Insel Wilcken's Keller.
ein Lama, und ein schwarzer Panther, fröhlich angesprungen J
kommen! Ich sehe den Thierei, starr in die glühenden Augen, !
denn der menschliche Blick hat eine Wunderkraft über die wilden
Bestien, da kauern sie alle nieder und wedeln mit den
Schweifen, das Elephantenkalb mit dem Rüssel! Ich, dreist
gemacht, trete einige Schritte näher zur Höhle. Die Thiere
ziehen sich scheu zurück, nur die Tigerkatze, meine freundliche
Führerin, blieb am Eingänge der Höhle links, ehrerbietig stehen,
und winkte mir mit der rechten Vordertatze, als wollte sie
sagen, bitte Herr Wchncke, gehen Sie nur voraus, ich bin hier
zu Hause! Ich winke ihr mit der Hand vorauszugchen, sic
thut es auch und ich folge ihr dreist! Denkt Euch mein Er-
staunen, ich finde eine ganz elegant dekorirte, schön und be-
quem eingerichtete Höhle! Ein Sophn, sechs Stühle, Spiegel,
Kommode, Bilder an der Wand — Mazeppa, Napoleon und
Christian der 8te, wie er in der Bucht bei Eckernförde in die
Luft fliegt; also ein Deutscher mußte hier wohnen! Ich warte
eine, zwei, drei Stunden auf den Besitzer der Höhle, der viel-
leicht in Geschäften aus war — vergebens! Endlich faste ich
mir ein Herz, zünde um ihn zu suchen, ein Licht an und finde
noch ein elegantes Schlafzimmer mit einem herrlichen Matrazen-
bett, Waschtisch, Handtuch, Seife, ein paar Pistolen, eine Dop-
pelflinte, Brockhaus Conversations Lexikon mit die Supplement-
bünde dazu, und zwei Numern der Zahres-Berichte der Gothaer
Lebensversicherungs-Anstalt, eine Kaffemaschine, und eine Stu-
dirlampe. Aber wo war, tvo blieb der Höhlenbesitzcr? Da
sehe ich auf der Rasirtoilette ein Zettelchen liegen! Ich lese es:
„Wohlgcborner Herr! Sehr geehrter Fremdling! Wer
„Du auch seiest, der diese Zeilen findet, benütze dreist Alles
„in dieser Höhle; was Du findest ist Dein! Unglückliche Liebe
„ließ mich hier ein Asyl finden! Meine Leiden werden bald
„ein Ziel finden! O Amalie, Amalia! — ! — Ich fühle es,
„daß mein Ende herannaht; doch sterbe ich heiter und gefaßt!
„Es ist ein rheumatisches Leiden, das ich mir in dieser ver-
„fluchtcn sackermentschcn Höhle zugezvgen und leichstinnig behandelt
„habe! Es könnte mir leicht geholfen werden, das weiß ich;
„— aber wie sollte ich von hier aus nach Gräfenberg kom-
„men? — Doch lasten wir das! Amalie, mir ewig theuere
„Amalie! Du hast mein Lebensglück, vielleicht für immer,
„leichtsinnig zerstört — doch — ich verzeihe Dir! Edler
„Fremdling, bringe meine Gebeine nach Hamburg, daß ich in
„vaterländischem Boden ruhe! Für die Auslagen, die das macht,
„findest Du in meine Komode, links bei die Vatermörder, achtzig
„Spezies, nimm sie, sie nützen mich doch Nichts mehr! Lebe
„glücklich und zufrieden! O Amalie! Amalie! Hochachtungsvoll
„und ergebenst
Wilckens Keller (so habe ich diese Insel genannt) den !
19. August 1827.
0r. W_ praktischer Arzt und Geburtshelfer
aus Hamburg."
