Die Fliesenkeramik Italiens.
Italiens Keramik war von jeher eine hochentwickelte. Leider hat dort diese Kunst bis jetzt nicht die ihr
zukommende litterarische Würdigung gefunden, denn noch eine Menge von Fragen liegen im Dunkeln, und viele der
werthvollsten Werke italienischer Keramikkunst harren der Veröffentlichung Erst in den letzten Jahren beginnt
sich die Forschung nach dieser Seite zu regen und nicht bloss die kunsthistorische Seite, sondern auch die archäo-
logische und technisch-geschichtliche heranzuziehen. Die Errungenschaften der Römerzeit sind in Italien trotz den
Stürmen der Völkerwanderung keineswegs verloren gegangen Mancherlei Techniken der alten Zeit haben in
verborgenen Winkeln weiter gearbeitet, um dann später in erneutem Aufschwung das verloren gegangene
Gebiet von Neuem wieder zu gewinnen. So scheint es sich mit der Bleiglasur zu verhalten, die, wohl aus
Aegypten herübergekommen, im alten Rom sehr wohl bekannt war. Unter den Funden von Pompeji erscheint
sie in den verschiedensten Farben (gelb, grün, blau, letzteres besonders häufig) als noch heute leuchtender
Ueberzug von Dachgesimsen und verwandten keramischen Bautheilen. In der Kaiserzeit wurde die Bleiglasur,
wenn auch selten, weiter geübt; sie ist dort besonders an Thonlampen und andern kleinern Gefässen zur
Anwendung gelangt. Ebenso hat sie sich in den Zeiten der Byzantiner nicht ganz verloren, wie dies grün
glasirte byzantinische Lampen bezeugen '. In Aegypten haben die Früharaber mit der antiken Lampenform auch
deren Ornamentik und Glasur übernommen; gleiches gilt für Nordafrika, und so ist es mehr als wahrscheinlich,
dass auch in Italien die Kenntniss der Bleiglasur nie ganz verloren gegangen war. Sie erscheint dort im Mittel-
alter wieder um das XIII. Jahrhundert, und Passeri-Jännicke berichten, dass man damals den rothen Thon mit
feiner weisser Thonerde belegte, um der Bleiglasur weisse (resp. gelblich weisse) Farbe zu geben. Es ist dies
dasselbe Verfahren, welches wir bereits in Frankreich als Decor für Grabplatten (Taf. XVIII) und Fliesen kennen
gelernt haben. Genau wie die eben erwähnten französischen Grabplatten durch Graviren, resp. Ausradiren der
weissen Thonschicht dekorirt worden sind, so begann man auch in Italien die mit jener weissen Masse belegten
rothen Thongefässe vor dem Brande zu graviren und derart auf weissem Grunde rothe Zeichnung zu erzielen.
Dem folgte eine Ueberdeckung mit ein- oder mehrfarbiger Glasur (weiss, gelbbraun, grün). Derart sind die
Sgraffito-Gefässe und -Teller entstanden, wie sie Italien im XV. und XVI. Jahrhundert in prächtigen Exemplaren
geliefert hat (Castello, La Frata, Pavia u. a. O.), und wie sie neuerdings auf Cypern ausgegraben worden
sind. Mittelalterliche italienische Fliesen dieser Fabrikation kenne ich bis jetzt nicht. Dagegen sind alle Anzeichen
vorhanden, dass die Verwendung mehrfarbiger Glasurfarben bei den Italienern relativ früh ins Auge gefasst und
probirt worden ist. Das Bedürfniss nach leuchtenden Farben und die an farbenstrotzenden Mosaiken und Fresken
wachgehaltene Farbenfreudigkeit der Italiener mussten darauf hindrängen, die Bleiglasur weiter auszugestalten,
ihr neue Farben zu geben und sodann diese verschiedenen Farben auf ein und demselben Stücke zu vereinigen. Der
Name Robbia bezeichnet auf der Stufe dieser Bestrebungen den Zenith, aber immer mehr neigt man sich der
Ansicht zu, dass er nicht auch deren Anfang bedeutet. Mehr als wahrscheinlich ist es, dass die Zinnglasur lange
vor Robbia durch spanisch-maurische Künstler nach Italien gebracht wurde. Aber Lucca della Robbia ist der erste
uns überlieferte italienische Keramiker, von dem wir wissen, dass er das Zinnemail zur Anwendung brachte
zugleich ist er Derjenige, der es verstand, durch die Schönheit seiner Werke und durch die Pracht seiner
Glasuren ein erhöhtes Interesse für die Keramikkjnst zu wecken und sie neben Mosaik, Malerei und Skulptur
auf gleiche Stufe zu stellen. Lucca della Robbia (geboren um 1400, gestorben 1482) hat bekanntlich erst nach
1 Ein Exemplar meiner Sammlung entstammt Achmim-Panopolis und zeigt Rankenornamente analog den «cop-
tischen » Stoffen.
