Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 3.1907

DOI Artikel:
Kempf, Friedrich: Zur Baugeschichte des Münsters im ersten Viertel des achtzehnten Jahrhunderts
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2398#0087
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kleine Mitteilungen und Anzeigen

83

Zur Baugeschichte des Münsters im ersten Viertel des XVIII. Jahrhunderts.

Von

Münsterarchitekt Friedrich Kempf.

her den im 2. Heft des II. Jahrgangs Bestuhlung. Nach kaum lOOjährigem Bestände, es

v7 der Münsterblätter Seite 45 f. von war in der Periode der „Stilreinigung", mussten diese

K. Schuster mitgeteilten, auf Joh. Chri- für geschmacklos gehaltenen Altäre wieder das Feld

stoph Rieher zurückgehenden Entwurf räumen. Das Protokoll der damals eingesetzten

zum Umbau des Lettners aus dem Jahre
1704 finden sich unter den neuestens geordneten
Münsterakten zwei Berichte desselben bauverständigen
Rieher, die zu der dort unter Absatz 26 gegebenen Notiz
eine erwünschte Ergänzung bieten. Es hieß dort:

Kommission vom 28. Oktober 1819, welche sich die
Verschönerung des Münsters zur Aufgabe gesetzt hatte,
besagt in Beziehung auf diese Altäre das Folgende:
„Schon in dem hohen Ministerial-Reskripte vom
15. Juli 1819 ist es ausgesprochen, daß es sehr

„Das Model von der grosen Orgel wie auch von dem zweckmäßig sein würde, alle Säulen des Langhauses

Lethner im Münster auf meine Kosten machen lassen, freizustellen und also die an denselben angebrachten

davor bezahlt mehr als 60 fl." Was unter diesem Altären wegzuschaffen. Hiervon überzeugten sich

Modell des Lettners zu verstehen ist, fügt Schuster auch alle Kommissionsmitglieder vollkommen, und

bei, entziehe sich unserer Kenntnis. das Münster wird unendlich gewinnen, wann die

Nicht bloß zur Richtigstellung dieser Auffassung, ohnedem sehr geschmacklosen Altäre an den Seiten-

sondern auch in mehrfacher anderer Hinsicht ist der wänden und an den Säulen des Langhauses entfernt

Wortlaut der beiden Berichte so lohnend, dass sich werden. Auch den zu Anfang des Chors in der

ihre unverkürzte Wiedergabe hier empfiehlt. Denn Mitte stehenden Kreuzaltar wünschte man hinweg,

sie geben nicht allein den erwünschten näheren Auf- weil dadurch die freie Aussicht des Chores und des

schluss über den fraglichen Lettner, sondern ent- Hochaltars gehindert wird.

halten auch manche wissenswerte und interessante „Diese in artistischer Hinsicht höchst wünschens-

Einzelheiten für die Baugeschichte des Münsters zu werte Wegschaffung der geschmacklos angebrachten

Anfang des 18. Jahrhunderts. Altäre würde auch in religiöser Hinsicht keinen

Es handelt sich danach nicht um einen Lettner Bedenken unterliegen, indem mit keinem derselben
in unserm heutigen Sinne, sondern vielmehr um das eine besondere Stiftung verbunden ist, und dem
Projekt einer Orgelempore, welche über dem Haupt- ungeachtet noch Altäre genug übrig bleiben."
eingang, unterhalb dem St. Michael, zu dem Zweck Man wird wohl nach dem damaligen Stand der
errichtet werden sollte, um dahin die der nördlichen materiellen Kräfte nicht fehl gehen anzunehmen, dass
Hochschiffwand vorgebaute, im Volksmund als es sich im allgemeinen um bescheidene Altäre von
Schwalbennest bezeichnete Orgel zu versetzen. Für einfachem Aufbau und ohne besonderen Kunstwert
diese Empore, welche in der zu jener Zeit üblichen handelte. Die Folgen der vorausgegangenen lang-
Konstruktionsweise, aus Holzwerk mit Stuckverklei- wierigen Kriegsnöten, von welchen die Stadt heim-
dung, gedacht war, fertigte Rieher ein Modell, auf gesucht war, hatten bekanntlich die finanziellen Ver-
weiches jene obige Bemerkung sich bezieht. Die hältnisse der Verwaltung des Münsters sowohl als
Ausführung dieses Vorhabens scheiterte aber offen- der Stadt wie auch der Bürgerschaft in arge Mit-
bar am Mangel an Geldmitteln. leidenschaft gezogen. Kriegskontributionen, Einquar-

Riehers erster Bericht vom Jahre 1704 erläutert tierungen und andere Lasten hatten in den Kassen

zunächst den zur Ausführung gekommenen Plan zur Ebbe hervorgerufen.
Herstellung neuer Altäre. Es waren deren neun,

wovon sechs an den Pfeilern des Mittelschiffs, zwei
an den Wänden der Seitenschiffe und ein dritter
bei der St. Peter- und Paulskapelle standen. Die
letzteren drei Altäre wurden etwas später fertiggestellt.
Alle diese Altäre waren mit meterhohen hölzernen
Einfassungen versehen, die ziemlich viel Raum ein-
nahmen. Zu jener Zeit war das Münster noch ohne diese Altäre quasi gestädtet werden. Zwei Altäre gegen-

I.

Kurzer Bericht wegen den neuen Altären im Münster,
von mir Johann Christoph Rieher.

Die Altar können solche weder köstlicher noch
schlechter gemacht werden, weder größer noch breiter,
auch nicht höher, sondern haben ihren Meß nach Pro-
portion der steinernen Söilen des Gebeus, an welche
 
Annotationen