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Joseph Gregor Winck — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 2: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.57439#0037
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Bausachen. 2. Amts- und Official-Gebäude. Couv. 1. Die Liebenburger Baukosten Behuf
der Amts- und Oeconomie-Gebäude, auch Kirche p. de 1689.-1767. in specie den neuen
Bau de 1750 betreffend und Couv. 2 den Amthausbau zu Liebenburg 1752. zur Einsicht und
baldigen Rücklieferung hirneben zugehen. Hannover den 19. December 1856.“
Das Liebenburger Amt sandte diese Urkunden laut Vermerk vom 27. Dezember 1856 „Mit
Bericht zurück“ nach Hannover. Sie wurden später eingeordnet unter „Spezialakten der
Königlichen Kammer (Hann. Des. 88 c)“. Diese Akten sind am 9. Oktober 1943 im Hanno-
verschen Archiv verbrannt.
Die Hoffnung, daß seinerzeit in Liebenburg Abschriften angefertigt wurden, hat sich bei der
Suche in dem Nachfolgeamt (Landkreis Goslar) nicht erfüllt.
Man wird demnach nicht mehr erfahren, als Kratz1, der die verlorenen Akten noch einsehen
konnte, für seinen kleinen Aufsatz herausgeschrieben hat, ergänzt durch einige Passagen aus
seinem schon erwähnten Brief vom 13.1 1. 1856. Die Ergänzungen sind durch ( ) gekenn-
zeichnet.
„(Was nun den Bau des jetzigen Amtshauses betrifft, so wurde dieser unter dem hildeshei-
mischen Bischof und Churfürsten zu Köln, Clemens August, am 4ten April 1750 in Angriff
genommen und im Junius des Jahres 1760 vollendet. Das Gebäude, eine Zierde der dortigen
romantischen Gegend, hatte zu seinem Baudirektor den Drosten von Brabeck, der Bauin-
spector Linden leitete den Bau, und nach den vor mir liegenden Rechnungen belaufen sich
die dafür verausgabten Kosten auf 26.070 Reichtsthaler 26 Groschen 2 Pfennig.) Von diesem
Gelde erhielt der berühmte Maler Winck für die Frescomalerei in der Kirche 1105 Thaler, 30
Groschen; der Bildhauer Mohr2 280 Thaler; der Maler Gentemann3 für Anstrich und Ver-
goldung 246 Thaler, 33 Groschen. Außerdem erhielt der Kunstmaler Winck für verfertigte
Risse, z.B. für Tabernakel, Altäre, Kanzel u.s.w. 35 Thaler.“
Im Jahre 1750 ließ Kurfürst Clemens August, Fürstbischof von Hildesheim, die Reste der al-
ten Festung abbrechen und an deren Stelle ein Jagdschloß errichten. Die Leitung der Arbei-
ten befand sich in Händen des Liebenburger Drosten Jobst Edmund von Brabeck, Herr auf
Schloß Söder, für den Winck auch später noch tätig war. Ihm zur Seite stand Peter Franz
Linden4, Sohn eines lippischen Rates, der als Sekretär in Diensten des Drosten stand. Ob
seine Bezeichnung als „Bauinspector“ von Kratz den Urkunden entnommen wurde oder ein
von ihm geprägter Begriff ist, bleibt unklar. Wahrscheinlich ist Linden nur Bauschreiber ge-
wesen; sicher war er nicht für die architektonische Gestaltung der Anlage verantwortlich.
Vielleicht stammt der Entwurf von Jürgen Koppel5, der 1727 als Baumeister auf dem Klo-
sterhof von Lamspringe nachweisbar ist und der sich 1766 beim Hildesheimer Domkapitel
um den Posten des Baumeisters bewarb mit dem Hinweis auf seine jahrelange Tätigkeit an
„unterschiedlich hohen Orten“ des Stiftes. Schloß Liebenburg wäre dann einer dieser na-
mentlich nicht genannten Plätze gewesen. Nicht nachweisbar, aber nicht auszuschließen ist,
daß der Entwurf auf einem Konzept von Schlaun basiert. Die Bauakten haben aber dafür
keinen sicheren Beweis erbracht, sonst hätte Kratz den Namen dieses bedeutenden Archi-
tekten bestimmt genannt.
Während die Schloßkapelle Mitte 1760 vollendet war, ist der Innenausbau des Amtshauses
nie beendet worden. Die Wirren des Siebenjährigen Krieges - nur mit Mühe konnte der Ge-
neralvikar Levin von Wenge durch eine schnell vorgenommene Konsekration verhindern,
daß die Kapelle als Winterquartier der Braunschweiger Truppen benutzt wurde - und der
plötzliche Tod des Patrons am 5. Februar 1761 ließen den Bau in fragmentarischem Zustand
zurück.
Bei der Schloßkapelle handelt es sich um eine Saalkirche mit an drei Seiten umlaufender Em-
pore, die von vier Pfeilern getragen wird. Dieser für das Erdgeschoß maßgebenden Form
entsprechen auf der Empore sechs gekuppelte und an beiden Seiten der Altarwand je eine zur
Hälfte in die Rückwand einbezogene Säule mit Kompositkapitellen. Sie tragen den Plafond.

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