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Das Rathaus in Duderstadt — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 6: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.57465#0238
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WOLFGANG FÜNDERS/DETLEV GADESMANN


242 Justitia, Zwischenzustand, Detail am Rücken mit Blüten-
prägungen.

kommen. Diese Farberden bestehen aus Quarz,
Ton und Eisenoxiden, wobei letztere den Erden
die verschiedenen Tönungen von Gelb bis hin zum
Braun in verschiedenen Nuancen geben. Diese Pig-
mente werden nach ihrer Gewinnung gewaschen
und gemahlen, in einigen Fällen dann noch ge-
brannt, wodurch eine rote Färbung entsteht.
Neben diesen Erden werden auch seit alters her
Vorkommen von reinem Eisenoxid zur Gewinnung
von Farbstoffen genutzt. In unserem Falle wären da
Hämatit und Caput mortuum zu nennen.
Im Gegensatz zum Zinnober sind alle diese Far-
ben jedoch stumpfer und gedeckter. Auffallend ist,
daß die Farben Terra Sienna gebrannt und Caput
mortuum viel rotstichiger waren als in den Vor-
kommen, die heute abgebaut werden. So mußte die
Terra Siena gebrannt später bei der Neufassung
durch ein helles Englischrot mit einem geringen
Zusatz des modernen Farbstoffes Cadmiumrot
nachgeahmt werden. Auch dem Caput mortuum
mußte Cadmiumrot zugemischt werden, um den
originalen Ton zu imitieren.
Wie schon erwähnt, fand neben Zinnober noch
ein anderer sehr wertvoller Farbstoff Verwendung
232 — das echte Ultramarin, das damals mit Gold auf-
gewogen wurde. Es taucht zum Beispiel am Sockel

des Kriegers an den stilisierten Tränen der Maske
auf. Auf die Bleiweißgrundierung folgt hier ein
Farbanstrich in gelbem Ocker, dem eine geringe
Menge roter Ocker beigemischt war. Darauf liegt
eine dünne Lasur mit Ultramarin. Dieses Pigment
gewann man durch Mahlen und Waschen des Halb-
edelsteins Lapislazuli. Es wurde seit der Antike, wie
der Name besagt (ultra = jenseits, mare = Meer),
aus dem asiatischen Raum eingeführt, da hier
damals die einzigen Vorkommen lagen. Unter dem
Mikroskop erkennt man es an den irregulären,
mehr oder weniger transparenten Kristallen, die
immer zusammen mit Calcitkristallen auftreten,
die in polarisiertem Licht stark glitzern.
Ein weiteres damals beliebtes, aber auch sehr
wertvolles Pigment erhielt man duch das Mahlen
und Waschen eines anderen Halbedelsteines, den
Malachit. Sein Aussehen ist intensiv grün, und er
bildet in unserem Falle an einigen Stellen komple-
mentär einen Gegenpol zum Zinnober.
Azurit, ein über Jahrhunderte oft verwandtes
Blaupigment ist an diesem Objekt nur an einer ein-
zigen Stelle gefunden worden, nämlich zusammen
mit Malachit an der grünbläulichen Frucht der
weiblichen Figur mit Anker. Da allerdings in der
Natur Malachit oft zusammen mit Azurit, einem
Kupfercarbonat, auftritt, könnte es sein, daß das
Blau auf diese Weise, quasi als Verunreinigung, ins’
Grün gelangt ist.
Schwarz taucht in den Farben immer wieder auf,
um sie zum Schwarzbraun oder zum Grau hin zu
verändern, aber es wurde auch als reine Abschluß-
lasur etwa in den Tiefen der Gewandfalten und der
Ranken eingesetzt. Man verwandte hier nur soge-
nanntes Pflanzenschwarz, das aus geriebener Holz-
kohle hergestellt wird und in seiner Farbigkeit sehr
gut zu den Rot- oder Rotbrauntönen paßt, weil es
selbst auch warm- und rottonig ist. Unter dem Mi-
kroskop weisen die Teilchen noch die typische Zell-
struktur von Holz auf.
Neben dem sehr reichen Einsatz von Blattgold,
um zum Beispiel die Höhen der Ranken glanzvoll
hervorzuheben, wurden in ganz ähnlicher Technik
auch pulverisiertes Antimon und Bleiglanz in das
fast trockene 01 gestreut, um unterschiedliche
Metalleffekte zu erzielen. Mit Antimon wurde das
Metall des Brustpanzers der Justitia und des Krie-
gers nachgeahmt. Dabei erfolgte ähnlich wie bei
der Ölvergoldung der Streuvorgang genau zu dem
Zeitpunkt, an dem das Öl noch klebrig genug war,
um die kleinen Teilchen haften, aber schon trocken
genug, um sie nicht absinken zu lassen, damit sie
mit einer Seite an der Luft blieben und mit der Zeit
bläulich anlaufen konnten. Nach dem Einstreuen
hat man sie mit dem trockenen Pinsel den Körper-
formen nachgehend aufmassiert. So wurden die
stäbchenförmigen Antimonteilchen parallel zuein-
ander ausgerichtet und konnten einheitlicher das

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