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Joseph Gregor Winck — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 2: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.57439#0045
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Der Auftrag für die Fresken der Bürener Immakulata-Kirche ist der zweite, der - wie Lie-
benburg - in unmittelbarer Beziehung zu Fürstbischof Clemens August stand1. Darüber
hinaus sind diese Fresken das einzige große Objekt, das erhalten ist und sich urkundlich voll-
ständig dokumentieren läßt.
Winck ist im September 1760 nach Büren gereist2; sein Verhandlungspartner war der Rektor
des Kollegs, Anton Rüting S. J. Beide werden das umfangreiche Programm entworfen ha-
ben, und wahrscheinlich hat der Künstler bis zum Vertragsabschluß am 10. Januar des fol-
genden Jahres Entwürfe geliefert, die jedoch nicht erhalten sind3.
Schon 1760 wird im Jahresbericht der „Historia Collegii Bürensis“ die Absicht geäußert, die
Kirche ausmalen zu lassen: „Der Bau unserer Kirche, sowahr uns deren Vollendung am
Herzen liegt, erwartet bessere Zeiten; mit einem Maler haben wir dennoch im Sinne, das
frisch verputzte Gewölbe ausmalen zu lassen.“4 Derselben „Historia“ zufolge hat Winck
mit der „Geburt Mariae“ über dem Chor den Anfang gemacht: „Bei der Vollendung der
Kirche haben wir das große Gewölbe über dem Chor durch ein neues Bild, nach den Geset-
zen der Perspektive ausgeführt, ausgeschmückt.“5
Im folgenden Jahr vollendet er über dem Hauptschiff die „Verlobung Mariae“. Dieses
Fresko ist unten links signiert und datiert: Joseph Greg: Winck pinxit et inven. Ano 1762.
In der Folgezeit setzt ein Streit zwischen Winck und dem Kolleg hinsichtlich der Zahlungs-
weise ein. Es geht im wesentlichen um die Frage, ob die vereinbarte Summe von 4600
Reichsthalern in jenen guten Geldsorten bezahlt werden müßte, mit denen das Kolleg bereits
im Vorvertragsstadium den Anfang gemacht hat.
Zwei Gutachten des Hildesheimer Kanzleirats J. A. Abel6, eines vom 27. April 1763 sowie
ein späteres, geben Einblick in die Beurteilung dieser Rechtsfrage, bei der der Gutachter zu
dem Schluß kam, daß Winck ein Recht auf Bezahlung in guten Geldsorten habe und daß,
falls man sich nicht „de praeterito als futuro“ vergleichen könne, „Herr Winck ab hoc con-
tractu innominato resolviren könne“7.
Den Höhepunkt erreicht die Auseinandersetzung mit einem Schreiben des Künstlers vom
26. Juni 1763, in dem er „einem Hochlöblichen Collegium“ zwei Vorschläge zum Vergleich
macht und bei Nichteinigung androht, man möge „die arbeit Estimirn, und dan die übrige
arbeit machen (lassen) durch wene es beliebig ist“8.
Wenige Tage später hat Winck Büren verlassen und ist nach Hildesheim zurückgekehrt.
Am 23. August wenden sich nun die Patres an Maria Anna Winck, um ihr Vorschläge zu ma-
chen, wie „künftig hin die vorzunehmende arbeith des herren Winck, als dero wertthesten
herrn gemahls, solle bezahlet werden“9. Es kommt zu einer Einigung: Winck reist im Laufe
des Septembers zurück und nimmt die Arbeit am „Plavond der Crönung“ wieder auf, die im
gleichen Monat vollendet ist10.
Am 26. Februar 1764 kündigt der Maler in einem Brief seine Ankunft für gleich „nach
Ostern“ an; er bittet, Sorge zu tragen „vor einen standhaften rost, damit meines lebens ver-
sichert bin, und den meister Ignati zu stellen daß er So bald es sein kan und die Witterung zu-
läßt den behörigen anwurf in der Kupel zu machen“11.
Winck beginnt die Ausmalung der Kuppel mit jenem dem Chor zugewandten Segment, in
dem die „Himmelfahrt Mariae“ dargestellt ist12.
Die Vollendung des gesamten Programms zieht sich bis zum Herbst 1765 hin. In diesen letz-
ten Monaten wurden die Grisaillen der vier Medaillons in den kleineren Kuppelsegmenten,
die ursprünglich nicht vorgesehen waren und entsprechend im Vertrag nicht erwähnt wer-
den, ausgeführt13. Die Segmente wurden mit einer gelben, mit Gold gehöhten Vierpaß-Mu-
sterung ausgelegt. Daneben vollendete er in den Gewölben der beiden Seitenschiffe die
Themen „Verkündigung Mariae“ und „Heimsuchung Mariae“ sowie die vier Grisaille-Ma-
lereien in den Kuppelpendentifs, die alttestamentliche Vorbilder Mariens zum Gegenstand
haben.
„Die Bürener Kollegskirche ist ein Zentralbau, doch sind die Querarme nur einjochig, wäh-
rend die Längsarme aus zwei Jochen bestehen. Der Schwerpunkt des Baues und die Aus-
gangsstelle für seine ganze innere und äußere Gliederung ist die Vierung mit ihrer Kuppel.
Rechts und links von den beiden Längsarmen befinden sich, entsprechend ihren zwei Jo-

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