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Frauberger, Heinrich
Die Akropolis von Baalbek — Frankfurt a.M.

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https://doi.org/10.11588/diglit.6150#0008
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Fig. 1. Ansicht von Baalbek mit der Akropolis, der Nekropnlis und dem LibanoD im Hintergründe.

Die am Abhänge des Antilibanon errichtete Stadt Baalbek hat gegenwärtig bei einer massigen Breite eine Ausdehnung
in der Länge von nahezu 3 Kilometern. Die Bevölkerung besteht ans etwa Ö000 Personen, von der ein Viertel
Christen, der Rest Mohammedaner sind. Christen wie Muselmänner spalten sieh in verschiedene Sekten, für deren Kult-
zwecke 3 Kirchen, 2 grössere und 7 kleinere Moscheen vorhanden sind. Diese, sowie die Wohngebäude für die Bevölkerung
sind fast ausschliesslich ebenerdige, mit flachen Dächern versehene Häuser, zu deren Herstellung zumeist die Bausteine von
der Umfassungsmauer des antiken Baalbek entnommen wurden.

Der Lauf der alten Umfassungsmauer kann gleichwohl noch genau festgestellt werden, und ergiebt gegenüber der
grossen Längeilausdehnung der gegenwärtigen Stadt einen fast kreisrunden Umriss des antiken Baalbek. Innerhalb desselben
finden sich von antiken Bauresten die Akropolis und ein Rundtempel, sonst nur eine Anzahl von Monolithsäulen, meist aus
rosenrothem Granit, theils an dem ausserhalb der Stadt liegenden Grabdenkmal Douris, theils in der Gebetshalle (Liwan)
der alten Moschee, nahe bei der Akropolis. Die Säulen haben vereinzelt eine einfache Basis, durchgehends Komposit-
kapitelle; von den ersteren, welche von ägyptischen Bauten hierhin gebracht wurden, sind nur die Säulenstrünke vor-
handen. Sonst findet sich für den Kunstfreund innerhalb des alten Baalbek kein erheblicher Baurest aus dem Alterthum,
obwohl bei der hohen Bedeutung, die das dortige Heiligthum hatte, und dem überaus grossen Ansehen, in welchem das
Orakel der Gottheit stand, seiner Zeit eine namhafte Zahl von reicheren öffentlichen und privaten Bauten vorhanden gewesen
sein muss. Es entschädigen dafür aber der überaus zierliche Rundtempel und die grossartige Akropolis mit seinen erheb-
lichen, freilich zum Theil durch türkische Aufbauten verunzierten Resten des grossen, des kleinen Tempels und der reich-
geschmückten Umfassungen der Höfe.

Auch über die Strassenzüge innerhalb des alten Baalbek lässt sich auf dem bebauten Terrain nichts feststellen.
Zwar kennt man die vier Thore, welche seiner Zeit aus der Umfassungsmauer ins Freie führten, aber nicht mehr. Der
quellenreiche Bach mit köstlichem Wasser (Ras el Ain), der am Nordende der Stadt entspringt und ihre vielen fruchtbaren
Obst- und Gemüsegärten und die vielen stattlichen, schatten spendenden Bäume tränkt, fliesst jetzt regellos in mehreren
kleinen Bächen durch die Stadt, und nur an wenigen Stellen lässt sich erkennen, dass sein Lauf im Altertimm festbestimmte
Richtungen nehmen musste, bevor er zu Zwecken innerhalb der Stadt in kleinere Kanäle vertheilt wurde. Es hat fast den
Anschein, als wenn er von seinem Eintritte in die Stadt an überwölbt gewesen, vereinigt bis zu dem Rundtempel geflossen
und erst vor diesem in mehrere Arme getheilt worden wäre.

Der Rundtempel, an welchem das Wasser vorbeifliesst, liegt etwa 200 Meter nordöstlich von der Akropolis
entfernt. Er liegt mitten zwischen arabischen Wohnhäusern und deren Gärten und ist. weil einige Lehmhütten an ihn
angebaut sind, nicht mehr ringsum frei. Er ist, wie aus Fig. 2 und 3 hervorgeht, ziemlieh gut erhalten, und gehört unstreitig
zu den hervorragendsten Leistungen des römischen Barockstils aus dem 3. Jahrhundert nach Chr. Seine Grundform verdankt
er offenbar dem Bestreben, in der Vertheilung der Massen von Lieht und Schatten möglichst grosse Abwechselung zu erreichen.
Im Allgemeinen wird der römische Barockstil diesem Grundsatz durch häutiges Verknöpfen der Gebälke und reiche Verzierung
der einzelnen Gesimsglieder gerecht, hier aber erreicht er das mannigfaltigste Spiel von Licht und Schatten, indem er das
Gebälk nicht durch rechtwinklige Formen bricht, sondern in Segmentbögen von Kapitell zu Kapitell zieht und, die Cella
des Tempels nur leise berührend, als Stütze benutzt. Durch diese Doppelwirkung von Bauchung und Höhlung werden die
dunkelsten Schatten mitten in die grellsten Lichter Inneingesetzt, und so jene malerische Wirkung erzeugt, wie sie in der
letzten Entwicklungsperiode jeder Stilart zu erreichen gesucht wird.
 
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