„Also .ein Hamburger, ein Landsmann! Nachdem ich
diese schmerzlichen Zeilen gelesen und mit wehmuthsvolle Thränen
von wahre Theilnahme benetzt hatte, durchsuchte ich alle Win-
kel der weitläufigen Höhle, um die Ueberreste seines irdischen
Körpers zu finden. Vergebens! Ich gehe von meiner treuen
ein Lama, und ein schwarzer Panther, fröhlich angesprungen J
kommen! Ich sehe den Thierei, starr in die glühenden Augen, !
denn der menschliche Blick hat eine Wunderkraft über die wilden
Bestien, da kauern sie alle nieder und wedeln mit den
Schweifen, das Elephantenkalb mit dem Rüssel! Ich, dreist
gemacht, trete einige Schritte näher zur Höhle. Die Thiere
ziehen sich scheu zurück, nur die Tigerkatze, meine freundliche
Führerin, blieb am Eingänge der Höhle links, ehrerbietig stehen,
und winkte mir mit der rechten Vordertatze, als wollte sie
sagen, bitte Herr Wchncke, gehen Sie nur voraus, ich bin hier
zu Hause! Ich winke ihr mit der Hand vorauszugchen, sic
thut es auch und ich folge ihr dreist! Denkt Euch mein Er-
staunen, ich finde eine ganz elegant dekorirte, schön und be-
quem eingerichtete Höhle! Ein Sophn, sechs Stühle, Spiegel,
Kommode, Bilder an der Wand — Mazeppa, Napoleon und
Christian der 8te, wie er in der Bucht bei Eckernförde in die
Luft fliegt; also ein Deutscher mußte hier wohnen! Ich warte
eine, zwei, drei Stunden auf den Besitzer der Höhle, der viel-
leicht in Geschäften aus war — vergebens! Endlich faste ich
mir ein Herz, zünde um ihn zu suchen, ein Licht an und finde
noch ein elegantes Schlafzimmer mit einem herrlichen Matrazen-
bett, Waschtisch, Handtuch, Seife, ein paar Pistolen, eine Dop-
pelflinte, Brockhaus Conversations Lexikon mit die Supplement-
bünde dazu, und zwei Numern der Zahres-Berichte der Gothaer
Lebensversicherungs-Anstalt, eine Kaffemaschine, und eine Stu-
dirlampe. Aber wo war, tvo blieb der Höhlenbesitzcr? Da
sehe ich auf der Rasirtoilette ein Zettelchen liegen! Ich lese es:
„Wohlgcborner Herr! Sehr geehrter Fremdling! Wer
„Du auch seiest, der diese Zeilen findet, benütze dreist Alles
„in dieser Höhle; was Du findest ist Dein! Unglückliche Liebe
„ließ mich hier ein Asyl finden! Meine Leiden werden bald
„ein Ziel finden! O Amalie, Amalia! — ! — Ich fühle es,
„daß mein Ende herannaht; doch sterbe ich heiter und gefaßt!
„Es ist ein rheumatisches Leiden, das ich mir in dieser ver-
„fluchtcn sackermentschcn Höhle zugezvgen und leichstinnig behandelt
„habe! Es könnte mir leicht geholfen werden, das weiß ich;
„— aber wie sollte ich von hier aus nach Gräfenberg kom-
„men? — Doch lasten wir das! Amalie, mir ewig theuere
„Amalie! Du hast mein Lebensglück, vielleicht für immer,
„leichtsinnig zerstört — doch — ich verzeihe Dir! Edler
„Fremdling, bringe meine Gebeine nach Hamburg, daß ich in
„vaterländischem Boden ruhe! Für die Auslagen, die das macht,
„findest Du in meine Komode, links bei die Vatermörder, achtzig
„Spezies, nimm sie, sie nützen mich doch Nichts mehr! Lebe
„glücklich und zufrieden! O Amalie! Amalie! Hochachtungsvoll
„und ergebenst
Wilckens Keller (so habe ich diese Insel genannt) den !
19. August 1827.
0r. W_ praktischer Arzt und Geburtshelfer
aus Hamburg."
„Also .ein Hamburger, ein Landsmann! Nachdem ich
diese schmerzlichen Zeilen gelesen und mit wehmuthsvolle Thränen
von wahre Theilnahme benetzt hatte, durchsuchte ich alle Win-
kel der weitläufigen Höhle, um die Ueberreste seines irdischen
Körpers zu finden. Vergebens! Ich gehe von meiner treuen
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Insel Wilcken's Keller"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 20.1854, Nr. 468, S. 90
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg