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Kaiser Napoleon I. ein Mythus.
gegen, daß ja heutigen Tages noch Viele leben, welche jenen
Mythcnkaiser gesehen zu haben vorgeben, so geben wir ent-
gegen nur zu bedenken, daß es Greise, durch Kriegsstrapazen
halb gehirublöd gewordene, und an einer lieb gewordenen fixen
Idee begriffsstützig hängende Persönlichkeiten sind. Noch drei-
ßig Jahre vorüber — und jenes Häuflein wahnbethörter Greise
wird nicht mehr sein, und der faktischste Beweis der Nichtexi-
stenz jenes Phantoms ist geliefert. Hat doch schon vor 20
Jahren der echt theatralische Versuch Ludwig Philipp's, die
angebliche Asche desielben nach Paris zu schaffen, die erwartete
Wirkung, den morschen Königsstuhl neu zu stützen, selbst im
eigenen Lande ganz und gar verfehlt! Und gibt es für dieLeicht-
gläubigkeit der Völker an immaginäre Persönlichkeiten nicht
heutzutage noch die eclatautcsten Belege? Sollen wir an die
gleichfalls als Zeit- und National-Spiegelbilder trefflich er-
fundenen neuesten Gestalten unserer eigenen deutschen Presse ^)
noch erinnern, — an jenen Herrn Baron von Beisele, sammt
seinem Hofmeister vr. Eisele, — die schalkhaften Geißeln des
socialen deutschen Städtelebens, — an jenen Staatshämorr-
hoidarius, den trefflichen Repräsentanten süddeutscher Bureau-
kratie, an Herrn Blaumaier und Frau Nanni, die stereotypen
Vertreter gleichfalls süddeutscher Bourgeoisie, an die beiden
Extrem-Politiker Wühlhuber und Hculmaier, an den praktischen
Fortschrittsmann Master Vorwärts und noch gar viele andre
Gestalten der „Fliegenden Blätter," an deren persönliche Exi-
stenz — freilich wieder vorherrschend in Süddeutschland —
von vielen Tausenden nachweislich geglaubt wurde, 8) so fest
und zuversichtlich, wie an weiland Napoleon Bonaparte? —
Und fragt man uns schließlich, warum wir selber diese un-
sere Abhandlung auf dem Gebiete historisch-politischer freier
Forschung (und allerdings verstehe ich, wie manchem braven
Manne und wackeren Patrioten eine solche Thätigkeit der ge-
schichtlichen Wiffenschaft unerfreulich dünken mag)8), nicht auf
dem gewohnten Wege der Brochure, sondern gerade in diesen
eben angezogcnen „Fliegenden Blättern" der Oesientlichkeit
zu übergeben uns bewogen finden, so antworten wir darauf
eben so offen: weil wir bei allen unfern bisherigen Enthül-
lungen und Offenbarungen dieser Art Alles erreicht haben,
bis auf Eines — die Popularität, d. h. die objectiv gläubige,
überzeugte Aufnahme des gesammten gebildeten deutschen Pu-
blikums, die uns auf diesem Wege a priori gesichert erscheint.
4) Wir ziehen bier mit einiger Selbstüberwindung absichtlich nur
Produkte der süddeutschen Presse an, um ein für allemal die
uns von derselben geziehene norddeutsche Einseitigkeit und Selbst-
liebe thatsachlich zu dementiren.
5) Schrieb selbst Goethe nicht noch seinen „Faust," Geibel seine
„Brunhild," Paul Hchse seine „Sabinerinen" jc., alö hatten sie
es mit Menschen der Geschichte, statt mit Zeitideen zu thun?
6) Siehe v. Shbels „Deutsche Nation -c." Vorrede, Seite 6.
Der Lohn einer guten That.
(Eine wahre Geschichte.)
Wenn man von dem Lohn der Tugend
Hin und wieder was erfährt.
So ist das im Allgemeinen
Jedenfalls nur wünschenswerth.
Aber so was kann mich ärgern.
Wenn man in der Zeitung sieht,
Was dem Johann Luenicka
Für sein gutes Werk geschieht.
Von Geburt aus Leitomischl,
Handwerksbursche von Metjeh,
Kam er auch auf seiner Reise
Einst an einen großen See.
Plötzlich sieht er einen Knaben,
Welcher etwa dreizehn Jahr,
Und, nachdem er sich gebadet.
Eben beim Ertrinken war.
Dieses kann Johann nicht leiden,
Stürzt sich muthig in die Fluth,
Faßt das Kind beim linken Beine,
Aber ach! verliert den Hut.
