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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Editor]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 10.1914

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Kempf, Friedrich: Das Freskogemälde über dem Triumphbogen im Freiburger Münster
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https://doi.org/10.11588/diglit.2546#0021
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Kempf, Das Freskogemälde über dem Triumphbogen im Freiburger Münster

Das Gutachten von Professor Steinle übte auf
Seitz eine befriedigende Wirkung aus. Er machte
sich sogleich an die Ausarbeitung eines neuen Ent-
wurfs, wobei er sich bemühte, den Spuren des älteren,
dem H.Jahrhundert entstammenden Bildes mit aller
Treue nachzugehen. Diese zweite Komposition, von
der Steinle in einer Zuschrift an den Münsterpfarr-
rektor Behrle vom März 1877 sagt, dass sie alle ge-
wünschten Verbesserungen enthalte, namentlich mehr
Ernst und Würde, mehr architektonischen Charakter,
ist zur Ausführung angenommen worden.

Seitz malte das Bild an Ort und Stelle von Ende
Juli bis Ende Oktober 1877 (am 21. Oktober wurde
es enthüllt) unter Beihilfe seines Schülers Ricardo
Mancinelli aus Orvieto. Während seines Aufenthalts
in Freiburg war er Gast des Verlagsbuchhändlers
Benjamin Herder.

In lichtvoller Höhe erscheint auf einem breiten,
über den Wolken sich erhebenden Throne sitzend,
Jesus mit Kreuznimbus in seiner himmlischen Herr-
lichkeit, zu dessen Rechten sich auch die Gottesmutter
niedergelassen hat. Der Thron ist umflossen von einer
helleuchtenden Strahlenglorie. Mit langem Gewände
bekleidet und geschmückt mit dem königlichen Purpur,
hält Christus auf seinem linken Knie ein offenes
Buch, auf dessen Blättern man das A Q sieht, ent-
sprechend seinem Worte in der Offenbarung (Offenb.
22, 13): Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste
und der Letzte, der Anfang und das Ende. Mit seiner
Rechten setzt er die Krone auf das Haupt seiner jung-
fräulichen Mutter nach dem Worte des Hohen Liedes
(Salom. 4,8): Veni de Libano, sponsa mea, veni coro-
naberis! Komm vom Libanon, meine Braut! Komm,
du wirst gekrönt werden! Maria, in weißem Gewände
und einem langen blauen Mantel, ist eine zarte, edle
Erscheinung, voll bezauberndem Liebreiz. In demü-
tiger, bescheidener Haltung und sanft geneigten Hauptes
mit auf der Brust gekreuzten Händen, ist ihr Blick
zu ihrem göttlichen Sohn emporgerichtet. Sie gleicht
der Braut im Hohen Liede, die im Glücke der Wieder-
vereinigung mit ihrem Bräutigam in die jubelnden Worte
ausbricht (Hohes Lied 7, 10): Ego dilecto mea, et ad
me conversio ejus. Ich gehöre meinem Geliebten,
und mir wendet sich seine Huld zu. Man liest diese
beiden Lobsprüche auf dem Schildbogen über der
Darstellung. Zwei knieende, anmutige Engel halten
einen reich gemusterten Teppich, als Hintergrund des
Thrones, über welchem sich ein Regenbogen auftut,
ein Sinnbild des Friedens und der Versöhnung des
neuen Bundes. Auf der Stufe des Thrones sieht man
eine weiße, eine rote und eine gelbe Rose, die an
den „freudenreichen", „schmerzhaften" und „glor-
reichen" Rosenkranz erinnern sollen. Gleichsam als
Zeugen des Vorgangs stehen in plastischer Verein-

zelung neben der Hauptszene links und rechts je zwei
heilige Bischöfe und zwei heilige Krieger: rechts der
Bistumspatron St. Konrad und der selige Bernhard
von Baden, links die Stadtpatrone St. Lambert und
St. Alexander.

St. Konrad in reichem goldenen Gewände, hält
einen Kelch in den Händen, an dem eine große
Spinne hinaufkriecht. Die Legende berichtet, dass,
während der hl. Konrad eines Tages das heilige Mess-
opfer feierte, sich eine Spinne in den Kelch herab-
ließ, nachdem die heilige Wandlung bereits vorüber
war. In damaliger Zeit galten die großen Spinnen
für giftig. Lieber wollte der Bischof sein Leben
lassen, als das Blut Christi verunehren.

Der hl. Konrad stammte aus dem Hause der
Weifen. Er ist der Sohn des Grafen Heinrich „mit
dem goldenen Pfluge", der mit Hatta von Hohen-
wart vermählt war. Seine Bildung erlangte er zuerst
in der damals weltberühmten Schule zu St. Gallen,
dann in der Domschule in Konstanz, wo er den
größten Teil seiner Jugendzeit verbrachte. Nothing,
der Scholastikus, unterrichtete ihn in den theologi-
schen Wissenschaften. Konrad übertraf durch Eifer
und Frömmigkeit die andern, weshalb er schon früh
in die Zahl der Kanoniker aufgenommen wurde.
Sein inzwischen zum Bischof erwählter Lehrer
Nothing weihte ihn zum Priester. Bald wurde er
zum Propst und nach dem Tode Nothings 934 im
Alter von 35 Jahren zum Bischof von Konstanz er-
wählt. Seine Wirksamkeit fällt in die Regierungszeit
Ottos des Großen (936 — 973). Konrad hatte von
seinen Eltern reiche Besitzungen ererbt und ver-
wendete einen großen Teil seiner Einkünfte aus den-
selben zur Erbauung und Verschönerung von Gottes-
häusern sowie für die Armen, Kranken und Ver-
lassenen, die er in freigiebigster Weise unterstützte,
während er sich zu seinem Teil die Armut erwählte.
Insbesondere waren es drei Kirchen in seiner bischöf-
lichen Residenz, die Konrad aus seinem Vermögen
erbaute: St. Paul, St. Johann und St. Mauritius. Drei-
mal soll er ins heilige Land gewallfahrtet sein. Zu
den wichtigsten Klöstern seiner großen Diözese stand
er in innigster Beziehung und erwarb sich besonders
um das Kloster Rheinau große Verdienste. Auch
gilt er als Mitgründer der Benediktinerabtei St. Bla-
sien. Mit S. Ulrich, Bischof von Augsburg, verband
ihn innigste Freundschaft. Konrad nahm wiederholt
an Reichstagssynoden teil. Wir begegnen ihm mit
seinem Freunde Ulrich von Augsburg auf der im
Juni 948 zu Ingelheim, der alten karolingischen
Kaiserpfalz, abgehaltenen Synode und 952 auf der
Reichstagssynode zu Augsburg, der auch König
Otto I. anwohnte. Am 26. November 975 starb Kon-
rad. Seine Ruhestätte fand er, seinem Wunsche ge-
 
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