Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 10.1914

DOI Artikel:
Kempf, Friedrich: Das Freskogemälde über dem Triumphbogen im Freiburger Münster
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2546#0011
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kempf, Das Freskogemälde über dem Triumphbogen im Freiburger Münster

rühren, fraglich zu sein. Die etwas schablonenhaft
ausgeführten Bemalungen lassen das Gepräge des
Alten und Echten vermissen und entbehren deshalb
eines gewissen Reizes. Dass es sich übrigens um
keine getreuen Nachbildungen handelt, dürfte schon
aus der Rechnung des Dekorationsmalers Weber (vom
30. Dezember 1874) hervorgehen, worin es u. a. heißt:
In die Felder um die Rosette (Schlusstein) die Zeich-
nungen nach dem alten Überbleibsel entworfen
und in verschiedenen Farben ausgeführt.

Bauinspektor Lukas Engesser hat bezüglich der
vorgefundenen Malereien im Querschiff 1876 folgen-
des festgestellt:

„Im südlichen Kreuzschiff fanden sich die oberen
und unteren Enden der Diagonalgunen mit teufel-
artigen, nackten fratzenhaften Gestalten verziert, welche
einer späteren Zeit, etwa dem Anfange des 17. Jahr-
hunderts, angehören, worauf auch die ganz rohen,
geschmacklosen Marmornachahmungen, welche in
Stücken von etwa 2,5 Fuß Länge unter sich und mit
Zickzackverzierungen abwechseln, hindeuten.

„Der Schlussring, glatt, wie die Gurten profiliert,
war vergoldet; das Dessin ist aber nicht mehr zu er-
kennen: es scheint aus aufwärts wachsenden Blättern
bestanden zu haben.

„In ähnlicher Weise sind die Gurten in der
Kuppel verziert, nur dass dort noch das romanische
Schachbrettdessin benützt ist.

„Die Gewölbefelder im Kreuzschiff sind ganz
weiß mit dunkelbraunem Strich längs der Gurten,
in der Kuppel mit großen roien Sternen (Mennig)
auf weißem Grund dekoriert (eine Bemalung, welche
bei der Erneuerung beibehalten wurde). Ober dem
Kuppelgesims ist eine jetzt überweißelte, spätgotische
Galerie mit Überschneidungen, dem 17. Jahrhundert
angehörig, gemalt.

„Die Maurer sind angewiesen, all diese geschmack-
losen, der Renaissance angehörigen Färbungen zu
entfernen."

Diese letztere Anordnung bekundet allerdings
recht wenig Sinn für die Kunst der Väter. Mit dieser
kurzsichtigen, sonderbaren Begründung sind einst
viele Werke aus der Renaissance- und Barockzeit
ohne zwingendes Bedürfnis aus dem Münster un-
wiederbringlich verschwunden. Es kann nur aus den
Stilreinigungsbestrebungen heraus erklärt werden,
dass man das Kunstschaffen der Renaissance so ge-
ringschätzig beurteilt hat.

Dombaumeister P. J. H. Cüypers von Mainz, der
sich aufEinladung derStiftungskommission überdie bei
den Restaurationsarbeiten am Münster einzuhaltenden
Gesichtspunkte unterm 16. November 1876 gutacht-
lich äußerte, macht bezüglich der Bemalung des
Münsters folgende Bemerkungen:

„Bei der Einrüstung zum Zweck der Entfernung
der Hausteinteile wäre sorglich auf sich ergebende
Spuren von alter Dekoration zu achten und solche
hätten vorkommendenfalls als Anhaltspunkte zu
dienen. Sollten sich derartige Hinweise nicht er-
geben, so müssten nach Zeit und Gegend verwandte
Beispiele bei Entwertung der neuen Dekoration heran-
gezogen werden. Lichter Grund von kalkweißer Fär-
bung ist auch hier festzuhalten; ebenso das gotische
Rankenornament bei den Durchschneidungspunkten
der Rippen und die Aufmalung von Stutzen an die-
sen Stellen. Im ganzen erfordert die Architektur
sehr schlichte Farbentöne unter Beiseitelassung von
Gold.

„Die in den Seitenschiffen begonnene Enttünchung
hat natürlich meine volle Zustimmung, dagegen kann
ich mich nicht mit der hier wie im Chorumgang an-
gefangenen Dekorationsweise einverstanden erklären.
Die Bemalung der Schlussteine ist gänzlich verfehlt,
hart und hässlich in der Wahl der Farben; hier wäre
vorzüglich mit Vergoldung zu arbeiten gewesen, die
durch leuchtende Farben unterstützt werden musste.
Sofern es tunlich ist, sollte man auch von der weiteren
Aufmalung der in Aussicht genommenen Ornamente
absehen, da dieselben zur Architektur in schneiden-
dem Gegensatze stehen. Es fehlen sodann auch ab-
säumende Bandstreifen, welche, neben den Rippen
herlaufend, das Ornament mit der Architektur zu
verbinden haben.

„In gleicher Weise wie die Gewölbe des Um-
gangs müssten auch die Chorkapellen behandelt
werden."

Bei der Beseitigung der Tünche von den Wänden
stellte sich heraus, dass auch auf der Wandfläche
über dem Triumphbogen die Reste zweier großer
Wandbilder übereinander erhalten waren. Diese
große leere Fläche fordert geradezu zur Belebung
durch Bemalung heraus; oft sieht man an dieser
Stelle das jüngste Gericht dargestellt. Hier hatten
die beiden Darstellungen die Krönung Maria zum
Gegenstande. Sie ließen naturgemäß die Auffassung
und Formengebung zweier verschiedener Zeiten er-
kennen.

Die eine Darstellung zeigte Maria zur Rechten
des Heilandes sitzend, wie sie von ihm die Krone
empfängt; zwei Einzelfiguren von Heiligen und zwei
kniende Gestalten in den Ecken begleiteten zu beiden
Seiten die Mittelgruppe. In den Zwickeln, welche
durch ein breites Ornamentband von der oberen Fläche
abgetrennt waren, zeigten sich Spuren schwebender
Engel. Diese Darstellung stammte nach den stili-
stischen Motiven, nach der ganzen Anordnung und
nach dem Schriftcharakter der Inschrift aus dem
14. Jahrhundert.
 
Annotationen