüngt,
Stänv' Alles noch schöner im Flore. Br.
Uebergroße Bescheidenheit. Bauernfrau. „Guten
Tag; sens eppet (etwa) g'wiß der neue Herr Pfarra?"
Pfarrer. „Ja wohl, liebe Frau!"
Frau „Wie g'fällt's Jhna denn hoi (hier)? Nehme Sie's
halt net übel, daß wer so viel Berg' habe!"
Neuer Färbestoff. Vater. „Was mach'st Du denn
da, Hannchen?"
Kind. „Ei, ich färbe das Kleidchen meiner Puppe roth?"
Vater. „Womit färbst Du denn?"
Kind. „Mit Bier, Papa!"
Vater. Ja wer hat Dir denn gesagt, daß Bier roth
färbt?"
Kind. „Ja, die Mama sagte erst gestern, das Mer hätte
Deine Nase so roth gefärbt!"
Metamorphose. Rösle. „Ach, grüß'Dich Gott, Theres'!
Dich Hab' ich schon lang nimmer unter's G'sicht 'kriegt!"
Therese. „Ei, das „Theres'" verbitt' ich mir, ich heiße
jetzt Madame Schmalzer!"
Rösle. „Herrje, was. Du bistverheirathet! Ja und wen
hast Du denn?"
Therese. „Mein Mann ist Trompeter e r st e r K l a s s e."
Rösle. „So, d'rum bist Du so ausgeblasen!" —
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„Geben Sie den Kerlen doch Spiritus, vielleicht stellt dies
die Bande zufriedenflüsterte der Provisor seinem Prinzipal
zu, worauf dieser in seiner Angst auch einging, und die leeren
Gläser mit sechziggrädigem Sprit füllte.
Auch dieser wurde von den Russen sofort vertilgt und ein
Lächeln der Zufriedenheit und des Wohlbehagens verklärte die
bärtigen Gesichter.
„Gott sei Dank!" rief Demetrius, freier aufathmend,
„damit werden sie wohl zufrieden sein." Allein er hatte sich
geirrt. Nach einer kurzen Berathung, welche die Truppe unter
einander heftig gesticulirend hielt, traten'die beiden Unteroffiziere
hervor und riefen, den Apotheker etwas unsanft beim Arme
nehmend:
„Nem, nem, nix ma dobri. Wutki wie heute früh, so
schön Wutki!"
„Ach du mein Himmel, sie wollen wirklich Scheidewasser!"
rief erschrocken Demetrius. „Das geht doch gar nicht; wenn
auch diese beiden Unmenschen einen solchen Straußenmagen ha-
ben, wer bürgt mir denn dafür, daß nicht' einer der übrigen
fünfzehn eine schwächere Constitution hat und sofort nach dem
Genuß des Aqua fortis hier umfällt und mir unter den Händen
stirbt?!"
„Dobri Wutki, Dobri Wutki!“ schrieen die fümmtlichen
Russen im Chor und zeigten mit den Händen nach der Fla-
schenreihe, wobei jedoch ihre Physiognomien sich merklich ver-
finsterten und den unverkennbaren 'Ausdruck des Unwillens an-
nahmen.
Dies hatte Eudoxia vorausgesehen, welche hinter dem ein
wenig geöffneten kleinen Schiebfenster diese ganze Scene genau
beobachtet hatte. Auf ihren Ruf nahte sich der Provisor, wel-
chem sie die Flasche mit Scheidewasser übergab, die heute früh
^ der Gegenstand des Entsetzens von Seite des Apothekers gewe-
sen war, und flüsterte ihrem Gemahl zu, welcher in der Angst
seines Herzens zu ihr seine Zuflucht nahm:
„Gieb Jedem ein kleines Gläschen, Du wirst diese Plage-
geister sonst nicht los, und gefährlich, davon hast Du nun den
Beweis, ist ihnen Dein Aqua fortis nicht."
Der Apotheker eilte wieder in den Laden und begann die
kleinsten Schnapsgläschen, die er besaß, mit Scheidewasser zu
füllen, wobei die beiven Unteroffiziere sich gegenseitig mißbilligend
zuwinkten; als aber auch dieser Trank die Runde machte, und
sich dabei die Gesichter der Beschützer des heiligen Grabes an-
fangs krampfhaft verzerrten, dann aber ein Lächeln seliger Ver-
klärung den schmerzhaften Ausdruck vertrieb, da riefen Alle
wohlgefällig:
„Ta, ta, Hospanni! Ja, ja, Herr! Bakala derum! Wir
. danken schön! Dobri, dobri Wutki!" worauf sie noch einmal
die leeren Gläser dem Apotheker hinreichten und um eine zweite
Auflage baten.
Aber Demetrius wies ihnen kopfschüttelnd die leere Flasche,
und zuckte mit den Achseln, als wollte er ihnen damit sagen,
daß dieser Stoff nun vergriffen sei, was die Ruffen sehr deut-
lich zu verstehen schienen, ihre Kopeken auf den Tisch legten
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und mit wehmüthigen Blicken ihn anschauend, unter dem Rufe:
Dobri notz! sich entfernten.
Der Sophienapotheker soll seit jenem Tage ein sehr be-
deutendes Geschäft in Aqua fortis machen, und Eudoxia reif’t
nicht nach Klausenburg, sondern Hilst dem Gemahl und dem
Provisor im Laboratorium in der Bereitung des Scheidewassers,
welches gegenwärtig in zweiter Verdünnung der gangbarste Ar-
tikel in Bucharest ist.
Papierschnitzeln.
Frühlingslied.
Horch, welch' ein Schallen aus blauen Höh'n,
Welch' Rauschen jubelnder Lieder!
Den Mai zu begrüßen schwangen sich aus
Die Lerchen aus gold'nem Gefieder.
Und sieh', wie ein Teppich von grünem Sammt,
Des Maien Füßen entbreitet.
So prangt der Wiese duftiges Gras,
D'rauf spielend das Lüftchen gleitet. —
Doch hätt' man der Lerchen so viel nicht gesaugt,
Kläng's wohl noch in herrlicher'm Chore,
Und hätt' man die Wiese besser gedüngt,
Stänv' Alles noch schöner im Flore. Br.
Uebergroße Bescheidenheit. Bauernfrau. „Guten
Tag; sens eppet (etwa) g'wiß der neue Herr Pfarra?"
Pfarrer. „Ja wohl, liebe Frau!"
Frau „Wie g'fällt's Jhna denn hoi (hier)? Nehme Sie's
halt net übel, daß wer so viel Berg' habe!"
Neuer Färbestoff. Vater. „Was mach'st Du denn
da, Hannchen?"
Kind. „Ei, ich färbe das Kleidchen meiner Puppe roth?"
Vater. „Womit färbst Du denn?"
Kind. „Mit Bier, Papa!"
Vater. Ja wer hat Dir denn gesagt, daß Bier roth
färbt?"
Kind. „Ja, die Mama sagte erst gestern, das Mer hätte
Deine Nase so roth gefärbt!"
Metamorphose. Rösle. „Ach, grüß'Dich Gott, Theres'!
Dich Hab' ich schon lang nimmer unter's G'sicht 'kriegt!"
Therese. „Ei, das „Theres'" verbitt' ich mir, ich heiße
jetzt Madame Schmalzer!"
Rösle. „Herrje, was. Du bistverheirathet! Ja und wen
hast Du denn?"
Therese. „Mein Mann ist Trompeter e r st e r K l a s s e."
Rösle. „So, d'rum bist Du so ausgeblasen!" —
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