Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Frauberger, Heinrich
Die Akropolis von Baalbek — Frankfurt a.M.

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6150#0011
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DIE AKEOPOLIS VON ISAALBEK.

5

den Schultern und an den Beinen in unnatürlichen steifen Falten bricht. Die Art, wie die Stellung der Beine gegeben ist,
verräth wenig Geschmack und wenig Schönheitsgefühl. Somit ist die ganze Leistung eine rasche Arbeit eines Bildhauers,
di r Main lies gesehen und Gutes unverstanden kopiren gelernt hat und in dem, was er als eigene Leistung dazu giebt, kein
Genie verräth. Im Museum im Louvre befindet sich ein weiblicher Kopf, der — in Baalbek gefunden — gar leicht zu dieser
Figur passen könnte. Auch er legt davon Zeugniss ab, dass der Bildhauer Meisterleistungen der Plastik gesehen hat, aber
unfähig war. Meisterleistungen zu schaffen. In der Zeit, in welcher der Tempel, sowie auch die mächtige Akropolis gebaut
worden sind, war die Befähigung der Römer zur Herstellung grossartiger Bauten vorhanden; auch waren Steinmetze und
Bildhauer zur Herstellung des architektonischen Schmuckes in grosser Zahl vorhanden, welche die zierlichsten Arbeiten mit
grosser Sorgfalt und künstlerischem Geschick auszuführen verstanden. Freilich zeigt sich bei diesen plastischen Ornamenten
niemals das Hervortreten individuellen Lebens, vielmehr eine schablonenhafte Arbeit, ein Ermüden der Künstlernatur durch
stetes Wiederholen, indem das Motiv tausend und abertausendmal erseheint. Wenn man bei den Bauten der Akropolis bei-
spielsweise die Länge der vorkommenden Eierstäbe, die nur in zwei Grössen, aber immer in gleicher Form erscheinen, messen
würde, so würde dieses Zierglied allein wohl 2000 Meter Länge haben; ähnlich verhält es sich mit den Tropfen, den Pfeifen,
den Palmetten, den Konsölchen u. a. Motiven.

Dieser ornamentalplastische Massenschmuck war häufig die Umrahmung für figurale Plastik. Aus den vielen Nischen,
welche noch deutlieh zeigen, dass sie zur Aufnahme von Figuren und Gruppen gedient haben, ergiebt sich auch nach dieser
Hinsicht ein Aufgebot vieler Bildhauerkräfte, um in kurzer Zeit das gewaltige Heiligthum fertig zu schmücken, und hundert
und aberhundert Marmorfiguren mussten zu diesem Zwecke geschaffen werden. In der Stellung von Aufgaben, im Geschick
der Bewältigung mächtiger Aufträge, in Vielseitigkeit und Fleiss war die Zeit gross, aber längst vorbei war selbst in Rom
und Athen die Bitithezeit der Plastik, und die Künstler, welche den figürlichen Schmuck in Baalbek zu machen hatten,
dürften, soweit wir deren Werke Iiis jetzt kennen, nicht einmal die besten gleichzeitigen Bildhauer von Rom oder Athen ge-
wesen sein.

Fig. A. Unvollständige weibliche Figur, gefunden in Baalbek.
 
Annotationen