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Das Rathaus in Duderstadt — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 6: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.57465#0045
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Horst Masuch

Zur Baugeschichte des Rathauses

Die Restaurierung und Instandsetzung des
Rathauses wurde 1982 mit einer dreimonatigen
bauhistorischen Voruntersuchung eingeleitet. Auch
sonst schienen die Voraussetzungen für eine sach-
gerechte Behandlung des Gebäudes nicht ungün-
stig: Kurz vorher (Nov. 1980) war eine vollständige
283 zeichnerische Bauaufnahme durch Studenten der
Fachhochschule Hildesheim/Holzminden fertig-
gestellt worden, die Planungsgrundlage werden
sollte, aber auch der Untersuchung Erleichterung
versprach1’. Durch die Voruntersuchung, die in
eine baubegleitende Untersuchung und Dokumen-
tation überging, sollten nicht eigentlich neue bau-
geschichtliche Erkenntnisse gewonnen werden,
sondern nur die notwendigen Vorgaben für die mit
der Planung und Ausführung beauftragten Archi-
tekten. Die Stadt als Bauherr hatte u.a. als Pla-
nungsvorgabe den Wunsch geäußert, im bis in jüng-
ste Zeit als Verwaltungsgebäude benutzten Rathaus
die dafür im Inneren immer stärker unterteilten
und verbauten Räume von überflüssigen Einbauten
zu befreien und den Besuchern historische Räume
erlebbar zu machen. Die Untersuchungen wurden
von Bauhistorikern, Archäologen und Restaurato-
ren des Institutes für Denkmalpflege in Hannover
unter Beteiligung externer Wissenschaftler durch-
geführt.
Die baugeschichtliche Entwicklung des Rathau-
ses schien geklärt. Um die Jahrhundertwende hatte
der Königliche Bauinspektor Paul Lehmgrübner
das Gebäude untersucht und seine Erkenntnisse in
einer fast monographischen Darstellung 1905 publi-
ziert2-1. Seine Feststellung, daß das Duderstädter
Rathaus „neben dem Dortmunder Rat- und Ge-
wandhause das älteste bisher bekannte Rathaus in
Deutschland“ sei, wurde nach der Zerstörung des
Dortmunder Rathauses im letzten Krieg in der ver-
kürzten Fassung „das älteste Rathaus Deutsch-
lands“ zum wichtigsten Argument der Duderstäd-
ter Fremdenverkehrswerbung. Wie sich jedoch

schon bei den ersten baugeschichtlichen Analysen
herausstellte, hatte Lehmgrübner wesentliche bau-
technische Details übersehen oder unzutreffend
beurteilt. Zusammen mit den durch die Bauarbei-
ten gewonnenen Aufschlüssen und neueren Unter-
suchungsmethoden ergibt sich heute ein ganz
anderes Bild der baulichen Entwicklung. Dagegen
gewannen seine Zeichnungen ganz wesentlich an 115
Wert, als sich herausstellte, daß er dafür eine
Bauaufnahme aus dem Büro des hannoverschen
Baumeisters Conrad Wilhelm Hase von 1892 ver-
wendet hatte. Sie waren eine wertvolle Ergänzung
zur Beurteilung jener Gebäudeteile, die jetzt durch
Umbauarbeiten weniger berührt waren und des-
halb — wie im Bereich der kleinen Ratssäle — keine
Aufschlüsse aus der Bausubstanz ergaben. Die Zu-
verlässigkeit dieser Zeichnungen in heute nicht
mehr überprüfbaren Teilbereichen konnte durch
undatierte Fotos weitgehend bestätigt werden, die 91
dadurch wiederum als älteste Fotos des Rathauses 152
aus der Zeit um 1900 identifiziert werden konnten.
Eine unabweisbare Bedingung während der
sechsjährigen Restaurierung und Instandsetzung
war, daß die Bauarbeiten sich jeweils auf genau fest-
gelegte Abschnitte beschränken mußten und die
nicht von Bauarbeiten betroffenen Bereiche des
Rathauses ohne Einschränkung benutzbar und
auch Besuchern zugänglich bleiben mußten. Ande-
rerseits mußten die einzelnen Bauabschnitte end-
gültig fertiggestellt werden. Diese Forderungen er-
schwerten und behinderten die Bauforschung un-
gemein und mußten zwangsläufig zu voreiligen
Schlüssen führen, die, baulich umgesetzt, später
nicht mehr rückgängig gemacht werden konnten.
Befunde an einer Wand konnten z.B. nicht anhand
der entsprechenden Situation auf der Wandrück-
seite — die zu einem anderen Bauabschnitt gehörte
— überprüft oder im Zusammenhang gesehen wer-
den. So eine voreilige Festlegung gab es für die re-
konstruierte Fugenmalerei auf der äußeren Süd- 172

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