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Fliegende Blätter — 6.1847 (Nr. 121-144)

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Nr. 132
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https://doi.org/10.11588/diglit.2128#0094
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Amerikanische Briefe.

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graben, um mit den friedfertiger:! Bewohnern in der Nachbarschaft,
die man Affen nennt, freundschaftliche Beziehungen anzuknüpsen.
: Diese Affen find eine ganz gemüthliche Nation, Gottlob! Da fie sich

i




nicht rafiren, so haben fie Haare im Geficht, akkurat wie der Hetzel,
mein Gensdarme — und Waden haben fie auch keine, akkurat wie
! ich, woraus Sie denn schließen mögen, daß diese Nation gar nicht
so ungebildet ist, als man fie in Europa verschrieen har. 3ch als
Bürgermeister, Gottlob! dem das Wachsthum der Kolonie vor Allem
■ am Herzen liegt, habe bereits daran gedacht, unserm jungen Staate
in diesem Völkchen neue Bildungs-Elemente einzuverleiben, und der
Hetzel, dem ich diese Idee mittheilte, findet fie gar nicht so übel.
Gottlob! daß ich doch noch Ideen habe! Was würde ohne mich
auS der Kolonie! Ehe ich indessen an die Verwirklichung dieser Idee
ernstlich denken kann, muß ich vorher dieses gemüthliche bildungs-
fähige Völkchen noch etwas mehr civilifiren, und auch deshalb wäre
mir Ihre Ankunft, lieber Herr Vetter und Kollege, Gottlob! sehr
erwünscht, indem Sie durch längere Erfahrung doch mit unfern
Mitmenschen besser umzugehen wissen, als ich. Sollte Ihre Abreise
noch länger hinausgeschoben werden, so theilen Sie mir doch in
dieser Angelegenheit einen Rath mit. Ich habe an Allerlei gedacht,
denn dafür bin ich Bürgermeister, Gotllob! Ich habe also gedacht —
was meinen Sie wohl dazu?... wenn man z. B. den Leipziger

Kipdersreund. es ist eben nur eine von meinen Ideen.

wenn man also den Leipzigerrrrrrr Kinderfreund unter unfern neuen
Freunden in Masse verbreiten würde, müßte das nicht zur Erweckung
der schlummernden Geisteskräfte beitragen, in fortschreitender Folge
ihren Verstand schärfen und fie auf jene Höhe menschlicher Voll-
kommenheit oder ihr wenigstens sehr nahe, bringen, aus welcher,
Gottlob! wir uns befinden. Wir und der Leipzigerrrrrrr Kinder-
sreund, Gottlob!? Was meinen Sie wohl dazu, lieber Herr Vetter
und Kollege, Gotllob!

Weil ich einmal unter die Affen gerathen bin, so will ich auch
noch ein wenig von uns sprechen, da dies doch in einemsort geht
und für Sie gleichzeitig das Bild unserer amerikanischen Nieder-
lassung vollständig macht. Ueber die wilden Bestien habe ich, Gott-
lob! die innere Staatseinrichtung nicht aus dem Auge verloren und
! immer mehr reift unsere Kolonie der Vollendung entgegen. Einen
>___

Nachtwächter habe ich auch durchgesetzt — und hätte
ich mich aus den Kopf stellen müssen; ich ließ nicht eher
locker, als bis ich den Nachtwächter hatte; denn sehen
Sie, in einem wohlgeordneten Staate ist der Nacht-
wächter so nothwendig, als der Bürgermeister, ja viel-
leicht noch nothwendiger;-das glaub' ich.

Gottlob! Zum Nachtwächter wurde durch Stimmen-
mehrheit der Bimmel gewählt; er hat eine gute Stimme
und das ist beim Nachtwächter die Hauptsache, da er

eigentlich zum Brüllen da ist. Vor der Hand ist somit
in mir, Hetzel und Bimmel die öffentliche Gewalt voll-
ständig constituirt, wir gehen, Gottlob! Arm in Arm.
und find uns unserer hohen Ausgabe vollkommen bewußt;
mir aber ist insbesondere ein schwerer Stein vom Herzen
gefallen, denn so lang ich keinen Nachtwächter hatte,
kam ich mir nur wie ein halber Bürgermeister vor.
Gottlob!

Ach, lieber Herr Vetter und Kollege, ein Bürger-
meister ist doch eigentlich ein recht geplagtes Thier;
überall muß er seine Nase hinein stecken und überall
herum riechen und kriechen, wenn er seine Schuldigkeit
thun will. Von Morgens bis in die Nacht keine Ruhe,
fortwährend Ursachen zur Wachsamkeit vorhanden und
Anlaß zur Ueberwachung. Gottlob! daß ich Bürger-
meister bin, denn sonst wäre die Kolonie längst zu
Grunde gegangen! Da ist z. B. der Würstle, der Malefiz-
kerl — seine Nase gefiel mir schon lange nicht; es war
so etwas, ich weiß Gottlob selbst nicht recht, wie ich es
nennen soll, so etwas Polizeiunzusriedenheitliches darin
.... Sie werden mich schon verstehen;. .. denken Sie
fich, jetzt hat nun der Kerl auch zu niesen angefangen,
ja, zu niesen, so wahr ich Bürgermeister bin! Gottlob!
Nun frage ich Sie aber, lieber Herr Vetter und Kollege,
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Amerikanische Briefe"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Reinhardt, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Auswanderer <Motiv>
Schrecken <Motiv>
Affen <Motiv>
Nacht <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Amerika <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 6.1847, Nr. 132, S. 90
 
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