Italiens Keramik war von jeher eine hochentwickelte. Leider hat dort diese Kunst bis jetzt nicht die ihr
zukommende litterarische Würdigung gefunden, denn noch eine Menge von Fragen liegen im Dunkeln, und viele der
werthvollsten Werke italienischer Keramikkunst harren der Veröffentlichung Erst in den letzten Jahren beginnt
sich die Forschung nach dieser Seite zu regen und nicht bloss die kunsthistorische Seite, sondern auch die archäo-
logische und technisch-geschichtliche heranzuziehen. Die Errungenschaften der Römerzeit sind in Italien trotz den
Stürmen der Völkerwanderung keineswegs verloren gegangen Mancherlei Techniken der alten Zeit haben in
verborgenen Winkeln weiter gearbeitet, um dann später in erneutem Aufschwung das verloren gegangene
Gebiet von Neuem wieder zu gewinnen. So scheint es sich mit der Bleiglasur zu verhalten, die, wohl aus
Aegypten herübergekommen, im alten Rom sehr wohl bekannt war. Unter den Funden von Pompeji erscheint
sie in den verschiedensten Farben (gelb, grün, blau, letzteres besonders häufig) als noch heute leuchtender
Ueberzug von Dachgesimsen und verwandten keramischen Bautheilen. In der Kaiserzeit wurde die Bleiglasur,
wenn auch selten, weiter geübt; sie ist dort besonders an Thonlampen und andern kleinern Gefässen zur
Anwendung gelangt. Ebenso hat sie sich in den Zeiten der Byzantiner nicht ganz verloren, wie dies grün
glasirte byzantinische Lampen bezeugen '. In Aegypten haben die Früharaber mit der antiken Lampenform auch
deren Ornamentik und Glasur übernommen; gleiches gilt für Nordafrika, und so ist es mehr als wahrscheinlich,
dass auch in Italien die Kenntniss der Bleiglasur nie ganz verloren gegangen war. Sie erscheint dort im Mittel-
alter wieder um das XIII. Jahrhundert, und Passeri-Jännicke berichten, dass man damals den rothen Thon mit
feiner weisser Thonerde belegte, um der Bleiglasur weisse (resp. gelblich weisse) Farbe zu geben. Es ist dies
dasselbe Verfahren, welches wir bereits in Frankreich als Decor für Grabplatten (Taf. XVIII) und Fliesen kennen
gelernt haben. Genau wie die eben erwähnten französischen Grabplatten durch Graviren, resp. Ausradiren der
weissen Thonschicht dekorirt worden sind, so begann man auch in Italien die mit jener weissen Masse belegten
rothen Thongefässe vor dem Brande zu graviren und derart auf weissem Grunde rothe Zeichnung zu erzielen.
Dem folgte eine Ueberdeckung mit ein- oder mehrfarbiger Glasur (weiss, gelbbraun, grün). Derart sind die
Sgraffito-Gefässe und -Teller entstanden, wie sie Italien im XV. und XVI. Jahrhundert in prächtigen Exemplaren
geliefert hat (Castello, La Frata, Pavia u. a. O.), und wie sie neuerdings auf Cypern ausgegraben worden
sind. Mittelalterliche italienische Fliesen dieser Fabrikation kenne ich bis jetzt nicht. Dagegen sind alle Anzeichen
vorhanden, dass die Verwendung mehrfarbiger Glasurfarben bei den Italienern relativ früh ins Auge gefasst und
probirt worden ist. Das Bedürfniss nach leuchtenden Farben und die an farbenstrotzenden Mosaiken und Fresken
wachgehaltene Farbenfreudigkeit der Italiener mussten darauf hindrängen, die Bleiglasur weiter auszugestalten,
ihr neue Farben zu geben und sodann diese verschiedenen Farben auf ein und demselben Stücke zu vereinigen. Der
Name Robbia bezeichnet auf der Stufe dieser Bestrebungen den Zenith, aber immer mehr neigt man sich der
Ansicht zu, dass er nicht auch deren Anfang bedeutet. Mehr als wahrscheinlich ist es, dass die Zinnglasur lange
vor Robbia durch spanisch-maurische Künstler nach Italien gebracht wurde. Aber Lucca della Robbia ist der erste
uns überlieferte italienische Keramiker, von dem wir wissen, dass er das Zinnemail zur Anwendung brachte
zugleich ist er Derjenige, der es verstand, durch die Schönheit seiner Werke und durch die Pracht seiner
Glasuren ein erhöhtes Interesse für die Keramikkjnst zu wecken und sie neben Mosaik, Malerei und Skulptur
auf gleiche Stufe zu stellen. Lucca della Robbia (geboren um 1400, gestorben 1482) hat bekanntlich erst nach
1 Ein Exemplar meiner Sammlung entstammt Achmim-Panopolis und zeigt Rankenornamente analog den «cop-
tischen » Stoffen.