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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Editor]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 10.1914

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Kempf, Friedrich: Das Freskogemälde über dem Triumphbogen im Freiburger Münster
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https://doi.org/10.11588/diglit.2546#0025
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Kempf, Das Freskogemälde über dem Triumphbogen im Freiburger Münster

eine andere Aufgabe zu erfüllen hatte, als die Büste
aufzunehmen.

Der Sachverhalt ist wohl der, dass die von der
Burg, vielleicht nach ihrer Zerstörung, ins Münster
gekommene Büste, wie oben bemerkt, aus sehr
früher (romanischer) Zeit stammte, und ihr Bestand
allmählich so stark gelitten hatte, dass sich die
Münsterpflegschaft im Jahre 1485 veranlasst sah, sie
einschmelzen zu lassen.

Bezüglich des Zweckes, dem der Untersatz mit
seinen Figürchen ursprünglich etwa gedient haben
mag, möchten wir der Vermutung Raum geben, dass
er der Fuß eines silbernen Reliquienschreines (in
Hausform) war (wie solche auch das Schatzverzeich-
nis enthält: „serg do heiltum inne ist") und das, wie
vieles andere aus dem Münsterschatz, in späterer
Zeit eingeschmolzen wurde.

Das „alte Präsenz-Buch der Münsterpfarrei", der
„Liber actorum chori", enthält S. 623 einen Eintrag
bezw. eine protokollarische Aufnahme über den Be-
fund der Eröffnung der Büste vom Jahre 1872 folgen-
den Inhalts:

Am 29. Aug. 1872 wurde durch den Hochw.
Erzbistumsverweser (sede vacante) und Weihbischof
Dr. Lothar von Kübel und in Gegenwart meiner, des
Domcustos Wanner, des Geh. Hofrats Dr. Karl
Zell und seines Sohnes sowie des Goldarbeiters
Joseph Keller die silberne Büste des hl. Lambertus
geöffnet und untersucht. Es fand sich nach Ab-
nahme der Mitra ein größerer Teil vom Cranium vor,
am Rande mit rotem Sammet eingefaßt. Auf dieser
Reliquie fand sich ein Zettel vor, auf welchem ge-
schrieben steht, daß imj. 1787 eine Particula vom
Cranium in das Kloster St. Blasien gegeben wurde.
— Merkwürdiger-Weise findet sich unter dem Cra-
nium ein Schädel (d. h. der obere Teil, der bis
zum Beginne der Nase und der Ohren reicht) vor,
der aber keine Reliquie zu sein scheint, sondern
nur als halber Stützpunkt für die Einlage des Cra-
niums dient. Joseph mamon>

Domcapitular und Münsterpfarrer.

Die heutige Lambertusbüste ist somit eine Ar-
beit aus dem Jahre 1514. Sie wurde im gleichen
Jahre ihrer Fertigstellung erstmals in der Fronleich-
namsprozession mitgetragen.

Vielleicht ist künftiger Forschung beschieden,
noch sicherere Grundlagen für den Hergang der
Sache zu gewinnen.

Zur Seite des hl. Lambert steht mit erhobener
Siegespalme in würdiger, kraftvoller Haltung St.
Alexander, der zweite Stadtpatron.

Über die Person und das Leben des hl. Ale-
xander gewähren uns die schriftlichen Nachrichten

so gut wie keine Auskunft. Es wird uns nur be-
richtet, dass es ein römischer Krieger war, der zu
den Zeiten der ersten Christenverfolgungen, wie die
Helden der thebäischen Legion und viele andere, in
freimütigem Bekenntnisse der Lehre Christi den
Martyrertod erlitten hat.

Über die Erlangung der Reliquien des Heiligen
hat J. F. Geissinger in seinen 1787 gesammelten
„Abschriften von Epitaphien oder Grabschriften in
U. L. Frauen Münster"1 folgendes aufgezeichnet:
„Der uralte Patron der Stadt wäre der hl. Ritter
St. Georgius. Er verblibe alzeit derjenige bis 1650,
da Innocentius X., Papst zu Rom, das 13^Jubilaeum
gehalten und just die PP. Capuciner ihr General-
kapitel da (in Rom) hatten und Pater Schachtele
quardian zu Freyburg auch beiwohnte. So hat er
aus sondrem Antrib zu seiner Vatersstadt die Ge-
legenheit benuzet, ihren (weil sie ohne das Haupt
eines hl. Lamberts keine hl. Reliquien nicht hatte)
einen hl. Leib nebst andren Reliquien anzuschaffen.
Es gelunge ihme durch einen seiner Heiligkeit Leib-
quardi-Leutnant, Franz Pfiffer von Altischhoffen, dass
er von seiner Eminenz Cardinal Ginetti, des Papsts
Generalvicario, aus dem Cemeterio Priscillae den
Leib des hl. Alexandri geschenkt erhielte2 mit der
Gnade, denselben von Rom wegzuführen und selben
zu verehren, wem er will, mit einem öffentlichen
Instrument und Sigill[o] Cardinalfis] Ginetti versehen
und unversehrt der Stadt P[f]arkirehe überreichet
worden ist. -- Von diser Zeit an ist vor beständig
statt Georgio Alexander der Stadtpatron. Doch wird
jährlichen an der Kirchweih-Fest der Fahnen des
hl. Georgii zu ewigen Angedenken und keiner Ver-
gessenheit seiner öffentlich auf dem ehemaligen
Musikantenchor aufgestecket, dessen Hochschätzung
noch alzeit in denen Herzen alter Bürger und Bürger-
söhnen klostet."3

Der genannte Pater Raphael trug mit seinem
Bruder Georg dem Stadtrat Schachtele die Gebeine
des hl. Alexander nebst vielen andern Reliquien
auf seinem Rücken von Rom nach Freiburg1. Am
21. September 1651 wurden die Gebeine des hl.
Alexander aus dem Kapuzinerkloster unter großer
Feierlichkeit in das Münster übertragen. An der

1 Universitätsbibliothek Freiburg i. Br.: Handschrift Nr. 498
S. 10 (Bl. 8v).

- Dieser Vorgang ist in einem Bilde festgehalten, das sich
in der St. Alexander-Kapelle befindet.

:l Auf dem Sickingerschen Stadtplan vom Jahre 1589 sieht
man noch die beiden Stadtpatrone St. Georg und St. Lambert,
zusammen in Nischen stehend, diesen seitlich umrahmen.

1 Das Notariats-Instrument über die Eröffnung der Lade,
in welcher die Gebeine des hl. Alexander aufgebahrt waren,
und die Beglaubigung der dazu gehörigen Authentik vom 19.
Dezember 1650 ist abgedruckt im Freiburger Diözesan-Archiv
18 (1886) S. 321.
 
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