Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
44

Kleine Mitteilungen und Anzeigen

Wenige Tage darauf aber, am 4. November abends,
begaben sich der Stadtschreiber und Gemeinderat
Erhart zum Rektor und brachten im Namen der Stadt
vor, es sei ihnen angezeigt worden, „dass senatus aca-
demicus ein werk des in alhiesigem münster und
universitetischen chörlin stehenden altar zue trans-
ferieren und ihr churfürstl. durchl. in Bayern ze über-
schicken, und ob sie zwar ihres teils nit ungern sehen,
daß solches an berierten ort beschickt, jedoch weiler
dergleichen enderungen aus vnser frawen münster in
alliveg mit vorwissen der fabric pfleger beschehen solte,
hetten sie darzuo nit stillschweigen, sondern pro inter-
esse hiemit anden wollen".

Man beriet sich nun im Senat, schlug auch in
den Akten nach und fand vor, „daß diser altar vor
iahren der universitet von herrn Franz Bären als einem
sonderbaren patrono der universitet geschenkt, verehrt
und von derselben in das collegium sapientiae anfangs
gestelt, nachmalen als die universitet ex legato herrn
[Nicolaus und Johann] Locherers das chörlin erpaut, mit
fenstern, gitterin und stiehlen geziert, von der sapienz
die tafel in dies chörlin transferiert, und bishero die vil-
feltige darumb beschehene Werbungen hocher potentaten
allein mit pitten abgewendet worden. Dahero geschlossen,
der statt neben wider erpieten nachberlicher dienste an-
zudeuten, universitas verhoffe, sie haben nichts wider
die canones gehandlet . . ., zu deme ihr churfürstl.
durchl. die bewilligung translationis, da avise vonnöten,
bei ihr fürstl. durchl. ze Gostanz auszepringen erpieten.
Item werde entweders das original oder gleichförmige
copia darum an die stell gelüfert werden, welches durch
herrn Dr. Arbogasten [Hochherr, damals Pandektist]
und syndicum dem herrn obristmaister Pirren [Pyhrr]
angezaigt worden". — Die Stadt scheint sich darauf-
hin beruhigt zu haben.

Am 16. Dezember fragt darauf der Rektor im
Senat an „ob die herren patres [der Gesellschaft Jesu]
nit Wissenschaft, ob der altar ordentlich gelüfert worden.
Antwort: seie vermuetlich per r[evendissimum] p[atrem]
provincialem praesentiert worden, man erwarte stündlich
antwort".

Diese Übersendung der Tafeln an den Kur-
fürsten Maximilian von Bayern nach München ge-
schah also im Dezember 1644. Im Januar 1646
trifft dann endlich ein Schreiben desselben ein „be-
treffent die altarflügel, so us der universitet chörlin
deroselbigen vor einem iahr zur besichtigung ab-
gefolgt worden", in welchem er sich beim Senat
bedankt. Zugleich erfahren wir, dass die Altartafeln
selbst „ze Schaffhausen in dem Wirtshaus zur cron
stehen, und bei iezigen laufen [nämlich Kriegswirren]
ohne besorgende gefahr nit alhero ze pringen, also
solle getrachtet werden, wie solche zu ermeltem Schaff-
hausen in den fürstbischöfl. constanzischen hof möchten
versorgt werden."

Ob die Altarbilder in den fürstbischöflichen Hof
gebracht wurden, wissen wir nicht; jedenfalls blieben
sie mehrere Jahre in Schaffhausen1. Am 19. Sep-
tember 1647 wird der Jesuitenbruder Michael Speiser
durch den Syndikus der Universität ermahnt, „daß
selbiger den ihro churfürstl. durchlaucht in Bayern über-
schickten und der universitet alhie gehörigen altar, so
anietzo ein ziembliche zeit zuo Schafhusen ligt, ver-
sprochener maßen wider alhero verschaffe."

Die Ermahnung hat aber -- aus welchen Grün-
den, ist nicht ersichtlich — nichts genützt: der Altar
blieb auch jetzt noch in Schaffhausen2. Das geht
aus folgenden Notizen hervor.

Im Beginn des Jahres 1652 verlangte Kaiser
Ferdinand III. den Altar „allein ad videndum mit
erkaufen anderer kunststücken" nach Regensburg
geschickt zu bekommen. Da aber der Vermittler,
Dr. Albert Kurtz, „kein bevelch wegen der caution"
hatte, und man zuerst die Zustimmung des Bischofs
von Konstanz einholen wollte, verzögerte sich die
Sache um einige Wochen. Am 15. März wurde so-
dann referiert, „daß der altar zu Schaffhausen ohn-
versehrt befunden", und wurde darauf hingewiesen,
„daß mit Übersendung solches ihr kais. mai. inge-
halten, bis wegen bevorenden (?) Verlustes genuogsame
caution getan . . ." Am 26. März begehrte der ge-
nannte Dr. Kurtz nochmals schriftlich „ihme die Hol-
beinische altarflügel auf beschehenes besichtigen volgen
zue lassen . . .", worauf beschlossen wurde, „da ihre
fürstl. durchlaucht [nämlich der Bischof von Konstanz]
in die abfuehr consentiren würden, auf solchen fal ein
schreiben an hferrnj Treyer bischöfl. amptmann zue
Schaffhausen, daß er solchen volgen lasse, mitzuegeben".
Am 12. April war dann endlich auch das Schreiben
des Generalvikars von Konstanz angelangt, in dem
er „die Übersendung des altars consentiert".

So war also sicher über acht Jahre lang, von
1644—1653, das Altarbild von Freiburg weg, 1644
in München, 1645—1652 in Schaffhausen, 1652 kam
es dann nach Regensburg, von wo es im folgenden
Jahr 1653, wie F. X. Kraus (a. a. O. S. 15) berichtet,
wieder nach Freiburg zurückgekehrt zu sein „scheint".
In den Senatsprotokollen war bis jetzt nichts darüber
zu finden.

1 Durch das oben Erzählte erklärt sich die Angabe bei
Kraus a. a. O. 15 (nach Albrecht, Schreiber u. a.): „Im Dreißig-
jährigen Krieg soll das Gemälde in den Konstanzer Bischofs-
hof zu Schaffhausen geflüchtet worden sein, wofür ich die Nach-
weise vermisse."

" Danach wäre also Kraus a. a. O. S. 15 und Anlage V zu
berichtigen.
 
Annotationen