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Frauberger, Heinrich
Die Akropolis von Baalbek — Frankfurt a.M.

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https://doi.org/10.11588/diglit.6150#0007
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Syrien besitzt in Amman, Gerasa, Palmyra und Baalbek beträchtliche Reste der römischen Barockarchitektur, unter
denen die in der letztgenannten Stadt befindlichen am leichtesten zu erreichen sind.

Baalbek liegt, wie aus der Karte auf dem Titelblatte zu sehen ist, in dem fruchtbaren, von dem Flusse Nähr el Litani
durchzogenen Thale Bekaa zwischen den mächtigen, stellenweise Uber die Schneegrenze hinaufreichenden Gebirgsstöcken des
Libanon und Antilibanon. Von Konstantinopel fahren bequeme Dampfer in fünf Tagen nach Beirut, von Beirut fährt täg-
lich zweimal die rasche Post in sechs Stunden nach Schtora, und in weiteren sechs Stunden bringt ein Omnibus den Reisenden
an dem zwischen Weinbergen liegenden angeblichen Grabe Noah's vorbei auf einer wenig interessanten Strasse nach Baalbek.

Die Ruinen von Baalbek, welche in verschiedenen Reisebesehreibungen mehr oder weniger ausführlich behandelt
werden, waren auch schon im vorigen Jahrhundert Gegenstand für grössere illustrirte Publikationen, von denen uns die
nachfolgenden zur Verfügung standen:

Das erste und wichtigste Werk führt den Titel: „The ruins of Balbck otherwise Hcliopolis in Coelosyria". London,
printed in the year 1757. Das Werk hat 16 Seiten Grossfolio Text von Robert Wood und auf 12 Grossfolio-Seiten die
Beschreibung von 46 Grossfolio-Tafeln, welche nach den Zeichnungen des Architekten Borra von P. Fourdrinier in Kupfer
gestochen sind. Es ist das Ergebniss der Reise von Wood and Dankins im Jahre 1751, also acht Jahre vor dem letzten
grossen Erdbeben, welches wesentlich zur Zerstörung der Monumente dieser Ruinenstadt beigetragen hat.

Ein zweites, für den Architekten unbrauchbares Werk führt den Titel: „Vorstellung der Baalbekischen Alterthümer"
nach dem Englischen Originale nebst einer kurzen Beschreibung derselben. Mit 6 Kupfertafeln. Augsburg. Bei Conrad
Heinrich Stage 1782. Den 8 Kleinfolio-Textseiten folgen sechs nach den Originalen von Robert Sayer in London durch
Georg Christoph Kilian zu Augsburg in Kupfer gestochene Tafeln.

Ferner handelt der 2., unvollständige Band der „Voyage pittoresque de la Syrie etc." von L. F. Cassas über
Baalbek. Es ist dieses Werk das Ergebniss seines Aufenthaltes in Baalbek im Jahre 1785. Von 57 Grossfolio-Tafeln, welche
über die Ruinen dieser Stadt herausgegeben werden sollten, fehlen jedoch 43; es sind also nur 14 Blatt ausgegeben, von
denen fast jedes von einem anderen Kupferstecher ausgeführt wurde. Text zu diesem Werke ist zwar angekündigt, aber
nicht herausgegeben worden.

Diese Werke sind im Buchhandel längst vergriffen, im Antiquariat äusserst selten angeboten und in deutschen
Bibliotheken nur in wenigen Exemplaren verbreitet.

In neuerer Zeit sind viele photographische Aufnahmen von den Ruinenresten von Baalbek gemacht worden, am
zahlreichsten und besten von den Photographen Bonfils und von Dumas, beide in Beirut wohnhaft, welche auch ein sehr
grosses Lager von Photographien anderer interessanter syrischer Baudenkmäler besitzen und solche zu massigen Preisen abgeben.

Der Zweck des vorliegenden Werkes ist, dem Buchhandel eine neue illustrirte Publikation über die STossartiffen

O J ÖD

Ruinenreste von Baalbek zuzuführen, welche dem Architekten, aber auch jedem anderen Freunde altrömischer Barockkunst
bei dem Mangel an Tafelwerken Uber diesen Gegenstand werthvoll, überdies Jedem, der Gelegenheit hatte, dies uralte Heilig-
thum zu besuchen, als Erinnerung willkommen sein wird. Es ist darin eine entsprechende Auswahl der besten Photographien
in Lichtdrucken oder in Autotypien wiedergegeben und sind in einer Zinkographie der Grundriss des Rundtempels, in zwei
Lichtdrucken der Grundriss der Akropolis und eine perspektivische Ansicht der letzteren nach Zeichnungen des Herrn Custos
F. Halrohuber ausgeführt, bei denen die von mir während meiner längeren Anwesenheit in Baalbek vorgenommenen Messungen
und Aufzeichnungen benützt wurden. Beim Text beschränkte ich mich auf das Nothwendigste. Das dürftige geschichtliche
Material, das sich bereits in dem Werke von Wood enthalten findet, ist durch neuere Forschungen nicht vermehrt, die Ruinen-
reste selbst sind im letzten Jahrhundert verringert worden. Gleichwohl wäre es ein Leichtes, gerade bei diesem wichtigsten Heilig-
thum für den Baaldienst durch Vermuthungen, Annahmen, Vergleiche u. dgl. den Text wesentlich zu erweitern. Die spätere
Geschichte Baalbeks, welche Alouf in seiner 1890 in Beirut erschienenen Histoire de Baalbek geschrieben hat, steht mit der
Akropolis nur insofern in Zusammenhang, weil sie von den Türken als Festung benutzt wurde. Ueber den Sonnendienst
existiren verschiedene, den Gegenstand eingehend behandelnde Schriften.

Gerne hätte ich neue Ergebnisse von Ausgrabungen mitgetheilt, welche, wenn sie vorgenommen würden, sowohl
auf der Akropolis, als in der Stadt und der dieselbe umgebenden Nekropolis noch vieles Interessante zu Tage fördern
könnten; allein die gelegentlichen Funde an Resten plastischer Kunstwerke, an Münzen etc., welche in den letzten Jahren
gemacht wurden, waren sehr geringfügig. Nach der Fülle von Bautrümmern, welche in der Nähe des noch ziemlich gut
erhaltenen kleinen Tempels liegen, zu urtheilen, nüisste sich dieses zierliehe Kunstwerk noch fast ganz herstellen lassen,
allein die türkische Regierung hat für älmliche Aufgaben keine Mittel. In neuerer Zeit ist der Eingang zur Akropolis ab-
gesperrt und der Fremde hat für den Besuch derselben eine Eintrittskarte für •"> Francs zu lösen. Weitere Anordnungen
zum Schutze der herrlichen Bauüberreste sind nicht getroffen.

Düsseldorf, 18. Juli 1891. Heinrich Frauberger.
 
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