Kaiser Napoleon I. ein Mythus.
gegen, daß ja heutigen Tages noch Viele leben, welche jenen
Mythcnkaiser gesehen zu haben vorgeben, so geben wir ent-
gegen nur zu bedenken, daß es Greise, durch Kriegsstrapazen
halb gehirublöd gewordene, und an einer lieb gewordenen fixen
Idee begriffsstützig hängende Persönlichkeiten sind. Noch drei-
ßig Jahre vorüber — und jenes Häuflein wahnbethörter Greise
wird nicht mehr sein, und der faktischste Beweis der Nichtexi-
stenz jenes Phantoms ist geliefert. Hat doch schon vor 20
Jahren der echt theatralische Versuch Ludwig Philipp's, die
angebliche Asche desielben nach Paris zu schaffen, die erwartete
Wirkung, den morschen Königsstuhl neu zu stützen, selbst im
eigenen Lande ganz und gar verfehlt! Und gibt es für dieLeicht-
gläubigkeit der Völker an immaginäre Persönlichkeiten nicht
heutzutage noch die eclatautcsten Belege? Sollen wir an die
gleichfalls als Zeit- und National-Spiegelbilder trefflich er-
fundenen neuesten Gestalten unserer eigenen deutschen Presse ^)
noch erinnern, — an jenen Herrn Baron von Beisele, sammt
seinem Hofmeister vr. Eisele, — die schalkhaften Geißeln des
socialen deutschen Städtelebens, — an jenen Staatshämorr-
hoidarius, den trefflichen Repräsentanten süddeutscher Bureau-
kratie, an Herrn Blaumaier und Frau Nanni, die stereotypen
Vertreter gleichfalls süddeutscher Bourgeoisie, an die beiden
Extrem-Politiker Wühlhuber und Hculmaier, an den praktischen
Fortschrittsmann Master Vorwärts und noch gar viele andre
Gestalten der „Fliegenden Blätter," an deren persönliche Exi-
stenz — freilich wieder vorherrschend in Süddeutschland —
von vielen Tausenden nachweislich geglaubt wurde, 8) so fest
und zuversichtlich, wie an weiland Napoleon Bonaparte? —
Und fragt man uns schließlich, warum wir selber diese un-
sere Abhandlung auf dem Gebiete historisch-politischer freier
Forschung (und allerdings verstehe ich, wie manchem braven
Manne und wackeren Patrioten eine solche Thätigkeit der ge-
schichtlichen Wiffenschaft unerfreulich dünken mag)8), nicht auf
dem gewohnten Wege der Brochure, sondern gerade in diesen
eben angezogcnen „Fliegenden Blättern" der Oesientlichkeit
zu übergeben uns bewogen finden, so antworten wir darauf
eben so offen: weil wir bei allen unfern bisherigen Enthül-
lungen und Offenbarungen dieser Art Alles erreicht haben,
bis auf Eines — die Popularität, d. h. die objectiv gläubige,
überzeugte Aufnahme des gesammten gebildeten deutschen Pu-
blikums, die uns auf diesem Wege a priori gesichert erscheint.
4) Wir ziehen bier mit einiger Selbstüberwindung absichtlich nur
Produkte der süddeutschen Presse an, um ein für allemal die
uns von derselben geziehene norddeutsche Einseitigkeit und Selbst-
liebe thatsachlich zu dementiren.
5) Schrieb selbst Goethe nicht noch seinen „Faust," Geibel seine
„Brunhild," Paul Hchse seine „Sabinerinen" jc., alö hatten sie
es mit Menschen der Geschichte, statt mit Zeitideen zu thun?
6) Siehe v. Shbels „Deutsche Nation -c." Vorrede, Seite 6.
Der Lohn einer guten That.
(Eine wahre Geschichte.)
Wenn man von dem Lohn der Tugend
Hin und wieder was erfährt.
So ist das im Allgemeinen
Jedenfalls nur wünschenswerth.
Aber so was kann mich ärgern.
Wenn man in der Zeitung sieht,
Was dem Johann Luenicka
Für sein gutes Werk geschieht.
Von Geburt aus Leitomischl,
Handwerksbursche von Metjeh,
Kam er auch auf seiner Reise
Einst an einen großen See.
Plötzlich sieht er einen Knaben,
Welcher etwa dreizehn Jahr,
Und, nachdem er sich gebadet.
Eben beim Ertrinken war.
Dieses kann Johann nicht leiden,
Stürzt sich muthig in die Fluth,
Faßt das Kind beim linken Beine,
Aber ach! verliert den Hut.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Lohn einer guten That"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 36.1862, Nr. 877, S. 135
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg