30 Im Carneval.
Nur ein Haus, das strahlt gar herrlich, reich au hellstem
Lichterglanze,
Dort erfreut sich Rang und Reichthum weidlich an Bankett
und Tanze;
Durch ein osf'nes Fenster mengt sich Lärm, Musik, Cham-
pagnerdüften,
Und der Freude heißer Athcm mit des Winters starren Lüften.
Unten aber, auf der Straße, harrt ein armer Rosselenker
Des Verdienstes. — Traurig, frierend, und, was schlimmer
noch, ein Deuker,
Murmelt er: „O Gott, verzeih' mir's, aber nimmer werd'
ich's fasten,
Wcßhalb ich hier hungernd stehe, während Die in Freuden
prasten.
Oben nichts als Lust und Lachen, Scherz, Genuß und Gläser-
klingcn.
Während Kälte mir und Mangel bis an's Mark der Seele
dringen.
Ob die frohen Leutchen d'roben, auch von Frost und Hunger
wissen,
Die in Uebermuth und Hitze jenes Fenster aufgerissen?
Wär' dies; Volk nicht voller Leichtsinn, dächt's, das; es mit
diesen Tönen
Scheint den Sohn der bittcrn Armuth nur zu reizen und
zu höhne».
Wie ein Hund vor dem Gebieter, muß er hier erwartend
kuschen,
Während d'roben die Gestalten lusterfüllt vorüber huschen.
So bekömmt denn doch der Arme, wie cr's duldend auch
mag drehen,
Von den Freuden dieses Lebens stets die Schatten nur zu
sehen."
Sich'! Da neigt vom osf'nen Fenster sich ein Kopf mit hci-
ser'm Lachen:
„Dummer Bursch', da unten! Willst wohl einen Schneemann
aus Dir machen?
Wohl vier Stunden kann cs währen noch, bis dieser Ball
zu Ende; —
Armer Kerl! Sollst auch was haben! Wärm' Dir Magen
d'ran und Hände!"
Und bald öffnet dem Erstaunten sich der Thorweg jenes Hauses,
Und man bringt vor ihn die Reste eines überreichen Schmauses;
Auch manch' Glas voll heißen Punsches macht den Armen
bald vergeben:
„Ist nur herzlos nicht der Reiche, läßt sich's ganz erträglich
leben."
O, Ihr Reichen! die das Dasein Ihr nur kennt an dessen
Freuden,
Wenn der Arme, hungernd, frierend, anfängt Euer Loos zu
neiden,
Schickt den Punsch des Ueberfluffes ihm — dieß sei Euch
. anempfohlen, —
Auf die Straße, eh' ihm's einfällt, selbst sich ihn hinab zu holen!
M. Hanau.
Die Gewohnheit.
Erster Reisender: „Ja, ja, sterben ist kein Kinder-
spiel, da mag man sagen, was man will." — Zweiter
Reisender: „Ru, seh'n Sie, da habe Sie eigentlich nit
Unrecht, aber mcr kann Alles gewöhnt werden." — Erster:
„Ja wie? Sic werden doch nicht schon mehrere Male ge-
storben sein?" — Zweiter: „Das g'rad nit, aber ich bin
der Scharfrichter von Männern." '*)
Der richtige Grund.
Vom Thurme zu Licbfraucn
Schallt tiefer Glockcnklang;
Er kündet mit crz'ncm Munde
Der Stunden flüchtigen Gang;
Doch wie sie auch ertönen, »
So mächtig und sonor —
Des Tages wüstes Lärmen
Verschleiert unser'Ohr;
Wer aber sie will hören
In ihrer ganzen Pracht,
Der lausche ihrer Stimme
Andächtig in stiller Nacht.
Zu hören, wenn sic am öft'stcu
Erklingen, so Gott mir helf',
, Allein, macht, warum vom Wirthshaus
Ich nie heimgeh' vor Schlag Zwölf.
*) Mannheim._ZZZIH_Crassus.
