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Fliegende Blätter — 32.1860 (Nr. 757-782)

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154

Aus dem E r

„Du •— langer Stoffel, mit Deinen krummen Haren!
Wie heißt Du?"

Rekrut: „Christoph Mahlhubcr!"

Feldwebel: „Das habe ich Dir angesehen, daß Du
Stoffel heißt." —

(Die übrigen Rekruten belachen natürlich pflichtschuldigst
diesen Spaß ihres Vorgesetzten.)

Feldwebel: „Ruhig, Kerls! das Lachen wird Euch

noch vergehen! Ich rathe Dir im Guten, Du Stoffel Krumm-
bein, — nehme Dich wohl zusammen! Fuchteln darf ich Dich
nicht, — das ist gegen das Reglement und streng verboten;
wenn ich Dir aber von ungefähr mit dem Absatz auf einen
Deiner krummen Füße trete, daß Du in die Luft springen
möchtest, oder wenn ich Dir in das Gesicht greife, daß man
die Spuren der Finger monatelang auf Deinen Backen stehen
sieht, — so wirst Du vielleicht es so gut spüren als ein halb
Dutzend ordonnanzmäßigc Fuchtel und das ist nicht gegen das
Reglement! — Also: Achtung! Zm Paradeschritt —vorwärts

— marsch! — Eins — zwei — eins — zwei — links —
rechts — links — rechts — Donnerwetter — halt!

Ich sehe schon, ich muß Dich einmal allein vornehmen,
Du fauler krummbeiniger Schlingel! Hiehcr — zu mir!
G'rad gestellt! Kopf in die Höh — Brust heraus! Aus-
wärts die Schuhspitzen, immer mehr auswärts! Du bist ge-
wiß ein Schasschcrer, oder Deine Mutter hat Dich über ein
Faß gehen lernen! He — wie? Antwort Bursche — was
für eine Prosession treibst Du zu Hause?"

Rekrut: „Ich bin ein Leineweber!"

Feldwebel: „Wenn Du nicht besser weben als mar-
schircn kannst, dann bedauere ich die Weiber, die ihr Garn
Dir anvertrauen!"

Rekrut: „O, ich mach' ein ganz schönes Stückle Tuch,

— und wenn die Frau Feldwebel einmal eine Probe machen
will, so wird sie gewiß zufrieden sein!"

Feldwebel: „Was kostet denn die Elle bei Euch zu weben?"

Rekrut: „Darnach das Garn ist — ich würde erst
ein Stückle zur Probe weben und wenn das nach Wunsch
ausfallt, dann werden wir beim nächsten Stückle über den
Preis schon einig werden. — Wenn ich einmal Urlaub be-
komme, will ich das Garn mit nach Haus nehmen."

Feldwebel: „Das kannst Du mit meiner Frau aus-
machcn, — das geht mich nichts an, — jetzt wird ercrciert,

— nichts mehr sprechen. — G'rad stehen! — Achtung!
Vorwärts marsch! — Links — rechts — links — rechts —
eins — zwei — eins — zwei — halt! — Siehst Du,
Mahlhubcr, daß cs geht, wenn man nur will! Bei Euch
helfen aber gute Worte nichts, — man muß immer erst das
Rauhe hcrauswenden. Du hast eben Deine Sachen ganz gut
gemacht, — ich bin recht zufrieden mit Dir. Trete zurück,
und ruhe aus. — Du Rothkopf, trete einmal vor, — Dir
mujj ich auch erst beibringcn, was rechts und links ist, —
2>u scheinst mir der dümmste von der ganzen Gesellschaft zu
sein. Siehst Du, die Hand, mit welcher Du den Löffel in den
Mund führst, wenn Du Deine Suppe zu Dir nimmst, das

erzicrplatze.

ist Deine rechte Hand und wo die ist, da ist Deine rechte
Seite, — und die andere Seite ist Deine linke Seite!
Hast Du mich verstanden? Vergesse das nicht, mein liebes
Söhnchen, präge eS Dir in Deinen dummen Kopf ein und
behalte es fein, wenn es Dir möglich ist, denn wenn Du
wieder einen Fehler machst, dann werde ich unangenehm!
Verstanden, mein liebes Rindvieh?"

Rekrut: „Ich weiß" —

Feldwebel (unterbrechend): „Still, wenn ich spreche!
Ruhig gestanden und nicht gerührt, wenn ich Dir zum Guten
rathen soll! Was weißt Du denn, mein Lieber? Daß Du
das größte Rindvieh in meiner Compagnie bist? Das weiß
ich auch, das weiß ich schon lange, — das ist mir leid genug!
Ich habe schon manchen dummen Schneider in meiner Com-
pagnie gehabt, — aber Dir reicht keiner das Wasser! Sonst
gehören die Schneider nicht gerade zu den dümmsten, zudem,
wenn sie rothe Haare haben." —

Rekrut: „Ich bin kein Schneider!"

Feldwebel: „Du bist kein Schneider — Du bist doch
so schlank wie ein Ritter von der Radel! Was bist Du denn
für ein Geselle?"

Rekrut: „Ich bin Schlosser!"

Feldwebel: „Ein Schlosser? — Das hätte ich Dir
nicht angesehen! Apropos! meine Frau hat schon lange ein
zerbrochenes Bügeleisen zu Hause, — wenn Du einmal in
Urlaub gehst, kannst Du cs mitnehmen und Deine Kunst
daran probiren; was es kostet, das bezahle ich recht gerne!"

Rekrut: „Ich Hab' ein schönes neues Bügeleisen zu
Hause, das will ich der Frau Feldwebel mitbringen, —
wenn cs ihr gefällt." —

Feldwebel: „Das ist nichts für uns — das kostet
jedenfalls zu viel Geld — bei meiner geringen Löhnung
kann ich das nicht bezahlen." —

Rekrut: „Das ist nicht auf den Kauf gemacht, —
das ist mein Gesellenstück, — da will ich, wenn es erlaubt
ist, der Frau Feldwebel ein kleines Präsent mit machen."

Feldwebel: „Das darf nicht sein, lieber Sohn! Wir
dürfen keine Geschenke annehmen, — wenn cs aber so ist,
wie Du sagst, so kannst Du das Bügeleisen einmal mitbringen,
da werden wir schon Handels eins."

In diesem Augenblick kommt ein Rekrut mit schnellen
Schritten auf dem Erercicrplatzc an und meldet sich bei dem
Feldwebel. Dieser sagt: „Sich da, sieh da — der Herr

Schwemlcr, — woher so eilig?"

Rekrut: „Herr Feldwebel! Ich habe" —

Feldwebel mit barscher Stimme: „Still sag' ich! Nicht
raisonirt! Da wird keine Entschuldigung angenommen, —und
wenn Vater und Mutter gestorben sind und das Haus ist ein-
gestürzt, — es hilft Alles nichts. Du bist über Urlaub aus-

gcblieben, — Du warst gestern Abend bei dem Verlesen

nicht zugegen, — Du bist notirt und hast drei Tage scharf,
weil cs das erstemal ist, — melde Dich nur bei dem Profoßcn
— der Hauptmann hat die Straf diktirt — also marsch in's Loch."

(Schluß folgt,)
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