Nur ein Haus, das strahlt gar herrlich, reich au hellstem
Lichterglanze,
Dort erfreut sich Rang und Reichthum weidlich an Bankett
und Tanze;
Durch ein osf'nes Fenster mengt sich Lärm, Musik, Cham-
pagnerdüften,
Und der Freude heißer Athcm mit des Winters starren Lüften.
Unten aber, auf der Straße, harrt ein armer Rosselenker
Des Verdienstes. — Traurig, frierend, und, was schlimmer
noch, ein Deuker,
Murmelt er: „O Gott, verzeih' mir's, aber nimmer werd'
ich's fasten,
Wcßhalb ich hier hungernd stehe, während Die in Freuden
prasten.
Oben nichts als Lust und Lachen, Scherz, Genuß und Gläser-
klingcn.
Während Kälte mir und Mangel bis an's Mark der Seele
dringen.
Ob die frohen Leutchen d'roben, auch von Frost und Hunger
wissen,
Die in Uebermuth und Hitze jenes Fenster aufgerissen?
Wär' dies; Volk nicht voller Leichtsinn, dächt's, das; es mit
diesen Tönen
Scheint den Sohn der bittcrn Armuth nur zu reizen und
zu höhne».
Wie ein Hund vor dem Gebieter, muß er hier erwartend
kuschen,
Während d'roben die Gestalten lusterfüllt vorüber huschen.
So bekömmt denn doch der Arme, wie cr's duldend auch
mag drehen,
Von den Freuden dieses Lebens stets die Schatten nur zu
sehen."
Sich'! Da neigt vom osf'nen Fenster sich ein Kopf mit hci-
ser'm Lachen:
„Dummer Bursch', da unten! Willst wohl einen Schneemann
aus Dir machen?
Wohl vier Stunden kann cs währen noch, bis dieser Ball
zu Ende; —
Armer Kerl! Sollst auch was haben! Wärm' Dir Magen
d'ran und Hände!"
Und bald öffnet dem Erstaunten sich der Thorweg jenes Hauses,
Und man bringt vor ihn die Reste eines überreichen Schmauses;
Auch manch' Glas voll heißen Punsches macht den Armen
bald vergeben:
„Ist nur herzlos nicht der Reiche, läßt sich's ganz erträglich
leben."
O, Ihr Reichen! die das Dasein Ihr nur kennt an dessen
Freuden,
Wenn der Arme, hungernd, frierend, anfängt Euer Loos zu
neiden,
Schickt den Punsch des Ueberfluffes ihm — dieß sei Euch
. anempfohlen, —
Auf die Straße, eh' ihm's einfällt, selbst sich ihn hinab zu holen!
M. Hanau.
Die Gewohnheit.
Erster Reisender: „Ja, ja, sterben ist kein Kinder-
spiel, da mag man sagen, was man will." — Zweiter
Reisender: „Ru, seh'n Sie, da habe Sie eigentlich nit
Unrecht, aber mcr kann Alles gewöhnt werden." — Erster:
„Ja wie? Sic werden doch nicht schon mehrere Male ge-
storben sein?" — Zweiter: „Das g'rad nit, aber ich bin
der Scharfrichter von Männern." '*)
Der richtige Grund.
Vom Thurme zu Licbfraucn
Schallt tiefer Glockcnklang;
Er kündet mit crz'ncm Munde
Der Stunden flüchtigen Gang;
Doch wie sie auch ertönen, »
So mächtig und sonor —
Des Tages wüstes Lärmen
Verschleiert unser'Ohr;
Wer aber sie will hören
In ihrer ganzen Pracht,
Der lausche ihrer Stimme
Andächtig in stiller Nacht.
Zu hören, wenn sic am öft'stcu
Erklingen, so Gott mir helf',
, Allein, macht, warum vom Wirthshaus
Ich nie heimgeh' vor Schlag Zwölf.
*) Mannheim._ZZZIH_Crassus.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der richtige Grund"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Heimweg
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 36.1862, Nr. 864, S. 30
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg